Inhalt
Mallory Kane (Gina Carano) ist eine perfekt ausgebildete Ex-Marine-Soldatin, die stets bis zur Perfektion jeden Job über die Bühne bringt. Will eine Regierung einen schmutzigen Auftrag erledigt wissen, wird Mallory gerufen: Präzise, schnell, verführerisch und absolut tödlich, geht sie dabei ihrem Geschäft nach. Gerade erst von einem Geheimauftrag in Barcelona zurück, bei dem sie einen chinesischen Journalisten befreien sollte, wird sie so schnell von ihrem Ex-Freund Kenneth (Ewan McGregor) und dessen Privatunternehmen wieder auf Mission geschickt. Dieses Mal soll Mallory sich als Frau des britischen Agenten Paul (Michael Fassbender) ausgeben, um so an dessen Kontaktperson Studer (Mathieu Kassovitz) heranzukommen. Doch der vermeintlich leichte Auftrag stellt sich als Falle heraus. Nicht nur, dass Mallory hierbei aus ihrem engsten Kreis verraten wurde, fortan wird sie auch quer durch Europa gejagt. Ihre einzige Möglichkeit ist es schließlich den Spieß umzudrehen – Aus Gejagter wird so unnachgiebige wie tödliche Jägerin …
Kritik
Steven Soderbergh ist mittlerweile ein kleines Phänomen. Während andere Regisseure stets ihrer Linie treu bleiben sowie niemals die Genres wechseln oder gerade nur Nuancen ändern, ist Soderbergh stets unglaublich wandelbar sowie flexibel geblieben. Egal ob hochbudgetierte Blockbuster für die breite Masse wie die Ocean’s-Reihe, humorvolles Kunstkino wie Der Informant! oder gar experimentelles Kino wie Bubble, der eigensinnige Filmemacher springt mit Leichtigkeit durch die verschiedenen Kategorien, immer sehr zur Freude seiner Fans. Der Oscar-Preisträger (Traffic – Die Macht des Kartells) pfeift einfach auf Konventionen und geht seinen eigenen Weg, wie er zuletzt mit den kühlen wie unaufgeregten Epidemie-Thriller Contagion bewies. So ist es daher auch kein Wunder, dass sein neuestes Werk Haywire ebenfalls ein für ihn fremdes Gebiet betritt. Mit einer Ex-Mixed-Martial-Arts-Fighterin ohne nennenswerte Schauspielerfahrung (Blood and Bone) als Hauptdarstellerin sowie einer unglaublich hochkarätigen Nebenbesetzung (unter anderem Channing Tatum, Michael Douglas, Antonio Banderas, Ewan McGregor und Michael Fassbender), erzählt Soderbergh einen gar schon kunstvollen Actionfilm mit stilsicherer Note, der gerade durch seine vielen Eigenheiten aufzufallen weiß. Denn die eigentliche Grundstory ist gar schon nebensächlich sowie altbekannt. Viel eher setzt der Actiontrip auf eine coole Protagonistin und eine gelungene realistische Hau-drauf-Mentalität, wie sie so zuletzt nur in Bourne zu sehen war.
Somit ist Haywire, anders als die üblichen Genre-Vertreter aktuell, eher bodenständig sowie gar schon ruhig gehalten. Zwar wird auch hier Action großgeschrieben, was besonders die vielen harten 1:1 Fights beweisen (die gerade durch Gina Carano zum Highlight werden) sowie eine atemberaubende Jagd durch Dublin, doch der Fokus liegt eher auf der stilsicheren Inszenierung. Soderbergh typisch, wird daher der Grundton kühl gehalten, was besonders der Spannung sowie dem Realismus zu Gute kommt. Was folgt sind 93 Minuten knallharte Action-Unterhaltung, die stets kurz aber präzise inszeniert wird sowie auf bekannten Konventionen verzichtet und eher eine kunstvolle Sprache spricht. Die eigentliche Story selbst, ist hierbei allerdings eher nur ein Gerüst: Spionage, Verschwörung, Verrat und typische Geheimdienst Dialoge sind eben nicht neu. Was aber gerade den Film so interessant macht, ist seine gewissenmaßen eingebaute Andersartigkeit. Dies fängt schon bei Gina Carano an, die vornehmlich die Sexy-Amazone mimt und ihren männlichen Kollegen gehörig den Hintern versohlt. Dies ist für die Mixed-Martial-Arts Expertin auch keine harte Aufgabe, wodurch gerade die vielen Kämpfe stets authentisch sowie unglaublich schmerzhaft wirken. Werden Fassbender, Tatum und Co. spektakulär durch die Luft katapultiert und gekonnt ausgeschaltet, wirkt dies um Längen härter als bei vergleichbaren Filmen wie Salt. Hier kämpft eben keine knochige Jolie gegen eine Armee, sondern eine Kämpferin mit passender Statur und Präsenz, weswegen allein deswegen der Film sehenswert wird.
Jedoch ist trotz der grandiosen Inszenierung, vor allem in der Wahl der Kameraperspektiven sowie der Farbgebung, Haywire keineswegs perfekt geworden. Währen bereits die Story einige Schwächen aufweist, ist dies auch bei der Erzählweise von Steven Soderbergh auszumachen. An einigen Stellen wird die Handlung zu zäh erzählt und auch kleinere Längen lassen sich nicht vermeiden. Erst Richtung Mitte hin, nimmt so der Spionage-Rache-Trip erst richtig Fahrt auf. Was mit Rückblenden, Off-Dialogen und vielen Schnitten gut gemeint ist, funktioniert daher erst zum Finale hin, wenn auch Antonio Banderas seinen gelungene Auftritt bekommt. Letztlich lebt der Film von Soderbergh aber nicht von seiner Story, sondern viel mehr von seinen verschiedenen Schauspielern. Allen voran natürlich Gina Carano, die in ihrem Leinwand-Debüt ein unglaubliches Meisterstück vollbringt. Kraftvoll, energisch, sexy sowie knallhart, spielt sie ihre vielen männlichen (Star)Kollegen mit Leichtigkeit an die Wand. Diese wiederum fristen deswegen ein klein wenig ein Schattendasein, trumpfen aber in den vielen kurzen Auftritten dennoch mit ihrem gekonnten Spiel auf. Besonders Fassbender kann sich so in nur wenigen Minuten profilieren, was indes auch Tatum gut gelingt. Und selbst Michael Douglas sowie Ewan McGregor treiben durch ihre ausgeklügelten Profile die Handlung voran.
Fazit
"Haywire" wirkt im ersten Augenblick wie ein Standard-Action-Trip, der eigentlich in der grauen Masse der Spionage-Thriller untergehen müsste. Durch die stilsichere wie regelrecht unterkühlte und daher realistische Inszenierung von Regisseur Steven Soderbergh, wird der Kampf von Agentin Mallory Kane jedoch eine kleine Perle, die man nicht verpassen sollte. Denn die coole Protagonistin weiß zu gefallen, kann hart austeilen und wird hoffentlich demnächst in noch mehr Filmen zu sehen sein. Wer auch abseits von Blockbustern das Genre gerne durchstreift, wird hier definitiv nichts falsch machen.
Autor: Thomas Repenning