Inhalt
Die JSA (Gemeinsame Sicherheitszone) ist ein Landstreifen entlang der Grenze zwischen Nord – und Südkorea; dieser Teil der Entmilitarisierten Zone steht unter der Kontrolle der NNSC (Aufsichtsbehörde der neutralen Nationen). Das bekannteste wie berüchtigste Bauwerk innerhalb der JSA ist die "Brücke ohne Wiederkehr", Schauplatz vieler Gefangenenaustausche sowie einer der unmittelbarsten Reibungspunkte zwischen den beiden Staaten und Systemen. Auf dieser Brücke kommt es eines Tages zu einem Zwischenfall: Zwei nordkoreanischer Soldaten werden erschossen aufgefunden, einer entkommt nur schwer verwundet. Auch der mutmaßliche Täter, ein Soldat der Gegenseite, liegt mit einem Beinschuss im Krankenhaus. Sophie Jean, eine Schweizer Soldatin koreanischer Abstammung, soll die Hintergründe dieser Tat ermitteln und die zwei überlebenden Zeugen befragen. Bald entdeckt sie, dass mehr im Spiel ist als fehlgeleiteter Parolengehorsam, und dass die beiden mehr gemeinsam haben, als sie nach außen hin je zugeben werden.
Kritik
Südkorea hat in der Tat eine beachtliche filmische Kultur, die dank vieler unkonventioneller Drehbuchautoren, Produzenten und Regisseure mittlerweile auch international viel Beachtung findet. Vor allem fernab des Mainstream finden sich richtige Perlen, die sich dem wahren Filmkenner für ewig ins Gedächtnis einbrennen. Besonders hervorheben kann und muss man sicherlich drei Namen: Park Chan-Wook, Bong Joon-Ho, Kim Jee-Won. Wer sich nur halbwegs für asiatisches Kino interessiert, dem sollten die Namen nicht unbekannt sein, haben die untereinander befreundeten Herren allesamt einige Kultfilme inszeniert.
Vor allem der mittlerweile 52 Jahre alte Park Chan-Wook schuf mit seiner Rachetrilogie „Sympathy for Mr. Vengeance“, „Oldboy“ und „Lady Vengeance“ wahre Meisterwerke. Filme, die nicht nur höchst professionell und visuell beeindruckend inszeniert sind, sondern voller Metaphern stecken und den Zuschauer in ihrer Komplexität fordern.
"Joint Security Area": In dieser militärischen Siedlung spielt Park Chan-Wooks gleichnamiger Debütfilm, der – so viel sei bereits verraten - weit nicht so verspielt, anspruchsvoll und brutal wie seine späteren Werke ausfiel, in Korea trotzdem nach wie vor einer der erfolgreichsten Filme aller Zeiten ist. Auch hierzulande wird man sich aufgrund Deutschlands Historie gut in die Thematik einfühlen können.
Park Chan-Wooks Thriller ist eine Romanverfilmung ("DMZ" von Park Sang-yeon) und da sich der Meisterregisseur wohl sehr eng an die Vorlage hielt, leider nicht so wendungsreich, gewalttätig und visuell beeindruckend wie beispielsweise "Oldboy". Obwohl auch hier mit Blut nicht gespart wird. Im Pulverfass der entmilitarisierten Zone erzählt Park Chan-Wook im Prinzip eine recht einfache Geschichte, die an klassische Ermittlungskrimis à la Tatort angelehnt ist. Gewürzt wird das Ganze mit einem spitz zugeschnittenen politischen Thema und einer deutlich spürbaren humanistischen Botschaft.
