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Quelle: themoviedb.org

Inhalt

Die vier Kinder eines wohlhabenden, im Filmgeschäft tätigen französischen Ehepaars verbringen den Sommer ohne die Eltern in ihrer Villa am Meer, da diese mit Dreharbeiten im Ausland beschäftigt sind. Die spanische Haushälterin Adelita übernimmt ihre Beaufsichtigung, wird von den Kindern aber nicht ernst genommen. Bei einem durch die Kinder verursachten Badeunfall ertrinkt Adelita. Die Kids wollen das Geschehene vertuschen, leben nun allein in dem luxuriösen Anwesen und erfinden immer flüchtige Ausreden für die Abwesenheit des Kindermädchens, falls jemand mal zufällig vorbeischaut. Doch ein mysteriöser Rumtreiber hat die Tat beobachtet…

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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Alain Delon (Lautlos wie die Nacht) spielte in seiner Karriere oft genug den niederträchtigen Schurken oder eiskalten Gangster, erhielt sich dabei jedoch meistens eine optische Makellosigkeit und Eleganz, die ihn wenn zum Teufel mit dem Engelsgesicht machte. Vielleicht interessierte ihn auch deshalb so sehr die Adaption des US-amerikanischen Romans The Children Are Watching, dass er als Produzent die treibende Kraft hinter dem Projekt bildete und natürlich auch die Rolle des unheimlichen, namenlosen Fremden übernahm. So abgerissen und schon visuell räudig hat man den schönen Alain selten gesehen, auch wenn seine Rolle gar nicht mal so groß ist, wie sich im ersten Moment annehmen ließe.

Dies liegt zum großen Teil daran, dass der Film von Regisseur und Co-Autor Serge Leroy (La traque) nicht primär der zu vermutende Home-Invasion-Psychothriller ist, den diverse Inhaltsangaben verlauten lassen. Alain Delon’s Figur eines abgebrannten Herumtreibers, der durch Zufall Zeuge eines tragischen Unglücksfalls wird und die Verursacher später dafür mit seinem Wissen in der Hand hat, spielt hier nicht die erste Geige. Es sind die vier Schuldigen einer Fahrlässigkeit mit Todesfolge, die statt sich ihrer Verantwortung zu stellen das Geschehene versuchen zu vertuschen. Besonders pikant dabei: Es handelt sich dabei um Kinder im Alter zwischen 5 und 13 Jahren. Nachdem sie durch Unvernunft das von ihnen schikanierten Kindermädchen ertrinken ließen, kehren sie in die heimische Villa zurück und versuchen das Verschwinden der aktuell einzigen Aufsichtsperson durch Notlügen kurzfristig zu erklären. Dies gelingt, da sich niemand wirklich um die Kinder kümmert. Sie scheinen ja alles zu haben. Ein prunkvolles Anwesen, einen gut gefüllten Kühlschrank, reichlich Luxusgüter zur Unterhaltung und so lange man nach zwei Minuten Stippvisite keine gravierenden Mängel feststellt, sind die von den beruflich abwesenden Eltern instruierten Erwachsenen auch sofort wieder verschwunden. Da scheint das Einhalten der Diät des etwas rundlichen "Boule" die größte Sorge zu sein. 

Die erste Hälfte des Films wirkt trotz des grausamen Unglücks beinah unbeschwert, was ihn gerade deshalb paradox verstörend gestaltet. Die Kinder haben jemanden – wenn auch nicht absichtlich – umgebracht, echte Gewissensbisse stellen sich jedoch nicht ein. Vielmehr ist es die Angst, erwischt und bestraft zu werden. Ansonsten genießen sie die neugewonnene Freiheit und sind der Meinung, wenn sie nur bis zur Rückkehr der Eltern das Verschwinden der Nanny halbwegs plausibel erklären können, ist alles gut und vergessen. Der Plan gerät erst wirklich ins Wanken, als Delon nach einer ganzen Weile nur sporadischer Präsenz im Hintergrund endlich aktiv ins Geschehen eingreift. Dafür dann ziemlich eindrucksvoll. In Auftreten und Verhalten erinnert er leicht an Max Cady aus Ein Köder für die Bestie bzw. Kap der Angst, wenn auch nicht ganz so kompromisslos. Dennoch ist der nun doch kurzzeitig stattfindende Home-Invasion-Part allein durch seine Performance teilweise ziemlich intensives Spannungskino, dass die eigentliche Intention des Werks vielleicht etwas überblenden mag, jedoch nie aus dem Auge verliert. Am Ende kann nämlich jetzt schon kein sauberes Happy End mehr stehen, zu ambivalent ist alles bisher Geschehene und die Frage bleibt nicht nur, ob die Kinder vor dem Eindringling, sondern in erster Linie vor ihrem eigenen, moralischen Niedergang gerettet werden können.

Als Psychothriller kann Der unheimliche Fremde daher nicht über einen immerhin sehr soliden Standard hinwegkommen, als giftige Sozialkritik besitzt er aber durchaus einiges an Qualität. Er schildert seine kindlichen Protagonisten nicht etwa als bewusst böse oder gemein, sondern in ihrer Sozialisierung erschreckend sich selbst überlassen. In einem goldenen Käfig, mit elterlicher Liebe über Videobotschaften, erhalten sie die Erziehung nur durch wechselnde, desinteressierte (Nicht)Bezugspersonen und den Fernseher, dessen Informationen sie ungefiltert und unreflektiert in die Realität übertragen. Deshalb ist „totgehen“ auch nicht so schlimm, kennt man ja und wie man damit umgeht auch. Das steckt viel Wahres drin, eine tiefgründige, differenzierte Auseinandersetzung mit dem Thema findet man anderswo aber sicherlich noch deutlich besser. In seiner Themen-Kombination damit nicht optimal zusammengefasst. Unterhaltsam, auch von den Kindern toll gespielt und immer mal wieder gelungen interpretiert aber auf alle Fälle.

Fazit

„Der unheimliche Fremde“ bietet einen wahrlich unheimlichen Alain Delon auf, der sich aber erst im letzten Akt wirklich austoben darf. Die Bühne gehört den nicht weniger unheimlich-verwahrlosten Kindern, die zwar materiell alles besitzen und untereinander sozial wie loyal agieren, für die jede empathische Interaktion mit anderen Menschen aber unerforschtes Neuland darstellt, das man nur von der Mattscheibe kennt. Besitzt noch Luft nach oben, wirkungsvoll in seinem Anliegen aber unbestreitbar.

Kritik: Jacko Kunze

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