„Es ist alles nur eine Frage der Brücken.“
Im September 1944 stehen die Alliierten kurz vor dem Durchbrechen der letzten deutschen Verteidigungslinie. Über die Niederlande soll das Ruhrgebiet erreicht und somit das industrielle Herz des Dritten Reiches lahm gelegt werden. Übermütig und von dem internen Wettstreit mit General Patton angestachelt, befielt Feldmarschall Montgomery mit der Operation „Market Garden“ eine angeblich kinderleichte Großoffensive, um die strategisch wichtigen Brücken auf dem Weg nach Deutschland innerhalb von nur zwei Tagen einzunehmen. Trotz schlechter geographischer Bedingungen, mangelhafter Funkverbindung und einer nur schlampig ausgeführten Aufklärung ist der britische Befehlshaber Lt. Gen. Browning (Dirk Bogarde, Der Diener) in seiner Arroganz so überzeugt und siegessicher, dass er alle kurz angedachten Bedenken selbstgerecht als lächerlich von sich weist. Es kommt, wie es kommen muss: Trotz eines wahnsinnigen Maschinerie-Aufgebots und zahlenmäßiger Überlegenheit beißen sich die Streifkräfte an der letzten Reserve eines einfach viel besser positionierten Gegners die Zähne aus, müssen massive Verluste hinnehmen und sorgen für den letzten Triumph der Wehrmacht, bevor deren endgültige Niederlage nicht mehr abzuwinden war.
Bei seiner gerade mal dritten Regiearbeit durfte sich der spätere Oscargewinner Sir Richard Attenborough (Gandhi) gleich bei einer der größten Produktionen der 70er Jahre beweisen. Gemessen an heutigen Standards erscheint das Budget von rund 22 Millionen Dollar beinah wie Peanuts, damals ein hochriskantes, gar waghalsiges Projekt, das bei Scheitern etliche Arbeitsplätze, Karrieren oder auch das Privatvermögen von Produzent Joseph E. Levine wohl nahezu pulverisiert hätte. Dem war nicht so, der Film wurde ein respektabler Erfolg und es scheint aus heutiger Sicht praktisch unglaublich, wie sich mit „nur“ 22 Millionen Dollar eine so gewaltige, fast obszöne Material- und Personalschlacht auf die Beine stellen ließ. Bis in kleinste Rollen gespickt mit internationalen Stars, von denen einige kaum richtig zur Geltung kommen können (Liv Ullmann, Persona, hat kaum Screentime, aber wahrscheinlich dafür mehr verdient als bei drei Bergmans zusammen, sei ihr gegönnt) und von der technischen Inszenierung sicher an der Grenze des damals Machbaren weiß Die Brücke von Arnheim damit immer noch zu beeindrucken.
Richard Attenborough lässt keine sich bietende Gelegenheit ungenutzt, um seine Szenen bis ans Maximum von Präsentation und Wirkung auszureizen, was einige wirklich umwerfende Einstellungen mit sich bringt („Tontaubenschießen“ auf zum Kanonenfutter geworden Fallschirmtruppen). Das ist Ausstattungskino, welches in seinem Größenwahn schon fast an Ben Hur oder Lawrence von Arabien erinnert, wenn auch nicht ganz auf diesem einzigartigen Niveau. Für diese Show gebührt dem Regisseur Respekt, aber ebenso für die fast schwierigere Aufgabe, die zahlreichen Handlungsstränge samt der überfüllten Besetzungscouch in einen funktionellen Plot zu verwandeln. Die drei Stunden Laufzeit müssen wirklich bis zur letzten Minute ausgereizt werden und meistens gelingt es Attenborough bemerkenswert gut, die Narration nicht zum Erliegen zu bringen, Tempo und Übersicht stets aufrecht zu erhalten. Vermutlich die größte Hürde dieses Films, da lässt sich ihm wenig vorwerfen, daran sind schon ganz andere, deutlich schlichter gestrickte Produktionen heftig gescheitert.
Diesem Überschuss an praktisch allem ist es selbstverständlich dann doch geschuldet, dass nicht alle Sideplots ausführlich behandelt werden und für das Gesamte mitunter fast überflüssig erscheinen (wie der von James Caan,Der Pate) oder sehr knapp gehalten werden müssen (Ullmann und Laurence Olivier, Rebecca). Mit Ausnahme von Sean Connery (Jagd auf Roter Oktober), Anthony Hopkins (Das Schweigen der Lämmer) und Maximilian Schell (Steiner – Das Eiserne Kreuz) ist nahezu jedes bekannte und gern gesehenes Charakter-Gesicht zu kurz gehalten, auch 176 Minuten sind halt mal vorbei. Das liegt in der Natur der Sache und ist letztlich auch nicht tragisch, etwas störender ist das überflüssig eingestreute Pathos, das jedoch für so eine Produktion noch überraschend angenehm gedrosselt ist, was schlimmer zu befürchten. John Addison’s Sieger-Paraden Score wirkt unangebracht und natürlich werden sich einzelne, tapfere Heldenfiguren als moralische Stützen errichtet, allerdings spart der Film auch nicht mit Kritik am überstürzten Vorgehen der Alliierten, blindem, militärischem Befehlsgehorsam und lässt sogar den Deutschen ein Stück Restmenschlichkeit, was für eine Hollywood-Produktion nicht selbstverständlich ist.