Egal, was Edward Davies Wood Jr., kurz Ed Wood, angeht, nichts möchte zu dem Erfolg avancieren, den er sich von den Projekten verspricht. Als kleines Licht in Hollywood erfüllt er vorerst Gelegenheitsarbeiten, inszeniert schließlich sein erstes Theaterstück über ein Duo amerikanischer Soldaten im zweiten Weltkrieg und wird dafür von der Kritik vernichtet. Seine später folgenden B-Movies Glen or Glenda, Die Rache des Würgers, Night of the Ghouls und ganz besonders Plan 9 aus dem Weltall erfuhren ein ähnliches Schicksal und genießen heute Kultstatus. Allerdings nur aus dem Grund, weil sie allesamt rigorose Zeugnisse künstlerischen Unvermögens sind. Ed Wood galt Zeit seines Schaffens als Stümper und hoffnungsloser Träumer, heute besitzt der Titel „schlechter Regisseur aller Zeiten“, der ihm seit den frühen 1980er Jahren anhängt, etwas Liebevoll-Anerkennendes.
Tim Burton (Sleepy Hollow) hat sich dem Leben dieses Mannes angenommen und verfolgt mit dem zweifach Oscar-prämierten Ed Wood die Jahre 1953 bis 1959, von Glen or Glenda bis Plan 9 aus dem Weltall, von Bauch- zu Bruchlandung. Den abgebrannten, alkoholsüchtigen Filmemacher, der am 10. Dezember 1978 im Alter von nur 54 Jahren auf der Couch eines Freundes an einem Herzinfarkt starb, bekommen wir nicht zu sehen. Müssen wir auch nicht, Burton nämlich möchte keine bittere Geschichte von gescheitertem Idealismus und seinen tragisch-vergeblichen Konsequenzen erzählen, sondern gibt sich dem unbeirrbaren Optimismus und der passionierten Leidenschaft zum Medium Kino hin, die die Person Ed Wood nicht nur ausgezeichnet hat, sondern heute als gar vorbildlich verstanden werden darf. Ein Film, gegen das Dunkel des Vergessens.
Ob Vincent, Frankenweenie, Pee-wees irre Abenteuer, Beetlejuice, Batman, Edward mit den Scherenhänden oder Batmans Rückkehr. Alle diese Filme werden durch jenes Leitmotiv zusammengehalten, welches auch Ed Wood antreiben sollte: Das Außenseitertum. In diesem Falle begleiten wir den 30-jährigen Protagonisten (Johnny Depp, Donnie Brasco) dabei, wie er seinen Traum leben möchte und sich dafür einem übermächtigen Gegner stellt: Dem Hollywoodsystem in einer Zeit, in der Filme gigantisch sein mussten und nicht mehr mythisch sein durften. In der große Namen und Profitorientierung den originären Visionen vorrangig waren. Eine Zeit, in der eine Stummfilm-Legende wie Dracula-Darsteller Bela Lugosi (Martin Landau, Verbrechen und andere Kleinigkeiten) keinerlei Bedeutung mehr besitzt. Er wurde ausgesiebt, erhält keine Angebote mehr und findet nur noch in Morphium und Demerol Rückhalt.
Ed Wood aber hat den allseits totgeglaubten Bela Lugosi und seinen sich bis in die Seele vordringenden Vampir-Blick nicht vergessen, wie könnte er auch; und als wäre es eine Fügung des Schicksals, kreuzen sich irgendwann die Wege der beiden Männer, um dem Biopic ein berührendes Zentrum zwischenmenschlicher Wertschätzung zu schenken. Was sich daraufhin entfesselt, ist nicht nur ein Denkmal für Ed Wood, sondern auch eine detailverliebte, ungemein empathische Ode an das Kino, welches unter der Ägide von Tim Burton eine gleichermaßen eskapistische wie therapeutische Wirkung zugesprochen bekommt. Nur in den Bildern, die auf die Leinwand projiziert werden, kann sich Ed Wood frei und lebendig fühlen und all den Menschen, die ihm etwas bedeuten, eine Chance geben, ein erfülltes Leben im Namen der Kunst zu führen.
Die Realität sah etwas anders aus, Ed Wood war ein furchtbarer Regisseur, dessen Karriere sich von Film zu Film als künstlerischer Überlebenskampf definierte, nicht zuletzt aus dem Grund, weil die von ihm gerne heraufbeschworene Kompromisslosigkeit ein anderes Wort für Inkompetenz gewesen ist. Seine unerschütterliche Fabulierleidenschaft aber besaß in ihrer Unerschrockenheit etwas ganz und gar Einmaliges - und Tim Burton erzählt von dieser aufopferungsvollen Hingabe mit Humor und Umsicht so zärtlich wie nie zuvor oder danach. Es ist zudem auch der große Auftritt des ohnehin begnadeten Martin Landau, der sich mit seiner Bela Lugosi-Performance endgültig unsterblich gemacht hat. Es zeugt von wahrer Klasse, wie es der vor zwei Jahren verstorbene Schauspieler hier vermag, Stolz, Sehnsucht, Fragilität und Angst oftmals im selben Moment freizulegen. Offenherzig und mitreißend, wie der gesamte Film.