Inhalt
Anita Martinelli und Sarah Bedford verfolgen mit ihrer Frauenpartei große politische Ziele. Sie treten an für einen Systemwechsel, der Ökologie, Gleichstellung und Nachhaltigkeit in den Mittelpunkt rückt. Doch während des Wahlkampfes bricht ein neuartiges Virus aus, das ausschließlich Männer befällt. Die Symptome: sexuelle Raserei, Übergriffe auf Frauen und plötzlicher Tod der Infizierten im Zustand äußerster Erregung. Bald tobt ein neuer Krieg der Geschlechter.
Kritik
Deutschland, mitten im Wahlkampf. Eine konservative Partei grauer Anzug-Träger steht kurz vor der Wiederwahl. Der feministische Flügel der langjährigen Freundinnen Anita (Britta Hammelstein, Der Spatz im Kamin) und Sarah (Mavie Hörbiger, Ich und die anderen) wird als randalierende Randkraft belächelt. Da packt ein neuartiges Virus die Männer bei den Eiern, sprich: der Spermatogenes. Es folgen Lustrausch und Tod. Die Oppositionspolitikerinnen nutzen die Gunst der Stunde und ergreifen das Regierungs-Ruder, was Sarah ihren eigenen (Macht)Rausch verpasst. Die Gender-Hierarchie verkehrt sich, Männer drohen auszusterben.
Ihre und der Menschheit letzte Hoffnung ist das titelgebende Wissenschaftler-Team, darunter Anitas Partner Ralph (Yousef Sweid, Totenfreu), das in Isolation an einem Impfstoff forscht. Patriarchalische Paranoia oder deren postfeministische Parodie? Was davon ihre konfuse Komödie sein will, weiß Irene von Alberti (Der lange Sommer der Theorie) augenscheinlich selbst nicht. Eindeutiger war das bei dem geistigen Urheber des dystopischen Drehbuchs Robert Merle (Malevil). Seine 1974 erschienene Romanvorlage gleichen Titels vereint sexistische Schreckensvision mit der üblichen defensiven Dialektik, mit der herrschende Gruppen Unterdrückung rechtfertigen.
Jene apologetische Argumentation arbeitet von Albertis klamaukige Inszenierung mit systematischer Sorgfalt ab: Die Frauen kommen mit Macht nicht klar, waren längst gleichberechtigt und nutzen ihre neuen Privilegien genauso aus wie zuvor die Männer. Deren Solidarität fehlt den prototypischen Protagonistinnen allerdings, was zur fatalen Schwäche des monströsen Matriarchats wird. Noch fragwürdiger als die verkappte Verteidigung repressiver Strukturen sind die geschmacklosen Gags mit der immer gleichen Pointe: Frauen in vormaligen Männerdomänen drehen den Spieß jetzt um.
Fazit
Mit den Schauwerten einer Nachmittags-Soap und passend gestrigen Gesellschaftsbild adaptierte Irene von Alberti ein in seiner privilegierten Panik und reaktionären Radikalität bedrückend zeitaktuelle Werk. Von dessen Revision oder auch nur Reflexion ist die polemische Posse allerdings so weit entfernt wie einer unterhaltsamen Untersuchung misogyner Machtstrukturen und gender-spezifischer Gewalt. Beliebige Anspielungen auf Covid wirken in ihrer pseudo-provokativen Plakativität so bemüht wie das chargierende Schauspiel des orientierungslosen Ensembles. Der wortwörtlich altväterliche Abklatsch ist weder amüsant, noch interessant.
Autor: Lida Bach