Inhalt
Paul Kersey wird Zeuge, wie sein alter Freund Charley in seiner Wohnung stirbt, nachdem er von einer Straßengang zusammengeschlagen wurde. Der Verdacht fällt zunächst auf Kersey und er wird verhaftet, doch dann schlägt ihm der Polizeichef einen Deal vor: Er wird freigelassen, wenn er so viele Gangmitglieder wie möglich zur Strecke bringt.
Kritik
Hach ja, CANNON, das waren schon ab und an verrückte Zeiten mit den Bad-News-Jews Menahem Golan & Yoram Globus, die sich in den 80ern aufmachten, den US- und damit unweigerlich auch den Weltfilmmarkt zu erobern. Eine brachliegende Goldgrube (aus ihrer Sicht) schnappten sie sich mit den Rechten an einer Fortsetzung zum umstrittenen Selbstjustiz-Klassiker Ein Mann sieht rot (Death Wish), in dem Charles Bronson (Kalter Hauch) als Otto-Normal-Bürger zum wütenden Rächer mutiert, nachdem Frau und Tochter von Gesindel überfallen und geschändet werden. 1982 ging mit Der Mann ohne Gnade das erste Sequel an den Start, wofür (ebenso wie im aktuellen Fall) neben Bronson sogar der Ursprungs-Regisseur Michael Winner (Hexensabbat) verpflichtet werden konnte. Der kommerzielle Erfolg gab dem Studio recht und so war es nur eine Frage der Zeit (oder des Mangels an gesundem Menschenverstand), wann die nächste Runde eingeläutet werden durfte. Unabhängig davon, wie grenzwertig alles bis dahin schon war und – bei allem Respekt – das Onkel Charlie seine besten Jahre schon beim Original fast hinter sich hatte. Nun denn, aber gerade diesem Realitätsverlust ist es gedankt, dass Death Wish 3 – Der Rächer von New York bei vielen als Guilty Pleasure-Stück der gesamten Reihe gilt…aus durchaus verständlichen Gründen.
Ein Oppa sieht (noch ohne Brille) rot: Altersgemäß wird Charles Bronson mit dem Bus in das übelste Ghetto von New York gebracht, wo er trotz 28 Grad Außentemperatur nie den dicken Pulli auszieht. Naja, bis auf eine kurze Oben-ohne-Szene, nachdem er die locker 30 Jahre jüngere Anwältin beglückt hat, die ihn „zum Essen“ einlädt, da sie keinen netteren Menschen als den Selbstjustiz-Greis kennt, den sie gerade aus dem Bau geholt hat. Heftig untervögelt, so als Ferndiagnose. Nach einer extrem hüftsteifen Vorlaufzeit (ist halt nicht mehr der Jüngste) sorgt Großvater Bronson doch noch für "Gerechtigkeit", oder wie man das bei CANNON Mitte der 80er als solche interpretiert hat. Heißt in dem Fall: Du böse, du tot. Erst schießen, dann auch nicht fragen, der Spaß wird auch nur rund, wenn endlich die Munition für die Großwildjagd und der Raketenwerfer angekommen sind. Aber dann...rums, bums, hinüber. Der alte Mann braucht einen trauernden Witwer zum Munition halten und eigentlich noch den Zivi, damit es Tatter-Charlie beim Rückstoß nicht aus der Bahn wirft.
Plumper, gewaltverherrlichender, ultra-reaktionärer Unsinn, der aber zum Glück so bescheuert daher rumpelt, als das man das in den richtig falschen Hals bekommen könnte. Eine Moral will der Film nicht mal versteckt unters Volk jubeln, der ist absichtlich komplett durch die gute Kinderstube geflogen, feiert Auge-um-Auge so radikal ab, da MUSS man drüber lachen. Allein wenn sich die ewige unterdrückten Nachbarn endlich trauen, ihre Knarren aus dem Nachttisch zu holen und wie die kleinen Kinder jubeln, wenn sie einen "Punk" abgeknallt haben, sagenhaft. Im Schlussspurt brettert Death Wish 3 – Der Rächer von New York so vehement in die Leitplanke von Moral und Ethik, hält statt abzubremsen voll drauf und nagelt mit 200 Klamotten munter weiter. Normalerweise furchtbar bedenklich, in dem Rahmen nur eine irre-stumpfe, kompromisslos bescheuerte Alt-Herren-Dampfwalze von einem Großstadt-Reißer, bei der guter Geschmack zwingend an der Garderobe abzugeben ist. Schlägt ein wie eine Rakete in das Gangmitglied, nur sehr behäbig in der ersten Stunde, wenn auch da schon auf eine amüsante Art heftig daneben (wer kommt schon mit einem Messer zu einer Schießerei, selbst Schuld).
Fazit
Waren die Vorgänger zwischen gewaltverherrlichend, Selbstjustiz-bejahend und menschenverachtend angesiedelt und dabei beklemmend ernst gemeint (wobei Teil 1 noch als ruppiger Großstadtwestern teilweise erstaunlich gut und zumindest empathisch noch wenigstens nachvollziehbar funktioniert), ist das hier einfach nur ganz grober Unfug am Rande des Wahnsinns und jenseits aller ernsthaften, moralischen Diskussionen. Mit so was hielt sich bei CANNON selten jemand auf und wenn nicht auf realen Tragödien wie einst bei „Delta Force“ herumgeritten wird, dann soll dem Spaß maximal filmischer Snobismus im Wege stehen. Was „Death Wish 3 – Der Rächer von New York“ noch lange nicht zu einem guten Film macht, aber einen idiotischen Gaudi-Faktor kann man ihm unmöglich absprechen. Und das bei den Vorgängern, schon beachtlich.
Autor: Jacko Kunze