Vielversprechend wirkt er im zunächst, der erste und einzige Spielfilm von Ferruccio Casapinta. Noch bevor der Giallo in den 70ern richtig durchstartete, lässt sich „Der Satan ohne Gesicht“ zumindest ansatzweise als ein früher Vertreter bezeichnen, wenn auch nur ganz am Rande. Gewisse Elemente beinhaltet er ohne Frage, allerdings eingebettet in ein tapsiges Allerlei des damaligen Genrekinos. Krimi, Gothic-Grusel, handzahme Pseudo-Geisterstunde und mittendrin auch mal die schwarzen Handschuhe eines unbekannten Mörders. Nichts Halbes und erst recht nicht Ganzes, was Debütant und gleichzeitig Frührentner (vielleicht war es besser so) Casapinta da auftischt.
Die Ausgangslage ist klassischer Groschenromanstoff: Ein gutbehütetes, offenbar extrem weltfremdes (dafür aber knackiges) Blondchen (das ehemalige Fotomodell Erna Schurer, „Der geheimnisvolle Killer“) wird durch einen unverhofften Todesfall plötzlich zur Schlossherrin, hat vorher aber wahrscheinlich schon Probleme gehabt, wenn zuhause der Briefkasten voll war. Gott sei Dank hat sie ihren britisch-steifen Verlobten Jack (Roland Carey, „Der Untergang des Römischen Reiches“) im Schlepptau - der sie stets (angemessen) behandelt, als könne sie alleine nicht mal die Straße überqueren – und die hilfsbereite Schlossverwalterin Carol (Lucia Bomez, „Django und die Bande der Bluthunde“) vor Ort, furchtbar geschminkte und mit dem verruchten Look einer spießigen Schulbibliothekarin, die nach Feierabend versaut ihr Höschen lüftet. Mit Rat und Tat stehen sie der stupiden Barbie zur Seite, die von Schurer auf Method-Acting-Niveau kack-dämlich und unbeholfen verkörpert wird, was aber wohl eher an ihren massiv limitierten Fähigkeiten liegt. Was sie an schauspielerischen Know-how vermissen lässt, kann sie nur minimal durch ihren zugegeben ansehnlichen Körper ausgleichen, wenn sie sich im transparenten Negligee leicht selbst-befummelnd rekelt. Immerhin, besser als nichts.
Niemand erwartet von so einem Film hervorragende Darsteller oder eine richtig gute Geschichte, aber „Der Satan ohne Gesicht“ ist selbst unter den Bedingungen ganz hart am Limit des Entschuldbaren. Sichtlich inspiriert von Genre-Vorreiter Mario Bava („Die toten Augen des Dr. Dracula“) hat Casapinta zumindest einen Hauch davon in petto. Die knalligen Farbarrangements und der Versuch von surrealen Sequenzen (am ehesten noch gelungen, wenn man es großzügig so bezeichnen will, in der Folterkellerszene) lassen die Intention erkennen, was keinesfalls über die zahlreichen Mängel hinwegtäuschen können. Die unspektakuläre Gothic-Soap nach Hausfrauenart bummelt träge vor sich hin, vergisst den Spannungsaufbau beim Bemühen um ein paar optische Spielereien komplett. Baut auf wichtig getrimmte Nebenfiguren ein, die später überhaupt keine Rolle mehr spielen und fast peinlich berührt dann kurz vor Schluss doch noch ins Bild gejagt werden, damit man sich über deren Verschwinden nicht zu sehr wundert. Der Giallo-Anteil scheint eher zufällig als gewollt, im Mittelpunkt steht ein alberner Mystery-Krimi, der nicht mal als solcher funktioniert, da schnell klar gemacht wird, das alles nur fauler Zauber für dumme, leicht zu verängstigende und bitte schnell wieder zu vergraulende Paranoia-Tanten ist.
Als wäre das nicht schon blöd genug, macht sich der Film gerade zum Ende hin noch mal eine Spur lächerlicher. Da sage und schreibe zwei (!) blutleere und im Gesamten vielleicht 15 Sekunden lange Mordszenen wohl kaum für Euphorie sorgen, gibt es eine unglaublich affig (nennen wir das mal so) choreographierte Kampfsequenz, bei der selbst für italienische Verhältnisse dieser Zeit sicher kein Auge trocken bleibt. Das toppt nur noch dieses peinliche Scooby-Doo-Finale, was wiederum so bekloppt ist, das man sich insgeheim ins Fäustchen lacht. Als Suspense- oder Horrorfilm ist „Der Satan ohne Gesicht“ eine echte Pflaume, als Giallo lediglich ein dezent angehauchtes Frühwerk ohne ernsthafte Erwähnungsberechtigung, das braucht keiner sehen. Komisch daran: Einen ganz leichten Anflug von Charme hat dieser Film, obwohl eigentlich nichts funktioniert. Bis auf die offenkundigen Bava-Anleihen, die dem Meister nicht gerecht werden, dennoch erkennbar sind.