Inhalt
Die Ranch seines Vaters ist seit je Armando Alvarez' Zuhause. Als er in finanzielle Schwierigkeiten gerät, taucht Armandos jüngerer Bruder Raul, ein vermögender Geschäftsmann, mit seiner neuen Verlobten Sonia auf. Er verspricht, alle angefallenen Schulden zu begleichen, um die Ranch vor dem Ruin zu bewahren. Doch Rauls Geschäfte erweisen sich als illegal, und Onza, Mexikos mächtigster Drogenbaron, erklärt ihm und seiner Familie den Krieg. Indes verliebt sich Armando in Sonia.
Kritik
Will Ferrell (Die Eisprinzen) hätte bei Casa de mi Padre doch glatt seinen Ruf als unrentabelster Hollywood-Star verlieren können, schließlich waren seine hohen Gagen im Vergleich zum sonst überschaubaren Boxoffice oft das Zünglein an der Waage. Mit einem Gesamtbudget von schlappen 6 Millionen $ müsste doch wenigstens dieser Streifen pechschwarze Zahlen einstreichen, am Ende war in den USA sogar noch ein Minusgeschäft, konnte nur durch die weltweiten Einnahmen etwas mehr als Kostendeckung betreiben. Auf den Mann ist halt verlass. Finanziell ein Flop, von Kritikern meist verpönt – und abermals fragt man sich doch glatt, welchen Film die alle (nicht) gesehen haben.
Dass der Film es außerhalb der USA schwer haben könnte ist dabei mit Sicherheit einzukalkulieren. Zumindest in Ländern wie unseren, wo dem Durchschnittszuschauer kaum die absonderlichen Eigenarten der mexikanischen Film- und Fernsehindustrie bekannt sein dürften. Wer über deutsche Dailysoaps milde lächelt, der sollte sich mal mexikanische Telenovelas geben. Wer US-amerikanische Superheldenfilme albern findet, hat vermutlich noch nie einen mexikanischen Wrestling-Streifen gesehen, in dem echter Luchadores (in ihrer Ring Gear, mit Maske und allem Piff und Paff) durch absurde Abenteuer- und Agentenfilme wüten. Und wer meint, in Europa wurden schäbige Western gedreht…ja, Mexiko toppt sie alle. Jedoch auf seine ganz eigene, charmante Weise, die sich so kaum kopieren lässt. Unter der Regie des langjährigen Saturday Night Live-Autors Matt Piedmont versucht es Will Ferrell dennoch. Im Original sogar komplett in Spanisch gedreht und für die englischsprachige Fassung nur untertitelt. Wohl gemerkt: Ferrell kann gar kein Spanisch. Leider wird gerade diese famose Idee in Deutschland unbedacht wegsynchronisiert. Wer auch immer das zu verantworten hat, sollte als Piñata aufgehängt werden und seine gerechte Prügelstrafe kassieren. Wenn möglich, also unbedingt im Original schauen. Aber selbst das kann den Heidenspaß an dieser Verhohnepipelung nur schmälern, nicht gänzlich zerstören.
Casa de mi Padre parodiert eine Groschenromangeschichte in völlig überbelichteten Bildern (Ferrell sieht durchgehend aus, als hätte er Sonnenbrand kurz vorm Hautkrebs), mit billigsten Pappmaché-Kulissen und ulkigen Tierattrappen vor handgemalten Hintergrundmotiven oder kümmerlichen Studiorequisiten von anno Tuck. Unfassbar theatralische Reden werden geschwungen und dabei nur strunzdummes Zeug geredet. Es fließen die Tränen, es spritzt das Blut, es wird sich heiß und innig geliebt (auch hier mit Sex-Doubles aus Plastik), verraten, gesungen, gelitten und die schlechtesten Zigaretten der Welt gedreht. Jede Geste mit der doppelten Dosis Pathos völlig der Lächerlichkeit preisgegeben und alle Beteiligten haben so richtig Bock auf diesen groben Unfug, der es gar nicht mal nötig hat, die Vorlagen mit Pauken und Trompeten als Spoof zu präsentieren. Andere Bilder zu den Dialogen oder diese gar nur aus dem Off, der Unterschied zum „Original“ würde oftmals gar nicht auffallen. In diesen Detailfragen liegt die beinah versteckte Qualität. Mit was für einem Schwachsinn man hier konfrontiert wird, aber so „glaubwürdig“ inszeniert, als wäre man zufällig im falschen Programm gelandet. Mit Will Ferrell als bewusst platzierten Fremdkörper, damit der Unterschied noch deutlich zu erkennen ist. Sonst könnte es tatsächlich ab und an schwierig werden.
Gradlinig zieht Casa de mi Padre seinen kongeniale Nonsens durch, verliert sich nie in dem Reiz des massentauglichen Klamauks. Beginnt schon mit diesem skurril-stylischen Titelsong von Christina Aguilera, wie eine James Bond-Raubkopie auf dem Schwarzmarkt in Tijuana. Das Ding ist albern ohne Ende, aber auf eine schon fast subtile Art. Off-Beat-Comedy, bei der sich dann bepisst werden darf, wenn niemand den Gag versteht. Kurios, manchmal gar grenzwertig politisch unkorrekt, aber auch nur, weil es die „Idole“ eben so selbst darstellen. Wer Klischees schafft, muss mit ihrer Überzeichnung leben können. Zwischen völlig bescheuert und grandios satirisch: Zwischen Giganten en Español, schäbigem Gangster-Western-Burrito und lachhaft-kitschiger Lovestory. Mit ganz viel Herzblut darf der Blödsinn frei laufen, seine Eier legen und stolz die prallen Cochones zur Schau stellen. Kurzum: Casa de mi Padre ist (mal wieder) eine völlig unterschätzte Perle aus dem Casa de Ferrell. Damit muss man keine Filmpreise gewinnen, aber umso mehr Sympathiepunkte. Das beides kaum oder nur am hintersten Rande stattfindet, ist besonders hier muy triste.
Fazit
Ein hemmungsloses, mutiges Experiment, das viel besser ausgefallen ist, als ihm allgemein angedacht wird. „Casa de mi Padre“ zeigt nur ein mal mehr auf, wie wertvoll und einzigartig der Mikrokosmus rund um Will Ferrell sein kann. Die Idee ist so schräg und in der Umsetzung liebevoll, da ist es völlig wurscht und sogar wichtig ist, dass nicht alle damit zufrieden sein können. DAS ist doch das Konzept. Un beso grande an den Schwachsinn, verblüffend reflektiert und intelligent vorgetragen.
Autor: Jacko Kunze