Inhalt
In der Hoffnung erste praktische Erfahrungen in der Behandlung von psychisch kranken Menschen sammeln zu können, erreicht der frisch promovierte Arzt Edward Newgate (Jim Sturgess aus „Upside Down“) am Weihnachtsabend 1899 die abgelegene Irrenanstalt Stonehearst. Bereits nach wenigen Minuten in der weitläufigen Klinik, muss er jedoch erkennen, dass die Methoden von Anstaltsleiter Dr. Lamb (Ben „Gandhi“ Kingsley), ausgesprochen unkonventionell sind. Die Patienten - unter denen sich auch die ebenso hübsche wie mysteriöse Eliza Graves (Kate Beckinsale aus „Underworld“) befindet - können sich frei in dem Gebäude bewegen und werden sogar dazu angehalten ihren Wahnsinn auszuleben. Auch unheimliche Geräusche aus dem Keller des Gebäudes und der aggressiv auftretende Wildhüter Mickey Finn (David Thewlis aus „Harry Potter and the Prisoner of Azkaban“) verunsichern den jungen Arzt.
Kritik
Welcome to Edgar Allan Poe’s madhouse
Es ist wirklich bedauerlich, dass sich Regisseur Brad Anderson, vom visionären Schöpfer solcher Spannungshighlights wie „Session 9“ und „The Machinist“, im Laufe weniger Jahre im Innovationsvakuum Hollywoods, zu einem dermaßen durchschnittlichen B-Movie-Handwerker ohne erkennbaren eigenen Stil entwickeln konnte. Neben seiner Arbeit an diversen TV-Serien (wie zum Beispiel „Fringe“) tritt er seit 2004 nur noch als Regisseur von mittelmäßiger Spielfilm-Schonkost wie „Transsiberian“ oder „Vanishing on 7th Street“ in Erscheinung, die zwar nie auf der ganzen Linie enttäuscht, aber auch nicht allzu lange im Gedächtnis haften bleibt. Ähnlich verhält es sich auch mit seinem neuesten Werk „Stonehearst Asylum“, das im Oktober 2014 zwar einen US-Kinostart spendiert bekommen hat, in Deutschland jedoch via Universum Film (am 30.01.2015) direkt auf Blu-ray bzw. DVD erschienen ist.
Handwerklich ist die Gothic-Thriller-Romanze tadellos gelungen. Vor allem die tolle Atmosphäre des Oldschool-Gruselfilms überzeugt vom ersten Moment an und erinnert in ihren besten Momenten an die (frühen) Werke der altehrwürdigen Hammer-Pictures. Ein nebelverhangenes Gebäude im Nirgendwo, verwahrloste Verliese, schaurige (Folter-)Instrumente und eine überwiegend unheilversprechende Bildsprache, geben einen beängstigend authentischen Einblick in den Horror, dem Psychiatriepatienten Ende des 19. Jahrhunderts ausgesetzt waren. Neben der fantastischen Optik, wissen jedoch auch die ruhige Kameraführung von Thomas Yatsko („The Call“), die generell düstere Farbwahl und die gut gesetzten Schnitte zu begeistern.
Leider entsteht aus der Aneinanderreihung gelungener Aufnahmen und atmosphärischer Sequenzen nicht zwangsläufig ein spannender Mystery-Thriller. Dafür wird die durchaus interessante Grundstory - basierend auf der Kurzgeschichte The System of Doctor Tarr and Professor Fether von Edgar Allan Poe - viel zu langatmig und wenig innovativ auf Spielfilmlänge aufgeblasen. Neben einer halbgaren Liebesgeschichte, dienen vor allem etliche moralinsaure Dialoge als storytechnische Bremsklötze von „Stonehearst Asylum“. Besonders ärgerlich für Thriller-Fans ist die Tatsache, dass sowohl der Trailer als auch das Blu-ray-Cover und der Klappentext einen immanenten Spoiler beinhalten. Fairerweise muss an dieser Stelle jedoch hinzugefügt werden, dass Regisseur Brad Anderson eben diesen Plottwist nach gut 30 Minuten Laufzeit selbst verrät und damit eigenhändig jeglichen spannungstechnischen Wind aus den Segeln der Produktion nimmt. Der zweite besser vorbereitete - jedoch ebenso vorhersehbare - Twist, folgt erst gegen Ende der knapp zweistündigen Schauermär. Somit setzt sich ein Gutteil des Films, lediglich aus einem tadellosen Schauspiel in schöner Umgebung ohne einen Hauch von Spannung, zusammen.
Die (weitgehend unterforderte) Darstellerriege ist, wie bei Brad Anderson üblich - so viel muss man ihm zugestehen -, vorbildlich ausgewählt. Angeführt von einem famosen Ben Kingsley, der endlich wieder einmal in einer ernstzunehmenden Rolle zu sehen ist, wissen auch Michael Caine, David Thewlis, Jim Sturgess und vor allem die hinreißende Kate Beckinsale zu überzeugen. Trotzdem bleibt der bittere Nachgeschmack, dass sowohl in Bezug auf die Story als auch auf das Zusammenspiel der einzelnen Darsteller, das vorhandene Potential nicht zur Gänze ausgeschöpft wurde. Das wiederum spiegelt sich schlussendlich auch in dem inkonsequenten Genre-Potpourri-Endergebnis wider, das neben Mystery und Thriller, auch Drama, Horror und Kostümfilm unterzubringen versucht.
Fazit
„Stonehearst Asylum“ ist ein handwerklich tadelloser Oldschool-Mystery-Thriller, dem leider eine essentielle Zutat fehlt: Spannung. Die gut besetzte Poe-Adaption schleppt sich mit etlichen Längen zwei, wenig überraschende Stunden lang, durch eine stereotypische Handlung. Zu allem Überfluss beinhalten sowohl der Trailer als auch das Blu-ray-Cover und der Klappentext einen massiven Spoiler.
Autor: Christoph Uitz