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Das war eine fremdenfeindliche Bemerkung zu viel: Professor Richard Pohl (Christoph Maria Herbst) droht von seiner Universität zu fliegen, nachdem er die Jura-Studentin Naima Hamid (Nilam Farooq) in einem vollbesetzten Hörsaal beleidigt hat. Als das Video viral geht, gibt Universitätspräsident Alexander Lambrecht (Ernst Stötzner) seinem alten Weggefährten eine letzte Chance: Wenn es dem rhetorisch begnadeten Professor gelingt, die Erstsemestlerin Naima für einen bundesweiten Debattier-Wettbewerb fitzumachen, wären seine Chancen vor dem Disziplinarausschuss damit wesentlich besser. Pohl und Naima sind gleichermaßen entsetzt, doch mit der Zeit sammelt die ungleiche Zweckgemeinschaft erste Erfolge.

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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Die brillante Mademoiselle Naïla von Yvan Attal war 2017 ein großer Hit in Frankreich und Hauptdarstellerin Camélia Jordana erhielt für ihre Rolle der Naïla einen César als beste Nachwuchsdarstellerin. Daneben war der Film noch in zwei weiteren Kategorien (Bester Film, Bester Hauptdarsteller Daniel Auteuil) nominiert. Da war es schon fast unausweichlich, dass der Film ein deutsches Remake erhält. Sönke Wortmann (Frau Müller muss weg) nahm sich des Stoffes an und inszenierte nach Der Vorname das zweite Mal einen französischen Film neu. Contra ist in gewisser Weise klischeehaft und vorhersehbar, aber es schadet dem Film nicht, denn die Thematik, die hier mehr als deutlich im Vordergrund steht und den gesamten Film prägt, ist leider zu wichtig, um sie zu verschweigen und dezent im Arthouse-Kino zu verstecken. Contra ist in seinem Handlungsaufbau, Setting und seiner gesamten Inszenierung massentauglich und kann seine Botschaft dem breiten Publikum offenbaren.

Alltagsrassismus, Vorurteile und Klischees prägen immer noch das Leben vieler Migranten und Menschen mit Migrationshintergrund. Manchmal sind es nur kleine Worte oder Gesten, die vielleicht unbedacht geäußert oder gezeigt werden, aber andere verletzen oder beleidigen. Juraprofessor Richard Pohl (Christoph Maria Herbst, Der große Fake - Die Wirecard-Story), äußert im Rahmen einer Diskussion mit der Erstsemesterstudentin Naima Hamid (Nilam Farooq, Mein Blind Date mit dem Leben), dass in seinem Kulturkreis noch Wert auf Pünktlichkeit gelegt wird, nach dem diese einige Minuten zu spät zur Vorlesung kam. Die Empörung im Hörsaal ist groß und man könnte nun denken, dass ihm dieser Satz einfach nur herausgerutscht ist. Aber anstatt sich zu entschuldigen, greift er die Empörung auf und legt noch einmal nach. Dass Richard Pohl jemand ist, der sehr wohl weiß, was er sagt und welche Wirkung seine Worte haben, zeigt sich im Film noch überdeutlich, denn Pohl ist wortgewandt und kann mit seiner Rhetorik jeden Gesprächspartner manipulieren. Jedoch wird man ihm nicht unterstellen können ein Rassist zu sein, denn der Zyniker hadert eher mit der Moral und Einstellung der Studierenden und scheint aufgrund einer gewissen Arroganz der Meinung zu sein, dass nicht jeder in die ehrwürdigen Hallen der Universität passt, was sich eher auf das Benehmen, als auf die Herkunft bezieht.

Noch vor einigen Jahren hätte ein Kommentar wie der von Richard Pohl eher für Lacher als für Empörung im Hörsaal gesorgt. Heutzutage ist es glücklicherweise anders. Es zeigt aber, wie schnell der gesellschaftliche Wandel voranschreitet und nicht jeder kann damit schritthalten. Während die jüngeren Generationen für die Problematik des Rassismus viel mehr sensibilisiert wurden, haben es ältere Generationen schwerer ein jahre- oder jahrzehntelang verinnerlichtes Denkmuster abzustreifen und es fällt ihnen auch schwerer zu erkennen, dass so manche Äußerung, die eher im Scherz gesagt wurde, trotzdem beleidigend oder rassistisch sein kann. Umso wichtiger ist ein Film wie Contra, der diesen Personen den sprichwörtlichen Spiegel vorhält und ohne Umschweife auf das Problem hinweist. Pohls Äußerungen rufen den Disziplinarausschuss der Universität auf den Plan und um seine zu erwartende Bestrafung milder ausfallen zu lassen, hat der Universitätspräsident Alexander Lambrecht (Ernst Stötzner, Brecht) die Idee, dass Pohl Naima auf den Debattierwettbewerb vorbereitet, auch um das Ansehen der Uni zu erhöhen. Dabei gibt es natürlich die anfänglichen Schwierigkeiten zwischen den beiden Hauptprotagonisten, die sich absolut nicht ausstehen können und völlig gegensätzlich sind, aber dann doch erwartungsgemäß sich irgendwie zusammenschweißen.