Am Anfang steht ein vermeintlicher Mord: Zwei nordkoreanische Grenzposten werden erschossen aufgefunden, der mutmaßliche Täter ist der südkoreanische Soldat Lee Soo-yeok (Lee Byung-hun), der als scheinbares Entführungsopfer schwer verletzt über die Grenze fliehen konnte. Doch auch auf nordkoreanischer Seite gibt es einen angeschossenen Augenzeugen, der Soldat Oh (Song Kang-Ho). Den Neutralen Nationen geht es vor allem darum, eine Eskalation zu vermeiden, denn die Waffen sitzen locker in der Grenzregion. Wichtig ist den eingesetzten Ermittlern nicht, wer der Täter ist, sondern warum Soldaten ihr Leben lassen mussten. Als militärische Ermittlerin der Vereinten Nationen wird Major Sophie E. Jean (Lee Yeong-Ae), Tochter einer Schweizerin und eines Koreaners, eingesetzt. Für sie ein äußerst schwieriges Unterfangen und alles andere als ein Routinejob, darf sie doch keinen diplomatischen Schaden anrichten. Schnell entdeckt sie Ungereimtheiten in den Aussagen der beiden Hauptzeugen und deckt eine traurige Geschichte über das Scheitern einer eigentlich unmöglichen Freundschaft aus.
Was „Joint Security Area“ so spannend und unvorhersehbar macht, ist die Tatsache, dass der Film mit der Tat beginnt und erst nach und nach in vielen Rückblenden während der Verhöre die wahre Geschichte hinter dem tödlichen Gefecht aufdeckt. Bei aller geopolitischen Feindschaft zwischen Nord- und Südkorea erzählt Park Chan-Wook in erster Linie eine Geschichte von Freundschaft. Bei einer Patrouille, so erfährt man in einer Rückblende, tritt der junge Soldat Soo-hyeok auf eine Landmine, wird jedoch durch einen schroffen nordkoreanischen Offizier (der wunderbare Song Kang-ho) und seinen etwas nervigen Sidekick (Shin Ha-kyun) gerettet. Danach begibt sich Soo-hyeok mit seinem Kumpel Nam (Kim Tae-woo) heimlich über die Waffenstillstandslinie, um mit seinen Feinden Zigaretten zu rauchen, Schokolade zu essen, zu spielen und Fotos von Erotikmagazinen zu bestaunen. Dinge, die es in Nordkorea nicht gibt.
Dass die aufblühende Freundschaft kein guten Ende nehmen kann, zeigt einerseits die Struktur der Handlung, die in den Rückblenden immer dramatischere Züge annimmt und andererseits natürlich der erschreckend reale Kontext zweier bis auf das Blut verfeindeter Nationen. Obwohl eigentlich ja alle Brüder sind und einer Nation - Korea - entstammen. In einigen berührenden Szenen zeigt "Joint Security Area", dass selbst der mutigste und anständigste Mensch sich den politischen Bedingungen nicht widersetzen kann. Ohne störende Polemik und ohne eine Seite zu diffamieren theamtisiert Park Chan-Wook die sinnlose Anfeindung zwischen Menschen, die womöglich genau dies schon leid sind und auf Versöhnung hoffen. Eben Mensch sein wollen.
Handwerklich ist der Thriller absolut solide, in einigen Kameraeinstellungen ist schon die Brillianz des Regisseurs zu spüren. Man fühlt sich einfach oft sehr nah am Geschehen, weshalb "Joint Security Area" auch dank der tollen Darstellerleistungen und einem zurückhaltenden Soundtrack bis zum Ende packend und spannend bleibt.
Fazit
"Joint Security Area" ist der Debütfilm des koreanischen Meisters der Inszenierung, Mr. Park Chan-Wook. Ein Thriller, der sich ohne große Polemik dem Konflikt zwischen Nord- und Südkorea annimmt und mit seiner Geschichte ein beeindruckendes Plädoyer für die Menschlichkeit abliefert, zudem ein Statement gegen von machthungrigen Politikern errichtete Grenzen setzt.
Obwohl sehr atmosphärisch inszeniert, tritt die Handlung in manchen Passagen doch etwas zu gemächlich auf der Stelle. Es fehlt das gewisse Etwas sowie die visuelle Brillianz und Komplexität späterer Werke des Regisseurs.
Trotzdem ist JSA ein mutiger Film, der es dank toller Darsteller und der positiven Botschaft um Freundschaft und Toleranz schafft den Zuschauer in seinen Bann zu ziehen.