5.0

MB-Kritik

Freud - Jenseits des Glaubens 2024

Drama

5.0

Anthony Hopkins
Matthew Goode
Liv Lisa Fries
Jodi Balfour
Jeremy Northam
Orla Brady
George Andrew-Clarke
Rhys Mannion
Pádraic Delaney
Stephen Campbell Moore
Peter Warnock
Aidan McArdle
Tarek Bishara
Nina Kolomiitseva
Gary Buckley
Emmet Kirwan

Inhalt

In der Geschichte des Films lädt Freud den berühmten Autor C.S. Lewis ein, über die Existenz Gottes zu diskutieren. Und eine einzigartige Beziehung zu seiner Tochter und Lewis‘ unkonventionelle Beziehung zur Mutter seines besten Freundes.

Kritik

“As I walked through the wilderness of this world, I lighted on a certain place where was a den, and laid me down in that place to sleep; and as I slept, I dreamed a dream”, eröffnet Matt Browns dramaturgischen Dialog ein Zitat John Bunyans. Dessen Worte aus seinem um 1678 veröffentlichten The Pilgrim‘s Progress sind nicht nur ein erstaunlich treffender Prolog als akzentuiert akademistische Verbindungspunkt der prominenten Protagonisten, sondern pompöse Überhöhung der Publikumserfahrung.

Die Zuschauenden gehen in einen dunklen Raum, nehmen Platz und schlummern - es sei denn, sie weckt das Rascheln der Drehbuchseiten. Das basierte der Regisseur auf Mark St. Germains (The God Committee) gleichnamigem Bühnenstück, seinerseits eine Adaption Armand M. Nicholi Jr.sThe Question of God. Besagte Titelfrage ist Schwerpunkt der filmfüllenden Unterhaltung des greisen Sigmund Freud (Anthony Hopkins, One Life) und 42 Jahre jüngeren C.S. Lewis (Matthew Goode, Abigail) der ersten laut des Epilogs im Londoner Exil besucht haben könnte.

Der Anlass dafür bleibt so schwammig wie Persönlichkeit, Psychologie und Philosophie der Männer, deren Werk oberflächlich so gegensätzlich scheint wie ihre Überzeugungen. Freud war ein jüdisch erzogener, katholisch geprägter Atheist, Lewis vom Glauben abgefallen und übereifrig dazu zurückgekehrt. Denn bleibt beider theologische Debatte ein lebloses Rezitieren pseudophilosophischer Phrasen, dem einige biografische Brocken weder Dynamik verleihen, noch Authentizität. Beide erstickt die verschämte Verklärung der umstrittenen Ikonen. Die teilten gerade ihre unrühmlichen Ansichten, die bestenfalls vage durchschimmern.

Lewis rassistische Tendenzen werden nie erwähnt, seine puritanische Prüderie wird zu Sittlichkeit uminterpretiert und seine moralistische Heuchelei erscheint als Diskretion, die Rückblenden in seine Jugendjahre teilen. Freuds sexueller Fanatismus wird dialektisch verwässert und seine pathologisierende Perspektive auf Queerness implizit bestätigt. Das beiden Autoren gemeinsame herablassende Frauenbild personifiziert Liv Lisa Fries (In Liebe, Eure Hilde) Anna Freud. Der ganz durch ihren Vater definierten Figur wird ein pathologischer Papa-Komplex angedichtet, der unterstreicht, wie gestrig die patriarchalische Pop-Philosophie nicht nur auf medizinischem Gebiet ist.

Fazit

Indem Matt Brown jegliche problematische Facetten seiner fiktionalisierten Figuren negiert oder minimalisiert, beraubt er sein didaktisches Diptychon nicht nur seiner Relevanz, sondern Komplexität und Spannung. Das nicht nur konservative, sondern konservatorische Konversationsstück enthüllt seine spießige Scheinheiligkeit nicht nur in der Negation und impliziten Pathologisierung von Queerness, sondern dem Tilgen historischer Details, die nicht in den konformistischen Kanon passen. Inmitten dieser intellektualisierten Ignoranz bleiben auch die Darstellenden in den TV-Sets gleichenden Kulissen stets als solche erkennbar.

Autor: Lida Bach
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