MB-Kritik

The Balconettes 2024

Comedy, Fantasy

Lucas Bravo
Sanda Codreanu
Henri Cohen
Hannil Ghilas
Annie Mercier
Noémie Merlant
Souheila Yacoub

Inhalt

Eine Hitzewelle treibt auch die Temperaturen in dem Häuserblock, in dem Nicole, Ruby und Élise leben, nach oben. Die befreundeten Frauen beobachten einen attraktiven Nachbarn aus einer Wohnung gegenüber und beschließen, ihm einen Besuch abzustatten. Doch die Situation läuft aus dem Ruder. Plötzlich ist ihr schöner Nachbar tot und die Drei müssen zusehen, wie sie seine Leiche loswerden.


Kritik

Wenn eine überdeutlich an HitchcocksRear Window angelehnte Copy-Cat-Kamerafahrt die Fensterfront eines Häuserblocks entlangfährt bis eine - vermeintlich - Tote die sonnige Stimmung abrupt auflöst, scheint es fast, als verdiene Noémie Merlants (Die Fotografin) Trash-Thriller seinen Platz in Cannes Midnight Movie Schiene. Doch die schrille Story um drei befreundete Nachbarinnen, die eine lästige Leiche loswerden müssen, stolpert schon in den ersten Minuten über ihre problematisch privilegierte Perspektive. Die zeigt sich am deutlichsten an erwähnter Frauenfigur, die noch lebendig ist.

Noch, den sie ist Opfer häuslicher Gewalt und wehrt sich mit für ihren Gatten fatalen Folgen. Das tragische Schicksal der einzigen Schwarzen Figur interessiert höchstens als düstere Warnung davor, welches Los den weißen, wohlständigen cis Protagonistinnen blühen könnte. Die als Cam-Girl arbeitende Draufgängerin Ruby (Souheila Yacoub, Dammi), die beruflich und beziehungstechnisch gestresste Schauspielerin Nicole (Sanda Codreanu) und die aspirierende Autorin Elise (Merlant) werden ihren sexy Nachbarn (Lucas Bravo, The Honeymoon) nach einem spontanen nächtlichen Besuch nicht mehr los. 

Das ist für das permanent kreischende Trio umso nervenaufreibender, da sein toter Körper Schaschlik-Style aufgespießt wurde. Während Ruby und Nicole die sterblichen Überreste verpacken, diskutiert Elise mit seinem Geist. Der beklagt sich als Opfer, obwohl er, wie Merlant und Co-Autorin Céline Sciamma (Petite Maman) unnötig verworren enthüllen, tatsächlich Täter ist. Die Ereignisse der in einer stagnierten Spannungskurve ausgeblendeten Nacht sind letztlich nebensächlich in dem kruden Konglomerat aus Fake-Feminismus, Fantasy und Farce, dessen internalisierte Misogynie jegliche Unterhaltung killt.

Fazit

Der wahre Horror Noémie Merlants blutiger Belustigung über sexistische Stereotypen, die ihr mit Céline Sciamma verfasstes Drehbuch als emanzipatorische Echtheit feiert, sind deren vulgärer Voyeurismus und verklemmte Verlogenheit. Nackte Frauenkörper werden für einen straighten Männerblick ausgestellt, jedoch zugleich implizit für dessen Sexualisierung stigmatisiert. Die von den chargierenden Darstellerinnen ätzend überzeichneten Negativklischees weiblicher Idiotie und Hysterie sind die lasziven Leitfiguren einer reißerischen Inszenierung, deren verkappter Rassismus und Klassismus genauso toxisch ist wie der pseudo-progressiv angeprangerte Machismo.

Autor: Lida Bach
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