Inhalt
Inés ist ungewollt das Mädchen für alles bei Eco Clean Pro: Rechtsexpertin, Qualitätsmanagerin, Personalbeauftragte, Kundenbetreuerin, Sekretärin und Kaffeetante sowieso. Seit ECP die Putzleute entlassen hat, darf sie sich auch ums Klopapier kümmern. Die Männer der Firma gehen derweil Sushi essen und hängen ihr auch noch die neue Praktikantin an den Hals. Den hat Inés endgültig voll: 17 Jahre ohne Gehaltserhöhung! Doch das Geld stecken sich die Herren der Schöpfung lieber gegenseitig in die Taschen. In der Folge kann es schon mal passieren, dass dem Vorgesetzten eine Tischstatue im Schädel steckt. Wie praktisch, dass Eco Clean besonders starke Putzmittel herstellt. Und Inés hat mit ihrer Säuberungsaktion gerade erst angefangen.
Kritik
Wie könnte man den Film Emloyee of the Month treffender beschreiben, als mit dem Satz: „Eine graue Büromaus rastet aus“? Gar nicht, denn dieser Satz bringt die Quintessenz dieser rabenschwarzen Komödie genau auf den Punkt. Doch bevor die Frauenbeauftragten und Gender-Spezialisten deswegen auf die Barrikaden gehen, natürlich hat Employee of the Month nicht vor, sich über eine unscheinbare, unsichere Frau lustig zu machen, sondern übt viel Kritik an der vermeintlichen Gender-Equality, die aber aus irgendeinem Grund nur auf dem Papier existiert. Außerdem kann der Film ruhig als eine Warnung an die Männerwelt verstanden werden. Auch wenn die Gleichberechtigung heutzutage in aller Munde ist, lässt sich nun mal nicht leugnen, dass hinter den verschlossenen Türen einige Männer nichts davon wissen wollen und die Frauen nur mit den gut klingenden Floskeln abgespeist werden. Das beste Beispiel dafür ist immer noch Hollywood. Jennifer Lawrence (Die Tribute von Panem - The Hunger Games) bekam beispielsweise für ihre Hauptrolle in Don't Look Up 5 Millionen weniger als Leonardo DiCaprio (Inception). Zufall? Man weiß es nicht ... Genau auf diese Thematik der unfairen Bezahlung und auf die „Männer-Buddy-Problematik“ stürzt sich Employee of the Month.
In dem kleinen Mikrokosmos des Büros werden so ziemlich alle Problematiken aufgezeigt, mit denen Frauen am Arbeitsplatz konfrontiert werden. Es wäre schön, wenn man an dieser Stelle sagen könnte, dass das alles nur Klischees sind. Für einen Mann geht so ein Satz vermutlich leicht über die Lippen, aber die meisten Frauen würden sofort sagen, dass der Film verdammt gut ins Schwarze trifft. Das Lustige an diesem Film ist gerade seine Echtheit, denn Hand aufs Herz, wie viele Männer erwarten im Zeitalter der Emanzipation auf ihrem Arbeitsplatz immer noch von einer Frau den Kaffee serviert zu bekommen? Niemand würde es gerne zugeben, aber die Dunkelziffer dürfte immer noch sehr hoch sein. Véronique Jadin ist mit Employee of the month gelungen, ein kluges und witziges Drehbuch über den Büroalltag mit infantilen Kollegen zu verfassen und es auch noch selbst zu inszenieren. Hut ab! Natürlich wird in dem Film auch pausenlos übertrieben, damit auch jeder Einzelne die Botschaft versteht, aber die Übertreibungen machen um so mehr Spaß.
Wer nun Angst hat, dass der Film sich nur über die armen Männer lustig macht, der kann sich wieder beruhigen. Als Frau bringt die Regisseurin genug Selbstreflexion mit, denn sie macht sich auch über den vermeintlichen Female Empowerment lustig, bei dem sich die Frauen gegenseitig unterstützen. Das macht sie, indem sie die Chefin von Inés (Laurence Bibot, Mr. Average) über Gender Equality lachen lässt und somit mit der seltsamen Vorstellung von der Emanzipation aufräumt, bei der alle Frauen unbedingt zusammen halten müssen, weil sie nun mal Frauen sind und keine andere Wahl haben als ihren Geschlechtsgenossen hilfsbereit zur Seite zu springen. Die Frauen sind auch nur Menschen und warum sollten sie jemanden nur aufgrund des Geschlechts unterstützen? Ein Mann würde für einen beliebigen anderen Mann doch auch nicht ins Feuer springen.
