Inhalt
Der Gauner Augusto und seine Komplizen Carlo und Roberto verdienen sich ihren Lebensunterhalt durch Betrug. Carlo wird immer öfter von Gewissensbissen geplagt, doch Augusto ist skrupellos. Dann wird er eines Tages vor den Augen seiner Tochter verhaftet. Als er wieder freigelassen wird, will er an seine alten Taten anschließen. Als sich herausstellt, dass sein nächstes Opfer ein gelähmtes Mädchen ist, bekommt Augusto Mitleid und will eine gute Tat vollbringen, doch die wird ihm zum Verhängnis.
Kritik
Augusto (Broderick Crawford, Harlequin), Carlo (Richard Basehart, Chatos Land) und Roberto (Franco Fabrizi, Tod in Venedig) sind drei Kleinganoven, die sich ihr Geld durch Diebstahl und Betrug verdienen. Der Zuschauer lernt sie in einer lockeren und nahezu humorvollen Stimmung kennen, in der sie sich als Geistliche verkleiden, um gutgläubige bäuerliche Christen zu betrügen. Was sich zu Beginn wie ein flotter Gangsterfilm anfühlen kann, entpuppt sich bald als ernst zunehmende Milieustudie, der es nicht nur gelingt, Gründe für die Verbrechen zu finden, sondern auch eine verständnisvolle Charakterentwicklung zu zeichnen. So ist er stetig auf der Suche nach den Ursachen, legitimiert deswegen jedoch nie das Verhalten der Protagonisten, sondern stellt es als ambivalent dar.
Bei ihren Diebstählen machen die drei Gauner vor nichts Halt und betrügen über die Lauflänge hinweg auch an Armut leidende Menschen. Man könnte ihnen jegliches Moralgefühl absprechen, würde sich nicht Carlo, der als Hobby-Maler von allen "Picasso" gerufen wird, so unwohl in seiner Haut fühlen. Er hat ein schlechtes Gewissen und schämt sich vor seiner Frau Iris (Giuletta Masina, La Strada), der er mehrmals verspricht endlich auszusteigen. Von Augusto, dem skrupellosesten von ihnen, wird er stattdessen nur verspottet. Dieser hinterfragt seine Taten erst, wenn er vor den Augen seiner Tochter Patrizia (Lorella De Luca, Blutspur im Park) festgenommen wird. Als er nach seiner Gefängnisstrafe in einen neuen Coup verwickelt wird, in dem er sich als Bischof getarnt mit einem religiösen und gelähmten Mädchen konfrontiert sieht, geht ihm das zu nahe und er beschließt, das Geld zurückzugeben, was ihm zum Verhängnis wird.
Frederico Fellini (Die Müßiggänger) möchte anhand von Augusto zeigen, dass sich auch hinter dem abgehalftertsten Ganoven ein Mensch mit einem Moralgefühl verbirgt. Dafür nutzt er recht einfache Mittel, indem er seinen Zugang zur Selbstreflexion emotionalisiert. Ihm wird die Tragweite seiner Handlung erst (und nur) durch seine eigene Tochter und durch ein Mädchen, mit dem er Mitleid hat und in das er seine Tochter hineindenken kann, bewusst. Sicherlich wäre es interessanter gewesen, ihn in einen grundsätzlichen Konflikt mit seinen Taten zu setzen. Jedoch braucht der Film das wackelige moralische Fundament, auf dem Augusto fußt, für sein brillantes Ende, bei dem sich der Zuschauer nicht sicher sein kann, ob er das Geld wirklich zurückgeben wollte.
Die Schwindler spielt immer wieder mit der Unwissenheit des Zuschauers, indem man besonders zu Beginn einer Szene nicht einordnen kann, ob die drei Ganoven wieder zuschlagen oder nicht. Gerade zum Abschluss des Filmes erscheint dieses Spiel reizvoll, da der Zuschauer selbst in einer Ambivalenz gefangen ist: Entweder glaubt er an das Gute in Augusto und vertraut auf seine Worte, oder er verurteilt ihn, so wie es seine Komparsen tun. Dann - und das zeigt der Film konsequenterweise - kann es keinen Ausweg aus der Misere geben, dann wird die Gesellschaft zur Unmöglichkeit und anstatt einer Resozialisierung bleibt man einsam und verlassen zurück.
Fazit
Mit "Die Schwindler" ist eine ausgezeichnete Milieu-Studie geglückt, die die Protagonisten nicht rehabilitiert, ihre Taten nicht legitimiert, aber Ursachen für sie sucht und findet. Einfühlsam begleitet er seine ambivalenten Charaktere bei der Suche nach einem Ausweg, den es vielleicht gar nicht zu finden gibt.
Autor: Maximilian Knade