Inhalt
30 Jahre nachdem Oliver Stone die Ermordung des US-Präsidenten John F. Kennedy filmisch aufgriff, kehrt er zurück an den Schaupatz des Verbrechens. Die Suche nach der Wahrheit sollen neue Einblicke in die gesammelten Fakten endlich zum Ziel führen.
Kritik
Der einzige ansatzweise augenöffnende Moment in Oliver Stones (Snowden) pseudo-relevanter Polemik ist seine Bemerkung “The conspiracy theories have been shown to be conspiracy facts.“ Eine unbeabsichtigte, aber umso treffendere Beschreibung der gegenwärtigen Ära sogenannter alternativer Fakten, die für einen beunruhigend großen Teil der Bevölkerung nicht gewagte Spekulation, sondern Grundlage einer von massenmanipulierenden Verschwörungen kontrollierten Realität darstellen. Diese Populär-Paranoia erkennt der Regisseur als optimale Grundlage einer lukrativen Neuvermarktung seines gleichnamigen Thrillers und dessen verworrener Inspirationsquellen.
Letzte wirken fast schon herzig harmlos in ihrer redundanten Rekapitulation bekannter Hypothesen wie jener der „magischen Kugel“. Dass moderne Methoden der Forensik und Täterprofilierung praktisch keine Rolle spielen, ist symptomatisch für den investigativen Stillstand einer Doku, die genauso vor 30 Jahren hätte entstehen können. Aber da gab es ja schon Stones ersten JFK mit dem aberwitzigen Verweis auf ein Schwulenkomplott. Dergleichen Konstrukte rücken den zu oft als Liberalen missverstandenen Filmemacher näher an die fanatische Rechte.
Deren Panik vor einer gay agenda und der Desintegration repressiver Sozialnormen manifestiert sich einerseits in der vorbehaltlosen Verklärung John F. Kennedys zum gesellschaftlichen Ideal, dessen private Verkörperung konservativer Werte und relativ progressiven politischen Konzepte Demokraten und Republikaner in Frieden versöhnt hätten, zum anderen in argumentativer Fixierung auf für die Aufmerksamkeit sichtlich dankbare alte weiße Männer. Darunter natürlich Stone, der gravitätisch den „Tatort Dallas“ abwandert, gleich eines Charakters seines eigenen Plots - der er gewissermaßen auch ist.
Fazit
Statt durch den Spiegel geht es in Oliver Stones subjektiver Doku down the rabbit hole. Auf dessen Grund ist der Regisseur vor Jahren angekommen und sein Motto lautet: tiefer graben! Neue Fakten oder Erkenntnisse kommen dabei nicht zu Tage. Stattdessen irritiert eine auffällige Dissonanz zwischen historischem Bildmaterial und Voiceover. Zweiter ist dank Whoopi Goldberg und Donald Sutherland ein solider Kontrast zu Jeff Beals seenationalistischem Soundtrack, der die Hauptmotive der tendenziösen Inszenierung unterstreicht: Nostalgie und Aufmerksamkeitsbedürfnis.
Autor: Lida Bach