Inhalt
Elisabeth ist eine streng gläubige Mutter und Ehefrau, und in ihrer eigenen Radiosendung hat sie immer ein offenes Ohr für ihre Mitmenschen. Doch mit dem Einzug des jungen Priesters Achille bei ihrer Familie fällt ihre Kartenhaus in sich zusammen. Die Lügen ihres Ehemanns und das Schweigen der Kirche bringen sie dazu, einen gewaltsamen Rachefeldzug zu starten.
Kritik
Die Idee hinter dem auf dem letztjährigen Fantasy Filmfest präsentierten Streifen „In the Name of the Son“ des Belgiers Vincent Lannoo („Ordinary Man“) birgt einiges an Möglichkeiten. Für einen gelungenen Film per se wie für das immer förderliche Skandalpotenzial, wenn sich Religionen gehörig ans Bein gepinkelt fühlen, gerade, wenn diese Kritik nicht von ungefähr kommt und auf Tatsachen aufgebaut ist, die gerne unter den riesigen Teppich des Schweigens gekehrt werden.
Diesmal bekommt (mal wieder) die katholische Kirche gehörig ihr Fett weg, die liefern ja auch genug Angriffsfläche. Nicht nur durch ihre (ganz konventionell interpretierte) mittelalterliche Weltanschauung und ihr verkniffen-konservatives Wertesystem, das selbstverständlich als einzig echte Wahrheit gepredigt wird, sondern ganz spezielle durch die in den letzten Jahren mehrfach zu Tage getretenen Missbrauchsvorfällen. Um den ganz großen Aufschrei (stellvertretend für den Regisseur, denn den Glauben an sich verurteilt er nicht) etwas Wind aus den Segeln zu nehmen: Es geht hier um Einzelfälle, die pechschwarzen unter den zwanghaft perlweißen Schafen, deren Existenz jedoch lange nicht mehr nur ein Klischee oder ein ganz abnormales Einzelphänomen darstellt. Dieser gallige Angriff auf idealistisch verblendete, moralisch heuchlerische, schlicht und einfach kriminelle Machenschaften und deren verlogene, selbstgerechten Verschleierungstaktiken, der kann doch nur ein Schlag in die Fresse und ein Instant-Geheimtipp sein, oder? Ja, sollte man denken. Es scheitert sicher nicht am Vorhaben des auch formal sichtlich talentierten Regisseurs, deutlich an der inhaltlichen, sinnvollen Konsequenz, an der geraden Linie.
„In the Name of the Son“ wirkt oft planlos zusammengewürfelt und unentschlossen in seiner grundsätzlichen Ausrichtung. Es scheint als giftige, bissige Satire zu beginnen, auch wenn selbst das schon eher plump durch die Gegend holpert. Vater und Sohn beim Wochenendausflug ins radikale, christliche Einzelkämpfer-Camp, mit Bin-Laden-Zielscheiben, klingt in der Tat komischer, als es rüber kommt. Wenn man zumindest diese Schiene klar fahren würde, in 83 Minuten würden sich bestimmt genügend Treffer beim Rundumschlag finden, doch schnell wird das offensichtliche Problem des Films klar. Er hält nie die Spur. Ein Wechselbad von Emotionen und Stimmungen, die alle für sich genommen als Vorgehensweise und Interpretation der Grundidee funktionieren könnten, durch den Wolf gedreht nie homogen und dann stockend-deplatziert wirken. Plötzlich werden sehr ernste Töne angeschlagen, teilweise versinkt der Film in erdrückender Tristesse, will dann kurz wieder auf die Pauke hauen, nur um das Tempo und die Stimmung wieder gänzlich zu kippen, was total aus dem Ruder läuft. Ob man es nach einer Weile mit einer zynisch-bösartigen Lachnummer, einer schweren Tragödie oder einem radikalen Rachethriller zu tun hat, man ist sich nie sicher und offensichtlich war es sich auch Vincent Lannoo nicht, der quirlt munter alles zusammen. Genre-Crossover, gerne doch, aber die müssen dann halt funktionieren. „In the Name of the Son“ ist weder Fisch noch Fleisch, schlägt mit einer ungeschickten Treffsicherheit immer genau dann die falschen Töne an, wenn man sich irgendwie auf eine Richtung eingestellt hat. Aus solchen Mixturen wurden schon geniale Mischungen erschaffen, wenn man da aber den Wurm drin hat, kommt da halt so eine klumpige Pampe von irgendwas bei raus.
Rudimentär ist da einiges vorhanden, von der grundsätzlichen Intention, den guten Darstellern (Astrid Whettnall, „Yves Saint Laurent“ oder Philippe Nahon, „Menschenfeind“) bis zu vereinzelten Bruchstücken, aber das Gesamte funktioniert hinten und vorne nicht. Am Ende findet man sich in einem unterdurchschnittlichen Revenge-Thriller wieder, der in keine der unzählig anvisierten Richtungen die Ansprüche zufriedenstellend erfüllt. Hätte man sich lieber auf eine Sache konzentriert, das wäre wohl die weisere Wahl gewesen.
Fazit
Ein ganz unglücklicher komponierter Giftkübel, der in seiner Idee und griffigen Kritik natürlich nicht schlecht ist, sogar handwerklich vernünftig, doch das greift einfach nicht sinnig ineinander. Die Kunst solcher Filme sollte sein, eine klare, aussagekräftige Attacke zu starten und genau daran scheitert „In the Name of the Son“. Unsicher zwar nicht in seiner Intention, dafür in seiner Inszenierung, was fatale Folgen hat. Wie ein Döner mit Schoko-Soße. Beides für sich geil, aber zusammen, ohne die pfiffige, verbindende Genialität…lieber nicht.
Autor: Jacko Kunze