Inhalt
In dieser klassischen Detektivgeschichte kehrt der ehemalige Diplomat Charles Hayward (Max Irons) von Kairo nach London zurück, wo er eine Karriere als Privatdetektiv beginnt.Als Aristide Leonides, ein reicher und skrupelloser Tycoon, in seinem Bett vergiftet aufgefunden wird, wird Detective Hayward in das Haus der Familie eingeladen, um den Fall aufzuklären. Im Zuge der voranschreitenden Ermittlungen muss er der schockierenden Erkenntnis ins Auge sehen, dass eine der Hauptverdächtigen Aristides hübsche Enkelin ist, seine Auftraggeberin und ehemalige Geliebte, Sophia (Stefanie Martini).Hayward hatte eine leidenschaftliche Affaire mit ihr in Kairo, bevor sie eines Tages, ohne ein Wort zu verlieren, verschwand. Er muss nun seine Gefühle überwinden und einen klaren Kopf behalten, um die temperamentvolle Sophia und den Rest ihrer feindseligen Familie in den Griff zu bekommen, damit das Verbrechen aufgeklärt wird.
Kritik
Es ist erfreulich, dass Agatha Christies Werke wieder ihren Weg auf die Leinwand finden und nächstes Jahr mit Tod auf dem Nil bereits die dritte Verfilmung eines Krimi-Klassikers in kürzester Zeit ansteht. Noch erfreulicher ist jedoch, dass Das krumme Haus - eines von Christies persönlichen Lieblingswerken - eine so respektvolle, wenn auch in manchen Belangen zu respektvolle, Verfilmung erhalten hat. Das Team rundum Regisseur Gilles Paquet-Brenner (Dark Places - Gefährliche Erinnerung) arbeitet sehr eng an der Buchvorlage, was sich insofern positiv auswirkt, als dass Christies unaufgeregte und überlegte Erzählweise diesem Film in jedem Moment inne wohnt. Entstanden ist dabei ein traditionelles Werk, das sich dennoch nicht im Geiste der aktuellen Retromanie bewegt. Der Stil und die Erzählweise sind demnach ein wahrer Genuss, gerade für jeden Liebhaber der Bücher, aber auch für jeden, der sich bei dem aktuell oftmals hektischen und von Effekthascherei geprägten Kino wieder etwas Ruhe wünscht.
Dennoch - und das muss man auch als Liebhaber der Autorin feststellen, zu denen sich der Verfasser dieser Kritik augenscheinlich hinzuzählt - wohnt dieser Ruhe auch immer die Gefahr inne, gemütlich zu werden. Das war schon eine der Baustellen des auch stilsicher vorgetragenen Mord im Orient Express aus dem letzten Jahr, der nur Kleinigkeiten der Vorlage abänderte und damit zwar einen etwas anderen Blick auf die Auflösung wirft und in Ansätzen Themen wie Diskriminierung, gesellschaftliche Klassen und innere moralische Konflikte andeutet, sich jedoch nicht traut expliziter zu werden, als es das Buch war. Auch hier wird wenig explizit gemacht, doch vieles wird im Tone der Vorlage gelungen aufgearbeitet.
Die Familie Leonides ist zersplittert. Die Mitglieder bilden keine wirkliche Gemeinschaft mehr, sondern leben autonom voneinander. Hinter ihnen liegt eine Vergangenheit voller zerplatzter Träume und vor ihnen eine Zukunft, die keine Befriedigung ihrer Sehnsüchte verspricht. Der Privatdetektiv Charles Hayward (Max Irons, Die Frau in Gold) wird von Sophia (Stefanie Martini, Der junge Inspektor Morse) für seinen ersten Fall konsultiert, um den Mord an ihrem Großvater aufzudecken. Hayward selbst hegte einmal ein Verhältnis zu Sophia, was die Ermittlungen erschwert. Christie hat hier eine wunderbare Ausgangslage geschaffen, in der sich Hayward in einer unmöglich wirkenden Suche nach Wahrheit befindet: Er ist hin- und hergerissen zwischen seinen Gefühlen, den Feindseligkeiten der Gemeinschaft und seinen kleinen grauen Zellen.
Dieses tastende und frustrierende Forschen wird gut eingefangen. Die Auflösung fällt dabei feinfühlig, empathisch und vor allem überraschend aus. Auch endet dieser Film im perfekten Moment und langweilt nach hinten hinaus nicht durch zusammenfassende Dialoge. Und dennoch muss man bei all dem Lob zur Befürchtung vom Anfang der Kritik rekurrieren: Tatsächlich macht es sich Das krumme Haus insofern leicht und gemütlich, als dass er sich eng an der Buchvorlage orientiert, jedoch wenig eigene Ideen fasst. Die filmische Aufarbeitung eines Buches ermöglicht es doch gerade erst, Motive neu zu interpretieren, sie auf den aktuellen Zeitgeist anzupassen, um damit eine Aussage zu fassen, die sich noch im Rahmen der Essenz des Buches bewegt, und dennoch originell erscheint.
Gerade bei Das krumme Haus, wo viel mit Misstrauen und Ablehnung gearbeitet wird, wäre es möglich gewesen, diese Spannungen zwischen den Charakteren durch neue Konflikte oder Vorurteile aufzufüllen. So wäre aus der Familie Leonides eine Analogie auf unsere Gesellschaft geworden. Stattdessen hat man seine Intentionen niedrig gehalten und versucht die Geschehnisse aus dem Buch möglichst akkurat auf die Leinwand zu werfen. Dennoch sind die Qualitäten und der schöne Stil des Filmes nicht zu verschmähen. Gelungen ist ein altmodischer Krimi-Film, der die Essenz und den Stil Christies wunderbar vermittelt und somit konträr zum aktuellen Erzählstil steht, wodurch sich die Sichtung erfrischend und befreiend anfühlt.
Fazit
"Das krumme Haus" bietet inhaltlich nicht viel Originelles, stellt aber eine schön altmodische und in ihrem Stil sichere Verfilmung des Krimi-Klassikers dar. Das ist nicht nur schön anzusehen, sondern wirkt erstaunlich organisch und ist eine nette Abwechslung zum sonst oft so übereiltem Unterhaltungskino.
Autor: Maximilian Knade