MB-Kritik

Kora 2024

Short, Documentary

Lana Alkouse
Zohra Ghadr Alzaman
Inna Klochko
Margarita Sharapova
Norina Sohail

Inhalt

KORA zeichnet die Silhouette der in Portugal lebenden Flüchtlingsfrauen nach. Gemeinsam bringen sie die Vergangenheit in ihren eigenen Worten und die Menschen, die sie lieben, in Porträts zum Ausdruck. Von diesen Erinnerungen aus erhalten wir Zugang zum intimen und politischen Blick derer, die (ihre) Gegenwart rekonstruieren.

Kritik

Fotos seien so kostbar wie Erinnerungen, sagt eine der fünf Protagonistinnen Cláudia Varejãos (Amor Fati) assoziativer Anthologie. Jene verinnerlicht diesen als erzählerischer Kommentar ausgesprochenen Gedanken, indem sie beides einander gleichberechtigt gegenüberstellt. In gesetzten Aufnahmen, deren Schwarz-Weiß neben dem klassischen Fotoformat auch den Tod heraufbeschwört, blickt die Kamera der portugiesischen Regisseurin auf die Bilder verlorener Angehöriger oder auch der eigenen Person an einem Scheideweg wie Miniatur-Memoiren. Greifbar und für andere sichtbar gewordene Bruchstücke durch den Krieg zerstörter Leben.

Jene gehören fünf Frauen, die trotz der Verschiedenheit ihrer persönlichen Geschichten und nacherzählten Berichte die Erfahrung von Flucht und Neuanfang verbindet. Fünf von über 31 Million Menschen, die weltweit im vergangenen Jahr flüchten mussten. Ihre Gesichter sind unsichtbar, während sie von ihrer Vergangenheit in Russland, Afghanistan oder der Ukraine erzählen. Erst gen Ende ihrer jeweiligen Erzählung gibt eine Aufnahme in ihren Händen den Worten ein Gesicht, wie zum Abgleich mit dem im Kopf des Kinopublikums.

Fazit

Zwei Schnappschüsse des Sohnes, wie jene, die man im Quartett in Foto-Automaten anfertigen lassen kann. Ein Bild der Mutter und Schwestern aufgedruckt auf eine Tasse, die eine Freundin geschenkt hat. Eine verblasste Aufnahme der verstorbenen Großmutter. In schwermütigen Aufnahmen, die sich des eigenen Gewichts als visuelles Gedächtnis allzu bewusst sind, erfasst Cláudia Varejão dokumentarisches Essay die Bilder der Menschen, die ihre geflohenen Charaktere zurückließen. Verwandte, Freund*innen, ein früheres Ich: fragmentierte Erinnerungen in einer kaputten Welt.

Autor: Lida Bach
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