Inhalt
Der Bus eines Mädchenchors bleibt in den britischen Wäldern liegen. Die neun jungen Damen und ihre Lehrerinnen kommen in einem verlassenen Hotel unter, erhalten jedoch des nachts Besuch von vier ganz besonderen Herren. Diese sind gerade aus einer psychiatrischen Klinik entflohen, in der sie mit einer experimentellen LSD-Therapie behandelt wurden. In dem Glauben, sich in einem Traum zu befinden, leben sie ihre Gewaltfantasien hemmungslos aus.
Kritik
Mit einem vermeidlichen Idyll beginnt Regisseur & Autor Alan Birkinshaw (Confessions of a Sex Maniac) seinen zweiten Spielfilm, wenn der Schulbus eines Mädchenpensionats durch die friedliche Natur des britischen Hinterlandes fährt. Der Schein trügt natürlich und spätestens als der Bus mitten im Nirgendwo den Geist aufgibt sollte jedem klar sein, dass wir hier die Ausgangslage für einen rüden 70er Rape & Revenge-Streifen auf dem Silbertablett serviert bekommen. Kurz zuvor gab es für das Publikum noch die Information, dass vier Triebtäter sich aus einem Krankenhaus verflüchtigt haben, in dem sie mit einer „etwas“ unorthodoxen Therapie behandelt wurden. Mittels Halluzinogenen wurde ihnen die Illusion vermittelt, dass sie sich in einem Wachtraumzustand befinden. In diesem sollen sie ihren gewaltsamen und zum Teil auch sexuell motivierten Trieben freien Lauf lassen. Inwiefern sie das selbst in diesem geschützten und rein theoretischen Rahmen resozialisieren soll bleibt eine rhetorische Frage. Wichtig ist nur der Fakt, das vier völlig Wahnsinnige nun da draußen rumlaufen, die nicht nur glauben das ihr Handeln keinerlei Konsequenzen hat, sondern in allen Extremen sogar erwünscht ist, um einen therapeutischen Erfolg zu erzielen.
Während in den USA zur selben Zeit Filme wie Das letzte Haus links, Blutgericht in Texas, The Hills Have Eyes - Hügel der blutigen Augen oder Ich spuck auf dein Grab längst das Horrogenre revolutioniert hatten, sah dies im vereinigten Königreich dank deren radikalen Zensurbehörde noch ganz anders aus. Dort hatten es selbst die heute sehr handzahmen Filme der HAMMER-Studios schon traditionell schwer, ein unbequemes Jahrhundertwerk wie Uhrwerk Orange wurde gar über 25 Jahre mehr oder weniger aus dem Verkehr gezogen. Etwas wie Killer’s Moon erscheint somit von vornherein wie kommerzieller Selbstmord. Das Alan Birkinshaw dennoch sein Ding so konsequent durchzieht ist schon mal ein fettes Lob wert, ob klug oder nicht steht auf einem anderen Blatt. Heraus kommt eine mitunter kuriose Mischung aus grobkörnig-rotzigem Grindhousekino und absurder Groteske. Atmosphärisch schön abgeranzt könnte der Film kurzzeitig als echtes Terrorbrett funktionieren, sobald seine abstruse Idee und das forensische Quartett endgültig von der Leine gelassen werden, hält da selbst die engste Zwangsjacke nicht mehr dicht. Explizite Gewalt, kompletter Nonsens und britisch-galliger Humor treten sich unkoordiniert andauernd auf die Füße, als wenn die Jungs von Monty Python etwas zu lange im Magic Mushshroom-Bällebad gelegen hätten und nun einen Exploitation-Reißer machen wollten.
Die Vier aus der Klapsmühle agieren wie Cartoonfiguren, ihr Handeln ist dabei im direkten Kontrast weit weniger ulkig. Da werden Schädel gespalten und Frauen vergewaltigt, immer in dem Glauben, man würde gerade in einem richtig abgefahrenen Traum die Sau rauslassen. Das ist an sich unglaublich zynisch, wäre es nicht so bewusst skurril. Gleichzeitig wird jedes Slasher-Klischee in beinah parodistische Höhen überspitzt, allein die Ansammlung von mindestens fragwürdigen Entscheidungen seitens der potenziellen Opfer spottet jeder Beschreibung. Dieses Sammelsurium wirkt mitunter, als würden die Macher selbst gerade eine ähnliche Drogentherapie durchmachen wie ihre Antagonisten, was aber genau den sonderbaren Reiz von Killer’s Moon ausmacht. Unbedarftes, radikales, irgendwie doofes, aber ziemlich mutiges Bahnhofskino mit einer groben Kelle schlechtem Geschmack zünftig abgeschmeckt. Obskur, nichtsdestotrotz (oder genau deshalb) ziemlich sympathisch.
Fazit
Wirkt teilweise wie eine Parodie auf das knüppelharte US-Horrorkino der 70er Jahre, wobei er genauso gerne und munter die Sau rauslässt. Die Mischung funktioniert natürlich nur bedingt und sicher ist nicht alles genau so kalkuliert, das kann einem unterm Strich aber selbstverständlich herzlich schnuppe sein. „Killer’s Moon“ ist ein possierliches, grimmig-zynisches Kleinod aus einer Zeit, als in seiner Heimat noch gezielt Jagd auf so etwas gemacht wurde. Dabei will er doch nur spielen.
Autor: Jacko Kunze