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Florence Foster Jenkins gilt als die schlechteste Sängerin aller Zeiten. Dennoch macht dieselbsternannte Operndiva im New York der 1920er Jahre unaufhaltsam Karriere: In ausgefallenenKostümen und mit hemmungsloser Hingabe tritt sie vor einem stetig wachsenden Publikumauf - immer in dem Glauben, eine große Künstlerin zu sein. Sie veröffentlicht Schallplatten,wird von Fans verehrt und bricht 1944 mit ihrem legendären Auftritt in der Carnegie Hall alleVerkaufsrekorde.
Kritik
Lange bevor wir uns mit Hilfe von diversen Casting-Formaten über diejenigen lustig machen konnten (oder es sollten), die trotz eigener Überzeugung kein musikalisches und/oder gesangliches Talent besitzen, gab es bereits diese Faszination des Versagens innerhalb der Musik. Schiefe Töne waren schon immer gut dafür, neben Ohrenschmerzen auch ein Lachen zu evozieren. Dabei muss es sich nicht aber zwangsläufig um ein Auslachen handeln, auch wenn dies in den Tagen von Deutschland sucht den Superstar fast in Vergessenheit geraten ist.
Immer noch als Königin der Dissonanzen gilt die Amerikanerin Florence Foster Jenkins. Deren Stern geht im November 2016 in den deutschen Kinos gleich doppelt wieder auf. Zum einen durch diese Dokumentation, zum anderen durch das Biopic Florence Foster Jenkins von Stephen Frears mit Rebecca Ferguson, Meryl Streep, Hugh Grant und Simon Helberg, welche zwei Wochen nach der Doku in die hiesigen Lichtspielhäuser kommt. Vielleicht ein durchaus sinnvolles Double Feature? Leider nein. Die Doku und der Spielfilm erreichen beim Informationsgehalt der Persona Jenkins die gleiche Ebene. Lediglich das dass die Grand Dame des schiefen Gesangs ebenso wie ihr zweiter Gatte keine sexuelle Kostverächterin war, spart Regisseur Frears aus. Aber um diesen Film soll es hier nicht gehen, dennoch sei der Verweis auf unsere Kritik gestatet.
Regie bei Die Florence Foster Jenkins Story führte Ralf Pleger, ein Experte wenn es darum geht den Zuschauern Musikschaffende jeglicher Coleur näher zu bringen. Hier mixt er Doku-typische Talking Heads mit Spielszenen, in denen die gefeierte Opernsängerin Joyce DiDonato Miss Jenkins verkörpert. Dieser Cocktail wirkt nicht wie aus einem Guss, bietet dafür mit seinem flamboyanten Charakter aber durchaus andere Reize, denn die Exzentrik der Florence Foster Jenkins wird so in den Spielsequenzen durchaus spürbar und wirkt in einigen Momente künstlerisch durchaus engagiert und kraftvoll. Dennoch sind es letztlich doch nur Wiederholungen, denn die Aussagen haben wir als Zuschauer ja schon vorher erhalten. Das verursacht des Öfteren, dass Plegers Film etwas zäh wirkt.
Trotz allem bleibt die Geschichte der Florence Foster Jenkins auch in diesem filmischen Format interessant und spannend und der Doku gelingt es wesentlich besser, als dem Spielfilm, zu verdeutlichen welche starke Persönlichkeit diese Dame war, die sich gegen diverse Widrigkeiten der damaligen Zeeit zur Wehr setzte und dies mit einer scheinbaren Nonchalance, die anderen gewiss einiges abverlangen würde. Viellicht sollte man die Schutzpatronin des schlechten Gesangs nicht nur auf ihre Talentlosigkeit und den Auftritt in der Carnegie Hall begrenzen. Diese Doku macht dies klar, genau wie das Konkurrenzprodukt, was zwei Wochen nach Die Florence Foster Jenkins Story in die deutschen Kinos kommt.
Fazit
Kurz vorm Start des grandios besetzten „Florence Foster Jenkins“ kommt diese künstlerisch teils hochwertige Doku in unsere Kinos. Wer sich für die Thematik und natürlich vor allem für Miss Jenkins interessiert, sollte einen Blick riskieren. Alle anderen könnten mit dem Spielfilm vielleicht besser aufgehoben sein, da dieser, trotz einer längeren Laufzeit, wesentlich flotter erzählt und nicht so viskos ist, dabei aber fast den selben Informationsgehalt bietet.
Autor: Sebastian Groß