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Kinshasa, Hauptstadt der Demokratischen Republik Kongo, drittgrößte Stadt Afrikas. Hier wohnen fast zehn Millionen Menschen, die zu den ärmsten Bewohnern unseres Planeten zählen. Es ist die Heimat des einzigen Symphonieorchesters Zentralafrikas - L'Orchestre Symphonique Kimbanguiste. Es hat ein anspruchsvolles Programm: Händel-Arien, Carmina Burana und Beethovens Neunte. Ein Film über die Menschen in Kinshasa und über die Kraft der Musik.
Kritik
Für den Orchesterleiter Armand Diangienda gewinnen die Anfangszeilen „Oh Freunde, nicht diese Töne“ aus Beethovens „Ode an die Freude“ eine ironische Doppeldeutigkeit. Bisher klingt aus dem Spiel seines Ensembles mehr Dissonanz als Harmonie. Zeit zum Proben bleibt den Musikern nicht mehr viel. Immer näher rückt der Unabhängigkeitstag, an dem sie vor Tausenden Zuschauern ein Open Air Konzert geben wollen. Neben Stücken von Verdi, Dvorak und Auszügen aus Orffs „Carmina Burana“ will das L´Orchestre Symphonique Kimbanguiste als Höhepunkt Beethovens 9. Symphonie aufführen. Dafür proben sie bis in die Nacht hinein und nehmen stundenlange Anfahrtswege zum Orchesterraum auf sich. Sogar im Dunkeln wird gespielt, wenn der Strom ausfällt. Stromausfälle sind keine Seltenheit in Kinshasa. In der Hauptstadt der Demokratischen Republik Kongo, inmitten von Armut, Gewalt und politischen Konflikten, spielt das einzige Symphonieorchester Zentralafrikas.
Diangienda weiß, welche Bedeutung die klassische Musik für die Künstler und ihre Zuhörer hat. „Auch wenn die Proben oft mühselig und Fortschritte nicht sofort erkennbar seien, helfe ihm das gemeinsame Musizieren über viele Dinge hinweg, sagt er in der originellen Dokumentation der deutschen Regisseure Claus Wischmann und Martin Baer. Diangienda ist nicht nur Begründer des Orchesters. Neben seiner Tätigkeit als Orchesterleiter arbeitet der Sohn eines bekannten kongolesischen Märtyrers als Dirigent, Komponist und Cellist. Jeder der Musiker, den die engagierte Reportage vorstellt, muss mehrere Aufgaben erfüllen, damit das Symphonieorchester nicht verstimmt. Die Mitglieder sind fast alle Autodidakten oder Amateure, ihre Instrumente sind alt und manche der Musiker können kaum Noten lesen. Dennoch probt das Orchester entschlossen der Vorführung entgegen. Mit unermüdlicher Energie ringen die Musiker nicht nur um die richtigen Töne, sondern gegen die äußeren Umstände. Gegen die selten perfekten Vorstellungen der Konzertanten legen die Regisseure deren leidenschaftliches Engagement in die Waagschale. Wachsen die Musiker bei einem energetischen Auftritt über sich hinaus, wird auch die Reportage zu mehr als einer gewöhnlichen Konzertdokumentation.
Trotz der mitunter aufdringlichen Gutwilligkeit und der unkritischen Grundhaltung der Filmemacher überzeugt ihr Werk dank seiner Protagonisten. Das L´Orchestre Symphonique Kimbanguiste berauscht nicht mit symphonischer Perfektion, dafür umso mehr mit Menschlichkeit und Idealismus. Vor 15 Jahren gaben die Mitglieder zum ersten Mal ein Konzert. Die Bedingungen waren damals noch ungünstiger als sie es in der dokumentarischen Gegenwart sind. Damals umfasste das Ensemble kaum 20 Instrumente. Um deren korrekte Haltung und Spielweise zu beherrschen, orientierten die Orchestermitglieder sich an Bildern. Obwohl das Scheitern unvermeidbar schien, klammerte sich das Symphonieorchester mit unerschütterlicher Hoffnung an seine musikalische Vision. Im Dezember 1994 traten sie im voll besetzten Palais du Peuble auf. Am Ende gab es Applaus. „Wenn Sie es nicht glauben, fragen sie die Leute“, sagt Diangienda stolz. Nach der glänzenden Vorstellung zum Abschluss der Doku ist das nicht nötig. Den Text zu Beethovens Symphonie mögen die Zuhörer nicht verstehen, die Freude fühlen sie.
Fazit
Die ehrgeizige Doku zeigt die Kraft der Leidenschaft, musikalischer Natur und universeller. Trotz einiger schiefer Töne gelingt es den Künstlern, nicht nur die Emotionen der Zuschauer vor der Konzertbühne zum Klingen zu bringen.
Autor: Lida Bach