Inhalt
Mit dem Ende der Schulzeit stehen Billie und Lucas vor der Entscheidung: Als Paar zusammenziehen oder lieber mit Freund*innen in eine WG?
Kritik
Aus der Distanz sieht es nicht weiter wild aus. Aber wenn man einmal abgehoben hat und nicht aussteigen kann, ist das anders. Die einen reagieren auf die Aufregung der Gefühle mit Panik. Andere wollen wieder runter, sich verkriechen oder gar ans Beten denken. Ein paar genießen einfach den Kick. Billie (Billie Meeussen) und Lucas (Lucas Roefmans) machen, was die meisten Pärchen tun: sich aneinander festhalten. Ob aus eigener Initiative oder aufgrund einer Regieanweisung, bleibt unklar.
Die Anfangsszene, in der die Floskel von der Achterbahnfahrt der Gefühle zur ostentativen Metapher der Pubertät wird, bündelt die Mankos der porösen Skizze besser als es Olivia Rochette und Gerard-Jan Claes wohl beabsichtigten. Das belgische Regie-Duo irritiert bei Berlinale Generation mit einem vorgeblich realitätsbasierten Porträt jugendlicher Liebe, das sich auf mehreren Ebenen als reduktives Konstrukt verrät. Wie vom Autoren-Gespann merklich deutlicher als im Berlinale-Programm gekennzeichnete Mischform wirkt in jedem Moment inszeniert.
Statt wie behauptete „Liebe als soziales Konstrukt“ mittels der Kombination von Spiel- und Dokumentarszenen zu hinterfragen, zementiert das dramatisch und visuell gleichsam ausdrucksarme Teenie-Theater das zum erdrückenden Normalitätsstandard erhobene Dogma der romantisch-erotischen Beziehung als einzig wahrer Liebe. Die ist natürlich cis-hetero, monogam und angesiedelt in einem von existenziellen, familiären und beruflichen Problemen augenscheinlich gänzlich befreiten Bürgermilieu. Einzig dessen unwillkürlicher Drang zur Selbststilisierung und - Observation mit entsprechender Distanz zu studieren, generiert - unbeabsichtigten - Reportagencharakter.
Fazit
In ihrer unzureichend gekennzeichneten Fiktion betrachten Olivia Rochette und Gerard-Jan Claes ein vermeintliches Teenager-Paar beim alltäglichen Geplänkel, dem die Einordnung in der Umbruchphase von Oberschule zu Studium eine Spur Relevanz geben soll. Der Einsatz junger Laiendarsteller*innen, die im Grunde sich selbst spielen, verschleiert zusätzlich die Künstlichkeit der Idealisierung überholter Sozialkonzepte: Amatonormativität, Heteronormativität und bürgerliche Wertmaßstäbe prägen das schale Schaustück, dessen zur Schau gestelltes Interesse für die Befindlichkeiten junger Erwachsener gänzlich unglaubwürdig wirkt.
Autor: Lida Bach