Schon verrückt, was für eigene Wege der literarische Output von Stephen King teilweise geht. Während erst kürzlich sein über Jahrzehnte erschaffenes Epos Der Dunkle Turm in nicht mal 100 Minuten kurz und knapp vereinfacht (und für praktisch jeden treuen Fan schockierend schlicht) neuinterpretiert wurde, kommt seine 1977 erstmals im Penthouse veröffentlichte, gerade mal 20 Seiten umfassende Kurzgeschichte Children of the Corn - in Deutschland offenbar nur linguistisch angepasst, aber nicht wortwörtlich „übersetzt“ in Kinder des Zorns – auf insgesamt 9 (!) filmische Adaptionen, das ist doch mal effektiv. Und das obwohl keiner dieser Filme wirklich richtig erfolgreich war oder rückwirkend großartig gelobt wurde. Da wurde einfach hartnäckig auf einer Idee rumgeritten, die grundsätzlich auch gar nicht so verkehrt ist. In guten Händen eventuell sogar famos, was auch die cineastische Historie bereits vormachte.
Wenn Kinder (aus im besten Fall unerklärlichen Gründen) zur Manifestation des Bösen werden, sollte das immer verstörend wie erschreckend sein. 1976 erschuf Narciso Ibáñez Serrador mit Ein Kind zu töten ein Musterbeispiel dieser komplizierten Gratwanderung, unter welchen Umständen diese Idee zwischen Unsinn und grausamen Terrorszenario als wahres Meisterwerk des Horrorfilms interpretiert werden kann. Lange nicht so brillant, dafür erstaunlich effektiv gelang es dem britischen B-Movie The Children 2008 ein grob ähnliches Gefühl zu erzeugen, sonst wurden Kinder – in der Gruppe, als Rudel – nur sehr selten bemerkenswert als echte Bedrohung eingesetzt, obwohl die Idee wirklich beklemmend ist. Davon zehrt auch der erste Kinder des Zorns - die einzige Kinoauswertung des Endlos-Franchise - wenigstens partiell, was ihn beinah erträglich macht. Leider nur das, was in Anbetracht der Ambitionen deutlich zu wenig ist.
Jedweder möglichen Subtilität entledigt sich der Streifen bereits in den ersten Minuten, die zwar einen durchaus drastischen, martialischen Auftakt bieten, danach dem Szenario aber jegliche Interpretationsspielräume rauben. Jeder weiß nun und natürlich auch aufgrund des penetranten, narrativ extrem ungeschickten Off-Kommentars, was hier mehr oder weniger warum vor sich geht. Die sonst mögliche Geisterstadt-Atmosphäre, die der Film ja tendenziell noch inne hat, ist somit nur eine hohle Kulisse, ein sinnloses Herumfuchteln vor der Nase des Zuschauers, der diese Option lieber zum Selbsterkunden des Schreckens in Gatlin, Nebraska wahrgenommen hätte. Der Grundgedanke ist nämlich alles andere als uninteressant. In einer von tiefer, fundamentalistischer und dadurch auch latent gefährlicher Religiosität geprägter Region ergreifen Kinder die Macht, aufgrund eines Auserwählten, der Seinesgleichen wie Schäfchen um sich schart und mit der Gefügigkeit primitiver Herdenmentalität spielt. Das ist nicht nur aufgrund seiner platten Grausamkeit gruselig, es ist eine Allegorie, aber gar nicht so weit weg vom realen Alltag.
Im Zuge des 80er-Stephen-King-Hypes großzügig ins Kino gespült verspielt der Film zwar schon frühzeitig und in der Folgezeit ohne jede nur versehentliche Hemmungen alle wirklich subversiven Möglichkeiten, mutet aber trotz seines verramschten Potenzials generell nicht wie ein kompletter Fehlschuss an. Die Prämisse bleibt verstörend, was einige verlaufene Situationen auch kurzzeitig transportieren können. Verblendete, gezielt auf äußerlich gruselig gecastete Provinz-Kids in Latzhosen mit allerhand scharfkantigem Mordwerkzeug in den ungewaschenen Pfoten (speziell Malachai-Darsteller Courtney Gains hätte danach nicht nur altersbedingt definitiv Spielplatzverbot) sorgen trotz der plumpen, uninspirierten und wenig ambitionierten B-Movie-Inszenierung für kurzzeitiges Interesse. Postwendend zerstört durch die unmöglichen Hauptfiguren, wobei Linda Hamilton (Terminator) eigentlich nur doof im Weg steht und sich entführen lässt, während ihr Göttergatte Peter Horton (Am Ende der Gewalt) eine verblödete Entscheidung nach der anderen trifft und sich in seinem Handeln sogar unmittelbar selbst wiederspricht, aber am Ende natürlich den Tag retten darf, ist ja sonst kein verantwortungsvoller Erwachsener mehr am Leben.
Bis ca. 20 Minuten vor Schluss ist Kinder des Zorns zwar nicht guter, aber grob ansehbarer 80er-Horror mit durchaus hintergründigem Ansatz, der rudimentär bizarren Horror auf einem existierenden Fundament von verblendetem, religiösen Übereifer errichtet, aber ohne das ernsthaft ausbauen zu wollen sich lieber mit einem schnellen Billig-Schocker zufrieden gibt. Das ist zumindest irgendwie verständlich oder wenigstens akzeptabel, die letzten Minuten sind aber jenseits von Gut und Böse. Nun geht alles drunter und drüber. Der vorher schon mehrfach aus den hinteren Reihen des Maisfeld aufzuckende Albernheit kommt zügellos zum Vorschein, auch aufgrund nun gänzlich inkonsequenter Verhaltensweisen (nur ein kleines Beispiel: Die Kids meucheln Jahre vorher eiskalt ein ganzes Diner voller Erwachsener nieder, aber nun sind sie im Verhältnis 30:1 total wehrlos gegen EINEN stark Verwundeten), ganz räudigen Special-Effects (1984 darf man keine Wunder erwarten, aber genauso realistisch sollte man – wenn überhaupt - Computer-Effekte damals auch einsetzen) und die wirklich finalen Schlussminuten wirken fast wie eine ganz miese Parodie.