Nein, so richtig zufrieden kann Warner mit dem kommerziellen Erfolg ihrer neuen Godzilla-Reihe nicht sein. Zwar war keiner der Film eine wirtschaftliche Vollkatastrophe, aber in der Studiozentrale hatten sich die Herren und Damen des Vorstands bestimmt schon ein wenig mehr von ihrer Hollywood-Variante der bekannten Riesenechse erhofft. Vor allem Godzilla 2: King of the Monsters blieb hinter den Erwartungen durchaus signifikant zurück. Blöd nur, dass während dieser Feststellung Godzilla vs. Kong, der vierte Teil ihres Monsterverse, bereits beschlossene Sache war. Genau dieser ist nun endlich erschienen (in den USA bereits im März, hierzulande am 1. Juli 2021), dieses Mal mit Adam Wingard auf dem Regiestuhl. Damit vertraut Warner bei ihrem neuen Godzilla-Filme erneut auf einen Auteur des modernen Genre-Kinos. Zuvor durften sich bereits Gareth Edwards (Godzilla), Jordan Vogt-Roberts (Kong: Skull Island) und Michael Dougherty (Godzilla 2: King of the Monsters) mit gigantischen Budgets ordentlich austoben, nun eben halt Wingard.
Dieser verscherzte es sich zwar ordentlich mit seiner Netflix-Produktion Death Note bei den Fans der Vorlage, aber mit A Horrible Way to Die oder The Guest etablierte er sich als eine Hoffnung des US-Genre-Kinos und stellte dabei seine Vorliebe für die exploitative Seite 1980er Jahre zur Schau. Nun ist Godzilla vs. Kong nicht gerade der Stoff, der sich für solch eine popkulturelle Verneigung eignen würden, aber tatsächlich gelingt es ihm kurz in einer visuell der stärksten Szenen dank Neonlichtern die große Gigantenprügelei eine erfrischend ungewohnte optische Patina zu verpassen. Dies ist dann auch quasi der Startschuss für den eigentlichen Grund, warum man sich diesen Film ansieht: Zwei unermesslich riesige Ungeheuer prügeln sich die Knochen krumm.
Bereits bei den Vorgängern war das Monströse die klare Hauptattraktion, aber vor allem King of the Monsters enttäuschte hier. Zum einen, weil die Kämpfe zwischen Godzilla und ihren Gegnern dank nächtlichem Setting und Dauerregen kaum auszumachen waren, zum anderen, weil der Film den Fehler machte, zu glauben, dass die menschlichen Protagonisten gleichwertig mit den Monstern wären. Dies gepaart mit einer gestreckten Erzählung und viel zu viel Exposition machte aus diesem König der Monster eine ziemliche Enttäuschung. Da ist es doch gut, dass Wingard versucht es besser zu machen.
Auch Godzilla vs. Kong sprudelt über vor lauter uninteressanten Figuren und Expositions-Blabla, aber das Ganze wird jetzt erzählerisch weitaus rascher abgehakt. Überhaupt wirkt dieser Beitrag der Reihe weitestgehend entschlackter und fokussierter, als sein direkter Vorgänger. Die Macher wissen, was sie und wir wollen: Bombast und epische Zerstörungsorgien. Genau das bekommen wir hier auch, allerdings erst nach einer gewissen Wartezeit. Knapp 40 Minuten dauert es, bis zum ersten Aufeinandertreffen der Titelfiguren, noch länger sogar, bis der Kampf wirklich Fahrt aufnimmt. Davor und dazwischen frönen Wingard und seine Drehbuchautoren der Fantasterei. Es gibt Momente, da wirkt Godzilla vs. Kong wie ein Sci-Fi-Film, ein anderes Mal wie ein Fantasy-Abenteuer. All das ist natürlich nur Mittel zum Zweck, damit das große Monstergekloppe endlich richtig beginnen kann.
Wenn es das tut, dann wird nicht gekleckert, dann wird ordentlich geklotzt. Mag sein, dass der große Kampf etwas kurz ist und es lässt sich nicht bestreiten, dass die ganze Geschichte drumherum absoluter Quatsch ist, aber es ist schön sowie ehrlich, dass erst gar nicht der Versuch unternommen wird, dies irgendwie zu verbergen. Godzilla vs. Kong will eben genau das sein: Humbug. Die politischen wie kulturellen Wurzeln des riesigen Schuppentiers spielen in dieser Hollywood-Version keinerlei Rolle mehr. Dieses Werk will Spaß machen, und zwar all jenen, die es unterhaltsam finden, wenn zwei Viecher, groß wie Hochhäuser, sich die Falten aus der Visage klatschen.
Tricktechnisch ist das formidabel gemacht und im Laufe der Handlung gibt es noch einige andere Monster (kleine wie große) zu entdecken, die immer wieder klarmachen, dass in dieser Welt viele Möglichkeiten stecken für weitere Ausflüge, bei denen weder Kong noch Godzilla zwingend eine Rolle spielen müssen. Nach dem Godzilla vs. Kong trotz Pandemie und HBO Max-Auswertung das Box Office eroberte, wurden bereits Pläne für einen weiteren Riesenaffen-Blockbuster gemacht: Son of Kong (mehr dazu hier).
Für eine Fortführung von Warners Monsteruniverse liefert Godzilla vs. Kong eine gute Orientierung für kommende Filmemacher*innen, die sich an dem Franchise versuchen. Vielleicht gelingt es ja ihnen dann einen wirklich zufriedenstellenden, massentauglichen Hollywood-Godzilla zu entfesseln. Godzilla vs. Kong steht leider noch zu eingeengt zwischen dem Willen brachiales sowie unwirklich großes Spektakel zu bieten und dem Versuch irgendwie daraus eine funktionierende Geschichte zu machen. Das Erstgenannte ist ihm gelungen (zumindest, wenn es dann mal losgeht), das Zweite bleibt auch weiterhin ein Sorgenkind. Deutlich wird dies u. a. auch daran, dass die beste Figur im Film kein Wissenschaftler, Soldat oder Zivilist ist, sondern Mega-Primat Kong. Aber im Vergleich zu früher es ist wirklich besser geworden. Neue Fans werden so aber nicht rekrutiert. Ob dies aber ein Ziel war…?
Klar ein Ziel von Warner war es aber, den Film auf Märkten ohne HBO Max in die Kinos zu bringen und dort gehört er auch hin. Allen Verfehlungen des Titels zum Trotz lässt sich dem Blockbuster eine glasklare Leinwand-Zugehörigkeit, attestieren. Egal ob die zwei Titanen nun aufeinander eindreschen, oder Bilder aus fremden Welten projiziert werden, Godzilla vs. Kong gehört ins Kino und zelebriert die Stärken des Filmtheaters eindrucksvoll und mit Begeisterung an Größe und Ausschweifung. Nach einer fast einjährigen Abstinenz vom Kino ist das Spektakel ein guter Start in eine (hoffentlich) Kinoreiche Zeit.
Lang lebe das Kino!