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Quelle: themoviedb.org

Inhalt

Spanien im Mittelalter: Eleonore, die Frau des Burgherren Richard, kommt bei einem Unfall ums Leben. In tiefer Trauer heiratet Richard zwar umgehend eine neue Frau, Eleonore lässt ihn jedoch auch Jahre nach dem Unglück nicht los. Ein mysteriöser Fremder bietet ihm eines Tages an, seine Geliebte zurückbringen zu können, warnt aber gleichzeitig vor den Folgen, die Richard allerdings ignoriert...

Kritik

Der Sohn einer Legende zu sein ist schon schwer genug, in seine Fußstapfen zu treten beinah schon eine Bürde. Der gebürtige Spanier und spätere Kosmopolit Luis Buñuel (Belle de Jour – Schöne des Tages) zählt mit Recht zu einem der wichtigsten Filmemacher aller Zeiten, daran konnte sein Sohn Juan Luis Buñuel (La femme aux bottes rouges) niemals anknüpfen. Eleonore – Der gläserne Tod, basierend auf der Geschichte Lass die Toten ruhen des Berliner Schriftstellers Ernst Raupach aus dem 19. Jahrhunderts, dürfte dabei seine ambitionierteste Arbeit darstellen, was sich allein an der hochkarätigen Personalsituation ablesen lässt.

Vor der Kamera agieren mit Michel Piccoli (drehte vorher auch schon mehrfach mit „dem alten“ Buñuel, z.B. Der diskrete Charme der Bourgeoisie), Liv Ullmann (Persona) und Ornella Muti (Flash Gordon) große Stars des europäischen Kinos (in einer Nebenrolle ist auch schon die spätere, erste Pedro Almodóvar-Muse Carmen Maura zu sehen), aber auch audio-visuell wird hier einiges an Starpower geboten. Die Musik stammt von Ennio Morricone (was allerdings zum damaligen Zeitpunkt auf gefühlt jeden zweiten europäischen Film zutraf) und die Bilder stammen von Luciano Tovoli, der zwei Jahre später für die (alb)traumhaften Farb-Kompositionen von Dario Argento’s Suspiria verantwortlich war. Erzählt wird dabei eine klassische Tragödie mit Genre-Einschlag, die Assoziationen zu Werken von Goethe, Shakespeare , Edgar Allan Poe und sogar Alfred Hitchcock (das steckt so viel Rebecca drin) unweigerlich aufkommen lässt. Schauplatz ist Spanien im tiefsten Mittelalter, noch einige Jahre bevor mit Pest und Inquisition sich Tot und Leid über das ganze Land ausbreiten soll.

Der plötzliche Tod seiner innig geliebten Gemahlin Leonor (Liv Ullmann; die deutsche Fassung wie die Synchronisation titeln da einfach um) sorgt beim Burgherren Richard (Michel Piccoli) für tiefe Bestürzung. Trotzdem heiratet er umgehend die junge Catherine (Ornella Muti), noch bevor der Zement zu Leonor’s Gruft getrocknet ist. Sie gebärt ihm zwei Jungs und ist ihm in den folgenden zehn Jahren eine liebevolle Ehefrau, trotzdem verfolgen Richard die Gedanken an seine verschiedene Frau unnachgiebig. Immer wieder glaubt er sie zu sehen, was irgendwann zu einer krankhaften Obsession führt. Er hält Mahnwache an ihrer Grabesstelle, bis ihn ein Fremder anspricht. Er könne dafür sorgen, dass es „eine Brücke“ zwischen Leben und Tod geben könnte, was allerdings böse Folgen mit sich bringen würde. Richard schlägt diese Warnungen in den Wind und lässt sich sofort auf diesen teuflischen Pakt ein. Und tatsächlich erwacht Leonor umgehend zu neuem Leben. Doch der Preis dafür ist – wie angedroht – viel zu hoch.

Juan Luis Buñuel lässt sich verhältnismäßig viel Zeit, um zum eigentlichen Kern der Handlung zu kommen. Mehr als die Hälfte der Laufzeit ist bereits vergangen, bis er zum Hauptteil vordringt. Das erfordert etwas Geduld und wer sich aufgrund der Prämisse auf einen wirklich Genre-affinen Gothic-Horror einstellt, dürfte grundsätzlich von Eleonore - Der gläserne Tod enttäuscht sein. Ein Spektakel findet hier niemals statt, auch die Sets wie die allgemeine Bildsprache wirken oft eher nüchtern, beinah wie ein Fassbinder-Film in ungewohntem Setting. Das hat natürlich auch seinen Reiz, aber so was muss man definitiv mögen. Eine gewisse Sperrigkeit nimmt der Film dabei wohl sehr bewusst in Kauf. Nur selten, dann aber sehr effektiv, wird angeteasert, was die zweite Filmhälfte dann deutlicher anzubieten hat. Wenn Richards Cousin von seiner Reise nach Italien erzählt, in der der schwarze Tod bereits unnachgiebig wütet, und im Anschluss eine Nachtszene im Schloss andeutet, zu was für fantastischen, surrealen Licht- und Farbarrangements ein Luciano Tovoli im Stande ist. Diese spart sich der Film sehr bewusst auf, will nicht in eine gruselige Show abdriften, und wer das so annehmen kann, bekommt einen guten Eindruck von dem durchweg dezenten Vorhaben dieses Werks.

Wenn Richard seine Geliebte von den Toten erweckt, nimmt das Grauen unmittelbare Gestalt an. Nicht nur in der konkreten Person einer so selten gesehenen, Kinderopfer darbringenden Liv Ullmann, sondern gleichzeitig treten auch alle anderen Schreckensszenarien des Mittelalters plötzlich auf. Die Pest wütet nun auch in Spanien und panisch werden junge Frauen auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Als wenn der verzweifelte, trauernde Witwer nicht nur kurz die Pforte zum Jenseits aufgestoßen hat, sondern damit auch dem lange angedrohten Elend Tür und Tor geöffnet hätte. Es dauert etwas, aber irgendwann wird Eleonore - Der gläsernde Tod zu einer faszinierenden Melange aus (etwas zu theatralischen) Charakterdrama und Horrorfilm, die dabei im Endeffekt auch nicht unbedingt wahnsinnig subtil vorgeht, aber in seinem leicht experimentellen Auftreten in einer immer wieder gern gesehenen Nische stößt. Das wird nicht jedem gefallen, aber vermutlich war das auch nie das Anliegen.

Fazit

Das ist keine große Arthouse- oder Genrekunst, aber irgendwo dazwischen funktioniert dieser sichtlich ambitionierter Hybrid durchaus. Die Geschichte ist so klassisch wie effektiv, der Cast hervorragend und die Inszenierung hat eindeutige Höhepunkte, wobei das allgemeine Niveau diesbezüglich auch seine Schwächen hat. Ein insgesamt interessanter Film, was grundsätzlich schon mal die halbe Miete ist.

Kritik: Jacko Kunze

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