Inhalt
Dale „Hurricane“ Dixon ist der Sheriff der Kleinstadt Star City, Arkansas. Sein Dienst nach Vorschrift wird aufgerüttelt, als zwei FBI-Agents dort aufschlagen. Sie erwarten die Ankunft eines Trios aus L.A., die dort ein Blutbad im Dealer-Milieu angerichtet haben und mutmaßlich hier einen Zwischenstopp einlegen werden. Hurricane wittert seine Chance, endlich bei den großen Jungs mitzuspielen. Allerdings ist er auch persönlich in den Fall involviert…
Kritik
Weltberühmt wurde Billy Bob Thornton als Darsteller in Filmen wie Ein einfacher Plan, Armageddon – Das jüngste Gericht, The Man Who Wasn’t There oder Bad Santa. Den Grundstein für diese Karriere legte jedoch seine gelegentliche Tätigkeit als Drehbuchautor. Nach unbedeutenden Kleinsauftritten für weitestgehend in Vergessenheit geratenen Filmen war seine bis dato größere Rolle in Eine falsche Bewegung aus dem Jahr 1992, für den er auch erstmals das Skript verfasste. Trotz bescheidender Mittel mit durchaus durchschlagenden Erfolg: Finanziell kein großer Hit – um es mal vorsichtig auszudrücken – erntete der Independent-Streifen viel Lob von der Kritik und war der buchstäbliche Fuß in der Tür, den Thornton zu nutzen verstand.
Das Geschehen beginnt mit einem radikalen Gewaltakt. Der aufbrausende, offenkundig simpel gestrickte White-Trash-Schmierzopf Ray (Billy Bob Thornton) und sein weitaus gefährlichere, da hochintelligenter, aber berechnend-skrupelloser Kompagnon Pluto (Michael Beach, Beale Street) quälen, foltern und töten sechs Menschen für etwas Cash und Dope. Mit von der Partie ist auch Fantasia (Cynda Williams, Mo‘ Better Blues), Ray’s Freundin. Da Los Angeles nun ein heißes Pflaster ist macht sich das Trio auf in das Nest Star City in Arkansas. Dort stammt Fantasia her und Ray’s seniler Onkel lebt dort. Ein vermeidlich perfektes Versteck in der Provinz, um kurzfristig unterzutauchen. Allerdings werden sie schnell identifiziert und das FBI kann 1 & 1 zusammenzählen. Zwei Agents werden nach Star City entsannt, um sie gebührend zu empfangen. Für Dorf-Sheriff Dale „Hurricane“ Dixon (Bill Paxton, Titanic) das wohl aufregendste Ereignis seines beschaulichen Alltags zwischen immer wiederkehrenden Ehestreitigkeiten und Ordnungswidrigkeiten.
Zu gerne würde der hemdsärmelige Stern-Träger den Sprung zu den „echten“ Gesetzeshütern schaffen und sieht sich in der ehrfürchtigen Gastgeberrolle für die Idole aus der Metropole. Mehr noch: Er sieht sich als relevanter Teil des Teams. Voller Enthusiasmus ist er bei der Sache, bemerkt dabei erst spät und auf die harte Tour, dass die angehimmelten Kollegen ihn hinter vorgehaltener Hand nur auslachen. Ein herber Schlag in den Nacken. Ein Realitätscheck, der aber auch hilfreich ist. Den Kopf aus den Wolken gerissen wird das bisherige, laue Lüftchen nicht nur seinem Spitznamen Hurricane gerecht, sondern stellt sich auch endlich einer Verantwortung, die er viel zu lange ignoriert hat. Was die Sache doppelt prekär macht. Denn ihn und Fantasia verbindet eine gemeinsame Vergangenheit, die bisher ein gut gehütetes, aber nicht folgenloses Geheimnis beinhaltet, das nun unweigerlich wieder an die Oberfläche bricht.
Das Skript von Billy Bob Thornton ist vom reinen Ablauf sicherlich nicht sonderlich originell oder rasant, begrenzt man es auf seine Funktion als Thriller, Gangsterfilm oder Roadmovie, wie immer man es nennen mag. Viel wichtiger sind ihm eindeutig die involvierten Figuren und deren persönlichen Entwicklungen, die wiederum in einer stillen, unaufdringlichen Weise überlegt und detailliert in den Fokus des Interesses rücken. Hinter der grimmigen, knochen-trockenen Genre-Schale schlummert mehr eine sensible Fallstudie. Eine über Träume, Sehnsüchte und Hoffnungen, die mit der lange ausgeblendeten, harten Realität konfrontiert werden, wenn plötzlich die schützende Nussschale mit dem Vorschlaghammer geknackt wird. Die reduzierten, dafür pointieren Dialoge, die pessimistisch-melancholische Stimmung, die kompromisslosen Spitzen und vor allem der exzellente Bill Paxton sind die tragenden Säulen dieses kleinen, bescheidenen, aber effektiven Krimidramas. Kein großes Spektakel, umso besser beobachtet und mit einer fatalistischen Dramaturgie ausgestattet, die mehr Mut erfordert, als man vorschnell annehmen mag.
Fazit
Einer der ewigen Geheimtipps der 90er, der es nie über diesen Status hinausgeschafft hat. Bei „Eine falsche Bewegung“ verwundert es tatsächlich nicht, da dieser Film immer noch zu „unauffällig“ erscheint und daherkommt; mehr zwischen den Zeilen seine wahre Geschichte behutsam einschleicht. Billy Bob Thornton ist mit seinem Drehbuch-Debüt natürlich kein Meisterwerk gelungen. Für das was er ist dafür ein erstaunliches reifes, überlegtes Kleinod. Mit so vielen bemerkenswerten Details versehen, das die Summe seiner Teile am Ende den Kreis ziemlich rund macht.
Autor: Jacko Kunze