Inhalt
Ein Sportlehrer wird in der Halle abgestochen, seine Familie zu Hause ist ebenfalls tot. Nur der Sohn überlebt schwer verletzt. Um diesen zu befragen, benötigt Kommissar Joona Linna (Tobias Zilliacus) allerdings die Hilfe des Hypnotiseurs Erik (Mikael Persbrandt). Doch der anfängliche Erfolg stellt sich schnell als Beginn eines weitaus größeren Unternehmens heraus, bei welchem es gilt, den Sohn zu schützen und den Täter zu finden. Doch das Vorhaben des Hypnotiseurs verbleibt nicht nur auf beruflicher Ebene und so muss Erik zudem darum kämpfen, seine eigene Familie zu schützen...
Kritik
Manche Regisseure sind in Bezug auf ihre Werke und zukünftigen Projekte sehr durchschaubar – Lasse Hallström ist es nicht. Der schwedische Regisseur scheint zu machen, worauf er Lust hat. Vernünftig, meinen die, die ihn akzeptieren. Schwierig, die, die seine Werke kennen. Und ein Kopfschütteln verursacht es bei jenen, die seine letzten Werke gesehen haben. Hallström inszeniert oft romantische Filme. Es geht um Schokolade, um Hunde, um Fische und zunehmend auch um Nicholas Sparks. Verwunderlich bei einem Regisseur, der doch so groß angefangen hat, als er – nach einer Übungsphase, in der er ABBAs Musikvideos gestaltete - „Gilbert Grape – Irgendwo in Iowa“, sowie „Gottes Werk und Teufels Beitrag“ schuf. Nach vielen US-amerikanischen Beiträgen kehrt er mit „Der Hypnotiseur“ ausgerechnet für einen Thriller zurück in sein Heimatland.
Skandinavische Thriller sind seit Stieg Larsson der Renner. In den zumeist spärlich besiedelten, kalten Regionen lassen sich gut Verbrechen platzieren. Da dauerte es nicht lange, bis weitere Romane und Autoren aus dem Boden sprießten, jene Geschichten verfilmt wurden oder sogar Hollywood an Adaptionen werkelte. Diese Kriminalgeschichten spielen nicht selten mit der kalten Art, welche der Landschaft und oft, so wollen es die Romane vermitteln, auch den Leuten inhärent ist, und machen sich dadurch spezifisch und einzigartig. Doch vergessen einige Autoren, dass dann immer noch eine vernünftige und vor allem plausible Geschichte von Nöten ist, um den Kriminalinstinkt und den Thrill beim Zuschauer/Leser zu evozieren. Jener Fakt bleibt leider auch in Lasse Hallströms Verfilmung des gleichnamigen Romans „Der Hypnotiseur“ auf der Strecke und vermischt sich mit Enttäuschung.
Dabei beginnt der Thriller so vielversprechend: nach den grauenvollen Abschlachtung einer ganzen Familie, bei welcher nur der Sohn schwerverletzt überlebt, bleibt die Frage, wer es getan hat. Kommissar Joona Linna (Tobias Zilliacus) wirft sich mit Eifer in den Fall, stößt bald an seine Grenzen und wendet sich daher an den Hypnotiseur Erik (Mikael Persbrandt) – damit wäre dann auch schnell der Titel etabliert. Denn „schnell“ geht es tatsächlich vonstatten: eben jene Grenzen, die der Kommissar erreicht, erscheinen schon nach der ersten Viertelstunde. Der Hypnotiseur probiert sich, erringt ein Teilerfolg und hat fortan mit anderen Problemen zu kämpfen – ein Fakt, der dann fast die Hälfte der nächsten Spielfilmzeit beansprucht, ehe sich wieder dem Hauptproblem zugewandt wird. Dennoch bleibt die Frage und das Whodunit-Thema aufrecht erhalten. Dieser Fakt hält auch den Zuschauer vor dem Bildschirm. Man grübelt mit, vorverurteilt, wird eines Besseren belehrt und bleibt trotzdem am Ball.
Bis schon nach knapp der Hälfte der Spielzeit, die Auflösung angegangen wird. Die Ermittlungen verstricken sich zwar immer wieder und vorhersehbar bleibt nichts, doch die berühmte Kälte der Schwedenkrimis wirkt sich zu stark auf das Filmkonzept aus. Sämtliche Figuren und ihre kleinen Probleme (denn jede Figur hat ein Problem!) werden gezeigt, oberflächlich behandelt und sollen dem Zuschauer das ein oder andere Mal als Legitimation für gewisse Handlungen vorgesetzt werden. Dass dies nicht funktioniert, wird schnell deutlich, denn etwaige Diskrepanzen ziehen unbekümmert am Zuschauer vorbei. Zudem ist der Deus ex Machina des Falls zu weit vom Möglichen weg, als dass der Zuschauer eine Chance auf des Rätsels Lösung gehabt hätte. Dies enttäuscht und macht den Showdown nicht nur zum Laufzeitstrecker, sondern auch zeitgleich zum Stimmungskiller. Ende gut, alles gut – in diesem Fall leider ja.
Fazit
„Der Hypnotiseur“ erfüllt für Hardcore-Fans skandinavischer Kost seinen Zweck. Für Zuschauer mit Freude am Mitfiebern eher weniger, denn zu abstrus und wirr entwickelt sich die Handlung. Der Vergleich zu Stieg Larsson, den einige Fachzeitschriften tätigten, sollte vermieden werden.
Autor: Philipp Schleinig