1990 tauchte es erstmals im Bewegtbildformat in der fiktiven Stadt Derry auf und tyrannisierte die Einwohner, indem es ihre Kinder entführte und auf brutalste Weise ermordete. 27 Jahre später feierte es sein Comeback auf der großen Leinwand und drangsalierte den Losers Club auf teuflischste Art. Nun sind auch innerhalb der Diegese zwischen dem 2017 erschienenen Remake von Es und dem nun folgendem Sequel 27 Jahre vergangen. Die sieben Teenager des einstigen Losers Clubs sind mittlerweile erwachsen geworden und bis auf Mike (Isaiah Mustafa - Rags) sind alle aus der Stadt weggezogen, in der sie die schrecklichsten Dinge erfahren haben, die ein Kind nur erfahren kann. Doch als ein abartiger Mord in Derry verübt wird und am Tatort eine unverkennbare Botschaft für die Loser hinterlassen wird, fühlt sich Mike verpflichtet die alte Truppe zusammenzutrommeln und dem mordlustigen Clown ein für alle Mal das Licht auszuknipsen. Mit Es Kapitel 2 geht der Kampf gegen den Horror-Clown mit dem schelmischen Grinsen und dem gläsernen Blick nun in die finale, zweite Runde.
Ein permanentes Verdrängen der Erinnerungen, bis diese verblassen und schließlich in vollkommene Vergessenheit geraten. Das ist der Vorsatz der meisten Mitglieder des Losers Clubs gewesen, nachdem sie im Sommer 1989 Pennywise vorerst verjagen konnten. Die meisten haben dies auch erfolgreich geschafft. So ist Richie (Bill Hader - Barry) ein berühmter Stand-up-Comedian geworden, Ben (Jay Ryan - Lou) ist ein erfolgreicher Geschäftsmann und Bill (James McAvoy - Glass) nun ein renommierter Autor, der unter anderem auch für ein Filmstudio arbeitet, aber dem zugleich der Ruf nacheilt, er könne keine Enden schreiben. Altmeister Stephen King lässt grüßen. Doch als Mike die alten Clubmitglieder anruft und sie unter einem falschen Vorwand nach Derry lockt, kommen die Erinnerungen langsam wieder hoch, allerdings verblasst. Mike erinnert die Clique an ihren Blutschwur und das damit einhergehende Versprechen Pennywise zu bekämpfen, sofern er jemals wieder zurückkehrt. Doch stellt sich die Vorbereitung auf diesen finalen Kampf als Herausforderung heraus, da ein ausschlaggebendes Element fehlt: die Erinnerung.
Und mit dieser spielt die Erzählung von Es Kapitel 2 ständig. Immer wieder sieht das Publikum einen der Protagonisten und wie dieser sich in einem Moment der (wiederkehrenden) Erinnerung verliert. Das sind dann jene Momente, in denen die Darsteller, kurz durch die jeweiligen Jungschauspieler ausgewechselt werden und sich das Publikum an das erste Kapitel der Romanverfilmung aus dem Jahr 2017 zurückerinnert fühlt. Die Figuren beziehungsweise deren junge und alte Version, sind dabei sehr nah beieinander. Man kauft jedem der sieben Erwachsenen ab, dass sie die ältere Version einer der Teenies aus dem Vorgänger repräsentieren und fühlt sich als Zuschauer dabei wie bei einer Art Klassentreffen. Das Casting hat eine gute Arbeit geleistet und die Figurenkonstellation harmoniert wie im ersten Teil. Und auch wenn die Kids nun alle erwachsen sind, schwingen die Vibes eines Stand by Me, Die Goonies oder ähnlichen Coming-of-Age-Filmen wieder mit. Die gewohnten Stärken werden also nach wie vor eingesetzt.
Gleichzeitig kratzt diese Nähe oder gar Treue zur Kinderversion aber auch an der Authentizität manch eine Figur und lässt die Erwachsenen dann in manch einer Szene tatsächlich naiv oder gar dümmlich wirken. Wenn Bill etwa durch ein Spiegellabyrinth hetzt und zwei Mal im Sprint mit dem Gesicht gegen eine Scheibe scheppert, so müsste man denken, dass dieser erwachsene Mann daraus gelernt hat und beim nächsten Mal die Hände vor sich hält oder eine ähnliche Vorsichtsmaßnahme ergreift. Stattdessen knutscht er auch beim dritten Mal das Glas und macht dabei auf den Zuschauer den Eindruck, als hätte er das Erinnerungsvermögen einer Eintagsfliege. Momente wie diese lassen die Protagonisten dann wie Kinder im Körper eines Erwachsenen erscheinen.
Doch nun zum Eingemachten: dem Horror. Regisseur Andrés Muschietti (Mama) setzt dabei noch stärker als sein Vorgänger den Fokus auf das Gemeine und Brutale, statt auf Grusel. Pennywise fährt wieder seine gigantische Kauleiste mit den dutzenden Fangzähnen aus und beißt sich regelrecht durch die Landschaft. Hier ist der Streifen wenig zimperlich und versucht eben über diese Schiene zu schockieren. Meist gelingt dies auch, was aber besonders dem überragenden Sound Design zu verantworten ist. Die bedrohliche Soundkulisse wertet die teils mittelmäßigen Horror-Passagen auf und sorgt vor allem im Kino für ein schönes Gefühl der Beklemmung. Was auch zu dem Ekelfaktor beiträgt sind die Designs der Monster. Der Zuschauer wird zusammen mit den Protagonisten mit Viechern konfrontiert, die aus einer abermals abartigen Ideenschmiede kommen. Und auch bei den schaurigen Phantasiesequenzen gibt es einige visuelle Spielereien, die ein gewisses Maß an Kreativität beweisen. Auch, wenn die Effekte an manch eine Stelle etwas zu wünschen übriglassen.
Was den Horror-Faktor darüber hinaus ordentlich eindampft ist der Humor. Zwar gab es diesen auch schon im Vorgänger, doch bei Weitem nicht in solch einer Präsenz wie jetzt. Die Witze sind dabei keineswegs schlecht, ganz im Gegenteil. Besonders am Anfang bei der Reunion des Losers Clubs feuern die Mitglieder, allen voran Bill Hader als Richie, eine wahre Gagparade ab. Doch auch wenn der Humor gut ist, ist er an den meisten Stellen extrem unangebracht. Wenn Richie etwa im Endkampf gegen Pennywise, bei dem es im wahrsten Sinne des Wortes ums Eingemachte geht, einen flapsigen Kommentar von sich gibt, während ihm und allen anderen die Knie zittern, wirkt das absolut deplatziert und nimmt der Schaurigkeit eines Pennywise ordentlich den Wind aus den Segeln. Dadurch fühlt sich Es Kapitel 2 beinahe wie ein brutaler Comedy-Flick an.