Inhalt
Um einen Fuß in die Tür der besseren Gesellschaft zu bekommen, bandelt der Student Bud Corliss mit der Industriellentocher Dorothy an. Als sie ungeplant von ihm schwanger wird, erfährt er, dass das Verhältnis zu ihrem herrischen Vater ohnehin nicht das beste ist und eine Hochzeit somit wohl nicht den gewünschten Effekt hätte. Nachdem er alles dafür getan hat, dass niemand von ihrer Beziehung Wind bekommen hat, plant er eiskalt ihre Ermordung.
Kritik
Mit der Romanadaption Ein Kuss vor dem Tode ging man 1956 gleich in mehrerer Hinsicht Risiken ein. Da wäre zum einen der für diesen Zeitraum relativ gewagte Inhalt. In den extrem prüden 50ern fielen gewisse Details in Filmen schnell der Zensur zum Opfer, so z.B. auch meistens außereheliche Schwangerschaften. Das man bei so einem Großstudiofilm damit durchkam, grenzt schon an ein kleines Wunder. Zum anderen wäre da die Besetzung des Hauptdarstellers. Der damals 26jährige Robert Wagner (Der rosarote Panther) hatte bis dato das Image des Schwiegermuttertraums mit Babyface, wollte dieses aber unbedingt ablegen. Aus seiner Warte somit ein sehr nachvollziehbarer Schritt, ob so ein radikaler Bruch vom Publikum in diesen biedern Zeiten allerdings akzeptiert werden würde, war alles andere als selbstverständlich. Zudem übernahm auch noch ein Debütant den Regieposten. Der gebürtige Berliner Gerd Oswald (Schachnovelle) hatte zwar schon viel Erfahrung als Second Unit Director, war aber noch nie hauptverantwortlich. Dieses persönliche Wunschprojekt war mehr oder weniger seine „Belohnung“ für treue Dienste bei Twentieth Century Fox.
Thematisch und inszenatorisch gibt es einige Parallelen zum Film Noir (dem er trotzdem in letzter Konsequnez nicht zuzuordnen ist) und dem Schaffen von Alfred Hitchcock (Bei Anruf: Mord), der zum damaligen Zeitpunkt praktisch schon das Nonplusultra im US-Thriller Kino darstellte. Wie so oft im Film Noir ist die zentrale Hauptfigur gleichzeitig auch der Antagonist und wie so oft bei Hitchcock generiert der Film seine Spannung nicht durch ein Whodunnit-Konzept, sondern durch den allwissenden Vorteil des Publikums und die Frage, ob und wie das Unvermeidliche noch abgewendet werden bzw. ob und wie dem Schurken letztendlich das Handwerk gelegt werden kann. Dadurch funktioniert gerade die erste Hälfte des Films hervorragend, da man als Zusehender immer als quasi hilfloser „Mittäter“ des Antagonisten fungiert. Robert Wagner glänzt dabei als absolut skrupelloses Monstrum, das gewissenlos einen perfiden Plan verfolgt, um zunächst sein Verbrechen durchzuführen und als Krönung des Ganzen über Umwege am Ende vielleicht doch noch sein angestrebtes Ziel von Wohlstand und gesellschaftlichem Aufstieg erreichen zu können.
Man weiß praktisch, was mehr oder weniger unausweichlich geschehen wird, fiebert aber genau deshalb umso mehr mit – auch weil einiges sehr geschickt an gewissen Punkten effektiv hinausgezögert wird - und ist fasziniert wie angewidert zugleich von der durchtriebenen Art und Weise, wie alles in die Wege geleitet wird. Bis dahin ist Ein Kuss vor dem Tode mühelos auf Augenhöhe mit einem guten Hitchcock dieser Tage. Dagegen kann die – durch ein einschneidendes Ereignis klar abzutrennenden – zweite Hälfte nicht ganz das vorher aufgebaute Niveau halten. Wobei wir es hier immer noch mit einem wirklich guten Thriller zu tun haben, der sich für seine Zeit viel wagt und in Schlüsselmomenten genauso gut funktioniert wie zuvor. Sobald sich der Plot aber mehr auf die dann eingeführten Figuren konzentriert, fehlt es etwas an Drive und genau genommen kann man schon sehr deutlich ablesen, wohin das alles verlaufen wird. Natürlich ist die Handlung auch an eigen Stellen schon sehr zweckmäßig konstruiert und selbst 1956 erscheint hier nicht alles unbedingt maximal glaubwürdig. Da ist manchmal mehr Glück als Verstand im Spiel, damit man den gewünschten Showdown ansteuern kann. Nichtdestotrotz ist das alles noch wirklich gut inszeniert und verglichen mit manch drastischen Abnutzungserscheinungen diverser Titel von damals auch kein wirklich drastisches Problem. Am Ende des Tages ist es immer noch ein guter Thriller mit erstklassigen Momentaufnahmen und unbestreitbar ein Klassiker des Genres.
Fazit
Insbesondere in der ersten Hälfte ein überaus sehenswerter Thriller, der sich einiges traut und auf einem Niveau mit den Größen des Genres agieren kann. Speziell im letzten Drittel ist aufgrund des geänderten Narrativ etwas die Luft raus und verläuft ein Stückweit zu generisch, was den Gesamteindruck zwar etwas schmälert, das Endprodukt gestaltet sich aber trotzdem noch als ziemlich gelungen. Filme dieses Zeitraums sind schon deutlich schlechter gealtert, selbst deutlich größere Namen.
Autor: Jacko Kunze