Inhalt
Dichter Nebel liegt über London. Plötzlich unterbricht ein gurgelnder Schrei die Stille. Inspektor Larry Holt von Scotland Yard mag nicht mehr an einen Unfall glauben, als die Polizei nach einer Nebelnacht zum wiederholten Male einen Toten aus der Themse fischt. Bei den Opfern handelt es sich stets um wohlhabende Ausländer. Die Spur fürt in ein Blindenheim.
Kritik
Die toten Augen von London war der erste Film von Rialto nach deren Umzug von Frankfurt am Main nach Hamburg und gleichzeitig der erste, bei dem Horst Wendlandt mit an der Spitze der Produktionsfirma stand. Er sollte fortan das Geschehen entscheidend prägen und besonders hinter der bis dato schon sehr lukrativen Edgar Wallace-Reihe als treibende Kraft fungieren. Die fünfte Wallace-Adaption des Studios wurde die bis dahin erfolgreichste, obwohl man als Regisseur weder auf Harald Reinl (Der Frosch mit der Maske) noch Jürgen Roland (Der rote Kreis) zurückgreifen konnte, die sich eigentlich von Film zu Film abwechseln sollten. Stattdessen übernahm Alfred Vohrer den Posten, der in der Folge noch über ein Dutzend Teile der Reihe inszenieren sollte (u.a. Der Hexer).
Für den neuen, starken Mann Wendlandt erwies sich die Wahl des Regisseurs somit als wahrer Glücksgriff, ebenso wie der erstmals für Rialto aktive Klaus Kinski, der sein Wallace-Debüt jedoch schon vorher bei der Konkurrenz von Kurt-Ulrich-Film und Der Rächer gegeben hatte. Wie auch Alfred Vohrer sollte er ein unverzichtbarer, wenn auch stets umstrittener bis sogar gefürchteter Teil der Familie werden. Vohrer gelingt bei seinem Einstieg eine gelungene Harmonie aus den für die Reihe so relevanten Ingredienzen. Eine rasante und verworrene Krimihandlung mit etwas Humor, aber längts nicht so selbst-parodistischem Übereifer wie zuvor in Der grüne Bogenschütze. Dafür wird sich etwas deutlicher dem Gruselfilm angenähert, wenn der dichte Nebel Londons wieder einen grausamen Mord ankündigt und ein blinder Hüne wohlhabende Geschäftsmänner in der Themse versenkt. Der Österreicher Ady Berber (Im Stahlnetz des Dr. Mabuse) wirkt dabei wie die bedrohliche Version von Tor Johnson aus Plan 9 aus dem Weltall, nur mit mehr Kunstfell.
Ansonsten bleibt hier alles beim alt und gut Bewerten: Joachim Fuchsberger gibt zum dritten Mal den charmanten Schnüffler, der am Ende natürlich auch nicht umhin kommt, der bildhübschen Gehilfin (Karin Baal, Die Halbstarken) den Hof zu machen und Eddi Arent ist abermals als ulkiger Sidekick unterwegs, diesmal in der Rolle des strickendenden Co-Ermittlers. Besonders in seinen zahlreichen, besonders zwielichtigen und halbseidenen Schurkenfiguren und ihren markanten Darstellern hebt sich dieser Wallace ein Stückweit über den hauseigenen Durchschnitt ab. Selbstredend ist das auch diesmal wieder nicht mehr als ein dezent cheesiger Groschenroman-Krimi mit einem absurd überkonstruierten Plot, der in dem sich dessen allerdings sehr bewussten Rahmen absolut kompetent arrangiert ist. Da bleibt gar keine Zeit um sich an störenden Nickligkeiten hochzuziehen und ehrlich gesagt hat man darauf auch gar keine Lust. Viel zu amüsant und kurzweilig lässt sich auch diesmal die Zeit mit der einzigen, echten Konstanten im deutschen Genre-Kino totschlagen, die schon jetzt seine ewigen Wiederholungen längst als liebgewonnene Markenzeichen etabliert hat.
Fazit
Diese Mischung aus Verwirrspiel-Krimi, Gruselfilm und lockerem Augenzwinkern funktioniert auch im dichten Nebel: „Die toten Augen von London“ ist ein sehr schön inszenierter Teil der Edgar Wallace-Reihe mit einem hervorragend gewählten Ensemble. Erfindet natürlich das Rad nicht gerade neu und geht somit überhaupt keine Experimente ein, wo hingegen alle seine Vorgänger zumindest in Details irgendetwas Eigenes ausprobierten. Allerdings brachte er – besonders mit der Personalie Alfred Vohrer - so was wie Routine in die Serie, die sich in der Folge als äußerst erfolgreich bewahrheiten sollte. Ist ja auch nichts Schlechtes.
Autor: Jacko Kunze