5.9

MB-Kritik

Kalter Schweiß 1970

Action, Drama, Crime, Thriller – Italy, France, Belgium

5.9

Charles Bronson
Liv Ullmann
James Mason
Jill Ireland
Michel Constantin
Luigi Pistilli
Yannick Delulle
Paul Bonifas
Sabine Sun
Roger Mailles
Nathalie Varallo
Remo Mosconi
Dominique Crosland
Jean Topart
Yannick Deheth
Gabriele Ferzetti

Inhalt

Joe lebt mit seiner neuen Frau und seiner 12jährigen Stieftochter an der Côte d'Azur, bis den ehemaligen US-Soldaten die Vergangenheit einholt. Drei ehemalige Kameraden, mit denen er einst aus dem Militärgefängnis floh, haben ihn aufgespürt und haben noch eine Rechnung mit ihm offen. Sie entführen seine Familie, um ihn zur Mithilfe bei einem großen Drogendeal zu zwingen.

Kritik

An alle Filmschurken dieser Welt: Prinzipiell könnt und sollt ihr ja machen was ihr wollt. Egal wie hundsgemein und niederträchtig es auch sein mag, dass ist schließlich euer Job und nur durch euch werden Helden geboren. Aber nur so unter uns, in eurem eigenen Interesse: Finger weg von den Familien bestimmter Leute. Liam Neeson (96 Hours) ans Bein pissen ist keine gute Idee und wer mit so was überhaupt keinen Spaß versteht: Wut-Schnauzer Charles Bronson (Ein stahlharter Mann). Wer trotzdem meint er müsste es machen, bitte schön. Nur hinterher nicht beschweren, man hätte euch nicht gewarnt.

Sommer, Sonne, Meer, eine bildhübsche Ehefrau (Liv Ullmann, Herbstsonate) und ein süßes Stieftöchterlein: Joe lebt eigentlich wie Gott in Frankreich und spült sich die Rübe trotzdem tagtäglich mit einer Flasche Fusel, um seine dunkle Vergangenheit zu vergessen. Es kommt wie es kommen muss: Irgendwann steht die in Form dreier ehemaligen Militärkollegen vor der Tür, die immer noch ziemlich stinkig sind, dass Joe sie damals bei gemeinschaftlichen Knastausbruch in Deutschland (köstlich, das Schild bei der Rückblende im Hintergrund: „Fabriken Maschinen“. Aha!) hat auflaufen lassen und einfach mit dem Fluchtwagen verduftet ist. Mit schlichter Vergeltung ist es aber nicht getan, die Herrschaften brauchen Joe und sein Boot, um einen Drogendeal auf hoher See abzuwickeln. Damit der da auch mitspielt wird die Familie als Faustpfand einkassiert. Normale Menschen würden nun sofort kleinbeigeben, aber hey, das ist Charles-Fucking-Bronson und der lässt sich nicht so einfach herumkommandieren. Wäre ja noch schöner!

Die Weichen sind gestellt für ein klassisches Charles-sieht-rot-Szenario, für seine Verhältnisse geht der das aber relativ relaxed an. Wie überhaupt alle hier, das milde Klima und die strahlenden Sonne der Côte d'Azur scheint eine Art C’est la vie-Einstellung zu verbreiten, die mit Ausnahme des Miesepeters aus der Fremdenlegion (die sind ja von Natur aus nicht gerade die heitersten Zeitgenossen) eine besinnlich-sedierende Wirkung auf Entführer, Geiseln und auch unseren Charly hat. Die Kidnapper zeigen sich trotz ihrer angeblichen Skrupellosigkeit doch sehr kompromissbereit, entgegenkommend und wenig entschlossen, die sich in ihren Händen befindenden Trümpfe ausspielen zu wollen. Bronson kann sich mehrfach daneben benehmen, ohne dass es auf Frau und Kind ernsthafte Konsequenzen hätte. Wie auf dem Spielplatz, wenn die Mutter dem bockigen Kind immer wieder androht „Die Mama geht gleich weg!“ und das sich darauf ein Ei pellt, da eh nichts passiert. Das weiß offenbar auch Charly, für den die Situation auch selten richtig angespannt wirkt, kaltschweißig wird hier niemand, selbst die entführte Gattin trägt das Ganze mit erstaunlicher Fassung. Hysterie hilft ja auch niemanden, eigentlich eine ganz gesunde Herangehensweise an akute Lebensgefahr.

Terence Young (Warte, bis es dunkel ist) ist nachweißlich ein ordentlicher Genre-Regisseur, aber irgendwie gelingt es ihm nicht, dem Szenario richtig Schwung zu verleihen. Die Gangster treten viel zu wenig bedrohlich und manchmal schon etwas überfordert-tölpelhaft auf, sein Held so lässig als ginge ihm das Geschehen nur bedingt etwas an und überhaupt ist das ein viel zu schöner Tag, um sich die Laune durch so Kinkerlitzchen verhageln zu lassen. Kalter Schweiß ist dadurch nicht unbedingt langweilig oder ohne jeden Unterhaltungswert, aber da kann man doch schon etwas mehr verlangen. In den letzten Minuten wird es dann endlich etwas zackiger, es gibt eine ordentliche Autohetzjagd und eine moralische Legimitation für das Legen eines Steppenbrandes (pfui!), aber wie der Film dann wieder ausklingt ist bezeichnend: Gefahr gebannt, alles tutti, jetzt erstmal übern Rummel. Diese Tiefenentspannung, beneidenswert.  

Fazit

Ganz hübsch gefilmtes, erstaunlich wenig Action-reiches Charles-Bronson-Vehikel, das mehr so rüberkommt, als hätte die Crew nur mal einen ordentlichen Urlaub gebraucht. Kann man sich angucken, die Erwartungshaltung sollte aber nicht zu hoch gesteckt werden.

Autor: Jacko Kunze
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