Trotz dieser Vorhersehbarkeit ist Contra dennoch erfrischend, was vor allem an den Hauptdarstellern liegt. Christoph Maria Herbst ist die perfekte Besetzung, denn man hätte in Deutschland keinen Besseren für diese Rolle finden können. Diese Mischung aus verstaubter Trockenheit und besserwisserischer Arroganz, die er als Professor an den Tag legt, ist einfach großartig. Nilam Farooq verkörpert ihre Rolle ebenso glaubhaft. Man kauft ihr die anfängliche Unsicherheit und ihre Entwicklung zu einem selbstbewussteren Auftreten zu hundert Prozent ab. Die von ihr verkörperte Figur der Naima, wirkt auf den ersten Blick klischeehaft, denn es finden sich fast alle gängigen Vorurteilen über Migrantenfamilien wieder, aber Contra ist nicht so eindimensional, wie man denken könnte, was sich u.a. am Freundeskreis, aber auch an Naima zeigt, die sich nicht immer in bestimmte Schubladen stecken lassen.

Dank ihrer Freunde bringt Naima ein gewisses Rüstzeug für die Debatten mit, aber sie muss noch lernen es richtig einzusetzen. Pohl fördert sie und bringt sie auf seine Art dazu, ihre Talente zu stärken, was nicht immer konfliktfrei funktioniert. Die Debatten selbst sind recht einfallslos und die Themen, bei denen sie natürlich, die für sie richtige Seite vertritt, spielen Naima in die Karten. Der Film spart sich dabei die kompletten Debatten mit pro und contra, aber darum geht es eigentlich nicht. Im Mittelpunkt steht das Verhältnis zwischen dem Professor und Naima und die Entwicklung eines Verständnisses füreinander. Dennoch hätte Wortmann den Mut haben können, vom französischen Original abzuweichen und durch die Debatten mit einer konträren Konstellation gestalten können. Für Naima wäre es so ungemütlicher eine Meinung zu vertreten, die ihrer eigenen widerstrebt, zumindest hätte sie ihre Fähigkeiten für große Debatten dadurch mehr beweisen können und es wäre für das Publikum abwechslungsreicher gewesen. Punkten kann der Film aber durch seinen Crashkurs in Sachen Rhetorik, der auch das Publikum in die Debattierkunst einführt.

Natürlich macht es sich der Film an manchen Stellen sehr einfach und präsentiert seine Botschaft mehr als eindeutig. Genauso wie die klischeehaft anmutende Inszenierung einer Einwandererfamilie, schafft es der Film, das Thema dem breiten Publikum zugänglich zu machen und letztendlich sind die Klischees leider nicht nur Klischees, sondern spiegeln für viele noch immer den Lebensalltag wider. Contra macht aber auch Mut und zeigt, dass man wie Naima aus diesem Kreislauf ausbrechen kann und sich von seiner Herkunft und seinem Namen nie abhalten lassen sollte seine Träume zu verwirklichen, denn jeder kann alles erreichen, wovon er träumt. Völlig egal wo man herkommt oder wer man ist. Contra ist quasi Culture Clash im doppelten Sinne, denn Pohl stammt aus wohlhabenden, vermeintlich geordneten Verhältnissen. Doch zeigt sich, dass manches anders ist, als man denkt. Pohl hat private Probleme, die zum Glück nicht dazu instrumentalisiert werden, sein Verhalten zu rechtfertigen, sondern ihm nur einen Anschein von Menschlichkeit geben und ihn greifbarer machen. Als sozialkritische Komödie trifft Contra in jedem Fall den richtigen Ton.

Fazit

„Contra“ ist ein für breites Publikum gut geeigneter „Aufklärungsfilm“ im Hinblick auf alle Fassetten des Alltagsrassismus. Damit es auch jeder begreift, was eigentlich rassistisch ist, bedient sich der Film äußerst einfacher Mittel und verzichtet auf subtile Andeutungen, sondern sagt deutlich, was er meint, so dass sich weitere Interpretation seitens des Publikums vollständig erübrigt. Trotz der schlichten Darstellung besticht der Film durch seine Figuren. Hier trifft der besserwisserische, arrogante Professor auf eine fleißige Studentin mit Migrationshintergrund. Beide Hauptdarsteller sind exzellent in ihrem Zusammenspiel und was manch einer für eine klischeehafte Geschichte hält, ist viel realitätsnäher als die meisten denken.

Kritik: Andy Mieland

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