Inhalt
Der Anthropologie-Student Markus beschäftigt sich in seinem Studium mit volkstümlichem Aberglauben und dem Poltergeist-Phänomen. Als sein Freund Lukas von einer entlegenen Burg hört, in der es spuken soll, will Markus die Chance nutzen, etwas Paranormales aufzuzeichnen - sie beschließen, eine Woche der bevorstehenden Ferien dort zu verbringen. Seine Freundin Rebecca wird erst eingeweiht, als die drei schon auf dem Weg sind. Die Studenten verschaffen sich unbefugt Zugang zu der düsteren Wasserburg und richten sich für die Nacht ein. Was am Anfang noch ein Spaß zu sein scheint, wird jedoch bald blutiger Ernst: Etwas Dämonisches scheint auf der Burg umzugehen, und die Ereignisse geraten außer Kontrolle. Der im Found-Footage Stil gedrehte Film zeigt die tödlichen Ereignisse der kommenden Tage und Nächte.
Kritik
Es spricht mal wieder für die schnelle Auffassungsgabe des deutschen Genrefilms, dass man 2014 – 15 Jahre nach „Blair Witch Project“ und nach gefühlt 28 Episoden von „Paranormal Activity“ – geschnallt hat, dass Found Footage ein total frisches und vor allem auch mit wenigen Mitteln realisierbares Konzept ist. Mit „Die Präsenz“ (großartig selbstbewusster Titelzusatz „Der deutsche Horrorfilm“) ist man mit nur knapp einem Jahrzehnt Verspätung auf die (hoffentlich) schon ausrollenden Zug aufgesprungen, Glückwunsch.
Also schnell noch den Hirnschmalz bzw. die eigene Filmsammlung angeworfen, ein paar Notizen gemacht und daraus das wahnsinnig aufregende wie einfallsreiche Skript um drei Studenten verfasst, die investigative Poltergeist-Ermittlungen auf Burg Schlotterstein durchführen wollen. Die drei Schauspieler und das gesamte Equipment in den Fiat Punto gestopft und ab dafür. Um einzigartiges Material in Sachen Schmokus-Pokus und Geisterbahnerei zu dokumentieren, verbringen der angehenden „PSI Factor“-Moderator Marcus, sein Kamera-Bro Lukas und die vorher gar nicht eingeweihte Liebste Rebecca (total geil, seiner Frau einen von „romantischen Urlaub“ zu erzählen und dann das aus dem Ärmel zu zaubern, Respekt!) einige Tage in einem in der Nähe gelegenen Spukschloss. Das ist so scary, dass in einem Radius von 50 km keine Menschenseele haust (mitten in Deutschland, is klar) und trotzdem das seit Jahren leerstehende Gemäuer immer noch mit Strom versorgt und offenbar von fleißigen Heinzelmännchen regelmäßig sauber gehalten wird. Top. Dann geht die wilde Fahrt ungebremst los. Man schmeißt die Kamera an, pimmelt so rum und denkt an nichts Böses, bis das volle Arsenal der Found-Footage-Konserve abgefeuert wird. Es knarren die Türen, es lärmt des Nachts, das Infrarotbild hat merkwürdige Aussetzer und dann schimmelt sogar das Brot wech. Klosterfrau Melissengeist bereithalten und vorsorglich ein paar Zeitungen auslegen, falls der Reizdarm das nicht mitmacht.
Leute, echt jetzt? Auf welchen Baum muss man die letzten Jahre verbracht haben, um sich vor diesem Drei-Menschen-drei-Räume-Gewackel ernsthaft in Angst oder zumindest leichte Anspannung versetzen zu lassen? Selbst damals haben Filme dieser Art eher durch ihr innovatives Konzept halbwegs überzeugt, heute ist das eiskalter Kaffee von Vorgestern. Wenn ein junger Regisseur – gerade in unserem Genre-freundlichen Förderwunderland – einfach nicht mehr Möglichkeiten hat als so was zu drehen, bitte schön, man kann sich ja was einfallen lassen. Letztlich könnte der Film statt aus Deutschland aber genauso gut aus den USA, Pakistan oder vom Nordpol stammen, er wäre dadurch kaum besser oder würde mehr Welpenschutz genießen. Keinesfalls soll das geringe Produktionsvolumen kritisiert werden (dafür ist das durchaus in Ordnung), vordergründig auch nicht das Stilmittel, es geht um die Ausnutzung dessen und die Frage, was kann ich – „Die Präsenz“ – anbieten, damit ich es wert wäre gesehen zu werden. Die Antwort bleibt aus. Alles, wirklich alles, hat gab es so oder so ähnlich (teilweise gar identisch) in zig Found-Footage- oder Haunted-House-Filmen zusehen, dazu fehlt es an Grundspannung.
Fazit
Atmosphärisch vielleicht bemüht, allerdings nicht effektiv, rein auf verpuffende Jumpscares bauend und von gnadenlosen Ideenmangel verflucht, wuselt statt gruselt sich das wackelige und mitunter mies vertonte Sedativum bis zu seinem Höhepunkt, der nicht nur absehbar sondern auch noch stark an die Hexenjagd aus den Wäldern von Blair angelehnt ist. Das kann man so heute einfach nicht mehr bringen, da muss mehr kommen, Low-Budget hin oder her. Warum der Film übrigens von der FSK ab 18 Jahren eingestuft wurde ist viel mysteriöser als das Ding an sich. Der 16jährige, der deshalb wegen unzumutbarer Grausamkeiten verstört aus dem Fenster springt, sollte wegen Lebensuntauglichkeit einen Asylantrag im Gummibärchenwald stellen.
Autor: Jacko Kunze