Inhalt
Death to false Metal! Nach diesem Motto leben Brodie und Zakk im teufelsverlassenen Greypoint. Doch auch wenn die beiden Killernietenträger die erzchristliche Bevölkerung nur allzu gerne mit ihrer satanischen Musik provozieren – dass Greypoint zur wahrhaftigen Hölle wird, wollten die beiden dann doch nicht. Aber wer den letzten Song der bösesten Grunz-Band aller Zeiten in Lautstärke 11 nachspielt, darf sich nicht wundern, wenn plötzlich Blitze aus seiner Gitarre schießen und die Nachbarn zu blutrünstigen Maniacs mutieren. Die Brothers of Steel wissen sich ihrer tätowierten Haut jedoch zu erwehren. Mit Axt und Kettensäge!
Kritik
„But if I'm honest ... I think that's how he wanted to go out.“
„With his eyes popped out, his face rubbed off and an Engine for his head?“
„Totally.“
Are you ready to rock? Are your ready for New Zealand? Wenn die Neuseeländer für eine filmische Niesche wirklich ein Händchen zu haben scheinen, dann für absurdes, saukomisches und extrem blutiges Horrorkino. Das hat sich spätestens mit Peter Jacksons „Braindead“ herauskristallisiert und wird Jahr für Jahr von jungen neuseeländischen Filmemachern wieder aufs Neue unterstrichen (letztes Jahr durften sowohl „What We do in The Shadows“ als auch „Housebound“ zu Publikumslieblingen des Fantasy Filmfests avancieren). Und auch dieses Jahr vergeht nicht ohne einen großartigen, extrem komischen und exzessiv blutrünstigen neuseeländischen Beitrag ans Splatterkino: „Deathgasm“! So heißt das gute Werk um Jungs, die mit Metal aus der Langeweile ihres Provinzdörfchens ausbrechen wollen und durch Zufall die Apokalypse heraufbeschwören. Klingt gut? Dann wetzt eure Klingen, ölt eure Kettensägen und öffnet euch ein kühles Bier. Hier kommt „Deathgasm“.
Das Offensichtliche gleich vorweg: Die tiefgründigste Story oder die mitreißendsten Charaktere bekommt der Zuschauer bei „Deathgasm“ selbstredend nicht geliefert. Natürlich folgt dieser Film so ziemlich allen Formeln des bekannten Horrorfilms, um den Außenseiter, der die Kontrolle verliert, seine große Liebe (Kimberley Crossman), die mit einem anderen rumknutscht und der oberchristlichen Familie, aus der unser Protagonist (Milo Cawthorne) ausbrechen will. Da gibt es dann auch noch einen düsteren, aber relativ generischen und nebensächlichen Bösewicht sowie ein paar alte Noten, die das Ende der Welt in sich tragen. „Deathgasm“ macht aus seiner inhaltlichen Formelhaftigkeit aber gar kein Geheimnis, nimmt diese sogar freudig an und fügt ihr ein nötiges, absolut großartiges Augenzwinkern sowie einen genialen Sinn für Humor hinzu.
Dass Regisseur Jason Lei Howden ein großer Fan der alten „Evil Dead“-Filme sowie des Großmeisters Peter Jackson selbst ist, offenbart sich schon in den ersten Minuten des Films. Hier werden die alten Werke zelebriert und zitiert, aber niemals einfach kopiert, was „Deathgasm“ den Eindruck alter Vertrautheit gibt, ohne zu sehr in die Trivialität abzurutschen. Der Splatter- und Gorefreund wird sich hier ab der ersten Minute wohlfühlen, dies sei versichert. Doch auch jeder andere Zuschauer, der einfach auf Wahnsinn und Spaß im blutigen Gewand steht, kommt auf seine Kosten. Regieneuling Howden muss für seine rasante und abwechslungsreiche Inszenierung doppelt gelobt werden, überzeugt er doch durch schnelle Schnitte, verrückte Szenenüberleitungen und immer wieder eingestreute gedankliche Intermezzos (wenn Medina zum Beispiel das erste Mal in ihrem Leben Metal hört, wird ihre Begeisterung auf gar wundersame und wirklich großartige Weise visualisiert). Es ist gar nicht mal zu hoch gegriffen, wenn man behauptet Howdens Stil erinnert teils gar an den großartigen Edgar Wright, zu einer der spaßigsten Zombiekomödien seit „Shaun of the Dead“ avanciert „Deathgasm“ in jedem Fall.
Natürlich ist eins der Herzstücke, aus dem sich „Deathgasm“ zusammensetzt, die Metalmusik. Dies bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass jeder Interessent, der nichts mit Metal anfangen kann, keinen Blick riskieren dürfte. Der Soundtrack des Films besteht zwar primär aus Metalstücken, wirklich vordergründig werden diese aber überraschender Weise nie. Ob dies nun mit den Lizenzen oder sonst was zu tun hat, sei dahingestellt, aber so zentral das Thema „Metal“ in diesem Film auch zelebriert wird, so selten wird dann Mal ein bekanntes Stück im Vordergrund gespielt. Eher dudelt das Ganze zum Großteil im Hintergrund herum, was echte Metalfans enttäuschen wird, anderen Zielgruppen das freudige Schauen aber durchaus ebenfalls eröffnet.
Sonst bleibt natürlich noch das Wichtigste: Der Gore. Und hier macht das Team um Howden aus der finanziellen Not eine blutige Tugend. Da wurden Kleinigkeiten aus dem eigenen Schrank geholt und benutzte Props von anderen Filmen übernommen (zum Beispiel ein paar Gummidildos), um wirklich jeden Gorehound auf seine Kosten kommen zu lassen. Das Ergebnis besteht aus angenehmem wenig CGI (das sieht auch jedes Mal ziemlich mies aus) und einem Haufen practical Effects. Da wird alles zerschlissen, zerrissen, abgehakt und zerquetscht was ging, mit einer ganzen Bandbreite an verschiedenen Werkzeugen. Ob nun die Analkugeln oder die doppelte Kettensäge, die Dämonen des Films bekommen auf jeden Fall einiges auf die Mütze und der Zuschauer jede Menge Einfallsreichtum für sein Geld. „Deathgasm“ ist also bei Weitem nicht der perfekte Film und für die Genialität eines "Braindead" erlaubt sich der Splatterspaß in seinem Mittelteil doch ein paar Längen zu viel, aber jeder Freund des blutigen Spaßes, der endlich mal wieder inszenatorische Kreativität, jede Menge blutrünstigen Charme und einfach Spaß an der dargebotenen Materie sehen will, wird bei „Deathgasm“ voll auf seine Kosten kommen. Das belohnte das frankfurter Fantasy Filmfest-Publikum dann auch mit wiederholtem Szenenapplaus.
Fazit
Are you ready to rock? Deathgasm is! Jeder Zuschauer, der auf der Suche nach Dramatik und Tiefgang ist, sollte natürlich einen Bogen um dieses blutige Metalwerk machen, allen anderen wird einer der einfallsreichsten, spaßigsten und blutigsten Funsplatter der letzten Jahre geboten. Neuseeland ist eben immer wieder für eine positive Überraschung gut!
Autor: Thomas Söcker