Inhalt
Eine grausame Mordserie stellt die Londoner Polizei vor ein Rätsel. Der sogenannte „Vampirmörder“ saugt seinen Opfern das gesamte Blut aus dem Körper. Die Undercover-Polizistin Sylvia führt die Polizei zu dem Mörder. (wikipedia.de)
Kritik
Vincent Price (Die Fliege), Peter Cushing (Frankensteins Fluch) und Christopher Lee (The Wicker Man). Mit dieser damals schon unheiligen Dreifaltigkeit des Horrorfilms bewarb die emsige Drive-In-Schmiede American International Pictures großspurig ihr neuestes Werk Scream and Scream Again, was sich mehr oder weniger als zumindest halber Etikettenschwindel herausstellte. Peter Cushing hat exakt eine und genau genommen völlig unbedeutenden Szene, Christopher Lee taucht geringfügig öfter auf und Vincent Price konnte seinen Part mit Sicherheit auch an einem Nachmittag abdrehen, ist dafür an einigen der besten Momente maßgeblich beteiligt. Immerhin. Das der Film trotzdem eine riesige Sause darstellt ist nicht genau in Kalkulation und Zufall aufzudröseln. Irgendwo zwischen ironisch-kreativen Mumpitz und dumm-dreisten Genre-Flickenteppich beheimatet, bei dem die zweite große Mogelpackung – der deutsche Filmtitel inklusive Synchro-Umtaufung – so gesehen wie die Faust aufs Auge passt.
Natürlich taucht in der Originalversion nie ein Dr. Mabuse auf. Mabuse (Vincent Price) heißt hier eigentlich Browning, aber da zieht der Django-Effekt: Statt einem beliebigen Spaghetti-Pistolero wird einem Mad Scientist mit im Idealfall „deutschen Tugenden“ der berühmte Name drangeklatscht. Darauf fällt sowieso niemand mehr rein, drollig ist das trotzdem irgendwie immer. Besagter „Mabuse“ (nennen wir ihn der Einfachheit halber in der Folge einfach so) spielt zudem lange überhaupt keine Rolle, so musste man Price nicht ungünstig lange beschäftigen. Die überwiegend amüsante Leistung der eigentlichen Hauptdarsteller, insbesondere der furztrockene Witz eines Alfred Marks (Die Peitsche), wirkt dadurch etwas zu wenig gewürdigt, dabei trägt er über weite Strecken eine bei aller Liebe komplett konfuse Mischung aus Sci-Fi-Dystopie, Verschwörungs/Spionagethriller, Serienmörder- und Horror-Nonsens, bei der man lange kaum ein Bein auf den Boden bekommt. Da werden zufälligen Opfern regelmäßig Gliedmaße amputiert (in seiner beiläufigen Präsentation tatsächlich ein fast sensationeller Runningag), ein obskures Militärregime mit Nazi-Dreizack-Verkehrsschild-Symbol herrscht mit eiserner Faust über ein nicht näher benanntes Land (?), ihr sich an die Spitze putschender Oberfolterknecht tötet durch Handauflegen, ein seltsamer Vampir-Serienkiller haut in Londons Swinging 60th Frauen zu klump und trinkt ihr Blut, am Ende springen alle in Säure und Dr. Mabuse oder so ähnlich handelt angeblich nur im Interesse der Menschheit. Alles klar? Nein? Gern geschehen.
- „Von seiner Hand wird nicht viel übrig bleiben.“
- „Von dem wird gar nichts übrig bleiben!“
Die lebenden Leichen des Dr. Mabuse ist herrlicher Exploitation-Schwachfug, der einen zunächst verwirrt im Regen stehen lässt und danach auch nur rudimentär mehr Sinn ergibt, dafür über einen enorm hohen Unterhaltungswert verfügt. Selbst so dreiste Taschenspielertricks wie eine Verfolgungsjagd völlig unnötig in die Länge zu ziehen, um so 7-8 wertvolle Minuten von der Uhr zu nehmen, haben einen unverschämten Charme. Hier werden so viele, maximal halbfertige Gedankenfetzten in den Pot geworfen und willkürlich miteinander verrührt, das Ergebnis gestaltet sich ungewöhnlich amüsant und gleichwohl haltlos ohne Punkt und Komma. Den Vogel schießt trotz seiner limitierten Screentime Vincent Price ab, was für sein unnachahmliches Talent wie die niemals arrogante Selbstwahrnehmung spricht. Er liefert exakt das, was dieser Film benötigt. Eine skurrile, durch und durch selbstironische Performance, weshalb praktisch jede Szene mit ihm eingerahmt gehört (- „Aber sein erstes Opfer gehörte zu ihrem Personal und nun scheint er zielstrebig hierhergekommen zu sein und sprang in die Säure.“ – „Ja, darüber habe ich mich auch sehr gewundert.“). Die Krone setzt dem Ganzen ein Finish auf, bei dem sich keinesfalls eindeutig sagen lässt, ob das Blödsinn, Parodie oder doch beinah apokalyptisch ist. Gerade weil das so undefiniert in der Mitte pendelt, ist es mindestens verdammt unterhaltsam.
Fazit
Hochgradig versponnener Exploitation-Nonsens, der oftmals wirkt wie eine Mischung aus Edgar Wallace und HAMMER auf Poppers. Konfus und durcheinander, dabei aber ungemein sympathisch, kurzweilig und am Ende eben ziemlich amüsant. Ein Unikum, für das man unter vorgehaltener Hand sehr gerne eine Empfehlung aussprechen möchte. Fühlen Sie sich jetzt angezwinkert.
Autor: Jacko Kunze