Ein weiterer interessanter Aspekt des Films, ist, dass die Frauen zwar einerseits mit den Männern gleichziehen wollen, sich aber auch andererseits von ihnen wie rohe Eier behandeln lassen, wenn es gerade passt und sie sich Vorteile aus ihrem Frauendasein versprechen. Das ist natürlich etwas, dass die Emanzipation zunichtemacht. Man kann sich nicht die besten Rosinen herauspicken und wenn es hart auf hart kommt, sich hinter der "zarte Lady" Maske verstecken. Insoweit macht sich der Film auch über die utopischen und schrägen Vorstellungen von der Emanzipation lustig. Sogar in seiner Kritik behandelt der Film beide Geschlechter gleich. Auf der einen Seite stehen die Männer, die sexistische oder unangebrachte Bemerkungen fallen lassen und dazu neigen, den Missbrauch von Frauen als etwas völlig Normales anzusehen und auf der anderen Seite sind Frauen, die nicht in der Lage dazu sind, sich zu wehren, weil sie Jahre lang in die Rolle der Opfer gedrängt wurden. Kaum sichtbar macht der Film darauf aufmerksam, dass sogar das vermeintlich mitfühlende weibliche Geschlecht einer anderen Frau nicht sofort glaubt, dass sie das Opfer sexueller Gewalt geworden ist. Auch die Unkenntnis der Frauen darüber, dass sie selbst Opfer sexueller Gewalt geworden sind, weil sie denken, dass sexueller Missbrauch völlig normal ist, ist erschütternd. Ohne sich lange mit dieser Thematik aufzuhalten, schafft es der Film innerhalb kürzester Zeit den Zuschauer wachzurütteln.
Wer sich in irgendeiner Weise in seiner Männlichkeit oder Weiblichkeit durch den Film angegriffen fühlt, der sollte sich daran erinnern, dass es sich hier um eine Satire handelt und in einer Satire übertreibt man, um den gewünschten Effekt zu vergrößern. Der Regisseurin Jardin gelingt es gut ihre Figuren in Szene zu setzen. Sie sind wunderbar verspielt und vermitteln die Botschaft des Films äußerst unaufdringlich. Dabei sind Jasmina Douieb (The Break- Jeder kann töten) als Inés und Laetitia Mampaka als Melody ein unschlagbares Frauenpower-Team, das in den Genuss kommt, zwei Heldinnen zu verkörpern, die sich in ihrer wohlverdienten Rache sonnen dürfen. Employee of the Month nimmt den Gender-Wahnsinn mit Humor und vor allem ist es eine leichte Kost. Es muss nicht immer der Vorschlaghammer sein, mit dem man seine Vorstellungen anderen einhämmern möchte, manchmal reicht auch eine unschuldige schwarze Komödie aus, um mittels einer Metapher zu zeigen, dass Erfolg nicht an ein bestimmtes Geschlecht gekoppelt ist, sondern an die Bereitschaft dafür zu kämpfen und sich gegen andere durchzusetzen.
Fazit
„Employee of the Month“ schafft es sowohl ein Statement für die Emanzipation der Frauen zu setzen als auch gleichzeitig die Prämisse der Emanzipation zu hinterfragen. Es ist eine rabenschwarze Komödie mit wenig Gewalt, aber dafür mit umso mehr Satire über die Erfüllung der fantasievollen Rachegelüste einer Büroangestellten. Eine Arbeitsbiene schlägt zurück und wehrt sich endlich gegen die Männerwelt. Auch wenn auf den ersten Blick die Männer als Zielscheibe für Gags dienen, wird im Gesamtzusammenhang klar, dass hier die Eigenarten beider Geschlechter auseinandergenommen werden. Mit „Employee of the Month“ wird ein äußerst kluges Drehbuch mit nötiger Prise Humor und passenden Darstellern treffend umgesetzt.
Autor: Yuliya Mieland