Stirb Langsam, der wahrscheinlich wichtigste und revolutionärste Meilenstein des modernen Actionthrillers, musste unweigerlich eine Fortsetzung nach sich ziehen. Ein schweres Erbe, schließlich konnte dem großen Durchbruch und der Etablierung von Hauptdarsteller Bruce Willis (Sin City) als coolsten Actionhelden des nächsten Jahrzehnts unter normalen Umständen nicht (bis nie) mehr das Wasser gereicht werden, geschweige denn sogar getoppt werden. Und wie zu erwarten: Beides gelingt dem Sequel natürlich nicht. Dafür hing die Latte bereits viel zu hoch. Die einzig lösbare Aufgabe schien es zu sein einen Film auf die Beine zu stellen, der dem Geist der Vorlage irgendwie treu bleibt, ihn aber nicht zwanghaft kopiert. Dem bewusst ist, dass er das vorher erreichte nicht überbieten kann, aber sich deshalb nicht der Beliebigkeit ergibt. Obwohl vielerorts Stirb Langsam 2 gerne kritisiert wird und besonders im direkten (aus eben erwähnten Gründen beinah unfairen) Vergleich mit der Ausnahmeerscheinung von John McTiernan (Predator): Diese Reifeprüfung meistert er mit Bravour und darf sich als eines der besten Sequels moderner Klassiker in diesen kleinen, elitären Kreis einreihen. Auch wenn er dort angeblich nicht wirklich etwas zu suchen hat…
„It’s okay, i’ve done this before.“
Wieder steht Weihnachten vor der Tür, aber für John McClane (Bruce Willis, damals eine Wucht an Charisma) gibt es erneut statt dem besinnlichen Fest der Liebe einen Kampf ums nackte Überleben. In erster Linie nicht mal sein eigenes, aber er riskiert es in ritterlicher Kamikaze-Manier, um das vieler Hilfloser zu bewahren. Eigentlich rein zufällig, weil immer zur falschen Zeit am falschen Ort, aber sonst bereits doppelter Witwer. Denn mal wieder ist neben seinem Gerechtigkeitstrieb besonders seine inzwischen ihm wieder deutlicher zugeneigte Gattin Holly (Bonnie Bedelia, Brennen muss Salem) der Antrieb für den ganzen undankbaren Scheiß, den er sich da zumutet. Sie schwebt – diesmal im wahrsten Sinne des Wortes – abermals in akuter Lebensgefahr, als abtrünnige Ex-Militärs den Flughafen von Washington quasi „hinter den Kulissen“ in Geiselhaft nehmen. Genau genommen kapern sie die gesamte Technik und machen für die während starken Schneegestöbers über dem Airport kreisenden Maschinen eine Landung unmöglich. Die von Colonel Stuart (William Sadler, Die Verurteilten) befehligten Söldner wollen die Freilassung des inhaftierten, südamerikanischen Diktators Esperanza (Franco Nero, Django) erpressen, dessen Gefangenentransport bereit zur Landung ist. Sollte dies nicht geschehen, werden alle anderen Flugzeuge in den Tod stürzen, entweder gezielt gesteuert, oder durch Treibstoffmangel.
„Man, i can’t fucking belive this…Another basement, another elevator…How could that same shit happen the same guy twice?!“
Die Uhr tickt und McClane ist mal wieder der Einzige, der bei dem ganzen Chaos nicht völlig den Durchblick verliert. Obwohl er dabei mehr instinktiv-spontan als wirklich taktisch-überlegt handelt, dafür ist die Zeit einfach zu knapp. Somit bleibt Stirb Langsam 2 trotz eines nun (logisch) viel weitläufigerem, aber richtig reizvollem Setting, dem Grundgedanken und der Stimmung seines genialen Vorgängers treu. Diesmal gibt es praktisch keine Exposition, noch schneller als zuvor wird man direkt ins Geschehen geschuppst. Einer der deutlichen Vorzüge dieses Sequels: Es kommt niemals zum Stillstand. Über 2 Stunden ist hier immer richtig was los und zumindest in Sachen von kompromissloser Härte ist man dem Original mindestens ebenbürtig. Diesmal darf die arme Sau McClane wenigstens die Schuhe anbehalten und es ist nicht mehr der komplett isolierte, verzweifelte Alleingang, aber genau in diesem Punkt musste man ja zwangsweise andere Wege gehen, was wäre sonst dabei herausgekommen? In seinem Gefühl, in seinem Stil ist es aber trotzdem immer noch wie damals, auch wenn sich die Rahmenbedingungen erweitert haben. Erstaunlicherweise trotz einem notgedrungen Regiewechsels, denn John McTiernan war aufgrund von Jagd auf Roter Oktober nicht verfügbar, was dem erst 31jährigen Finnen Renny Harlin nach seinem B-Horror-Einstand in den Staaten (Prison – Rückkehr aus der Hölle & Nightmare on Elm Street 4) einen richtig fetten Wurf ermöglichte.
Die beklemmende Enge und das Einzigartige seines Vorgängers lassen sich nicht mehr rekonstruieren, das wird auch gar nicht versucht. Dafür rockt Stirb Langsam 2 von der ersten bis zur letzten Minuten auf konstant hohem Niveau. Der Film findet immer wieder nette Aha-Anspielungen auf den Erstling, kreiert dennoch eine relativ neue Situation, erzählt sie trotzdem auf die gewohnte Art. Das klingt merkwürdig und ist weil es sich beim Ansehen komplett erschließt eigentlich erst so großartig. Beide Teile wirken wie aus einem Guss, obwohl sie es nicht sind und sich in vielen Punkten voneinander entfernen. Es sind die wesentlichen Elemente, in denen Renny Harlin’s Sternstunde exakt den richtigen Ton trifft. Aller Unkenrufe zu Trotz eine famoser Actionfilm, gekrönt von einem explosiven Finale mit dem blutverklebten Stehaufmännchen McClane. Ikonisch.