Inhalt
Schon früher wurden die Schicksale unbescholtener Menschen thematisiert, die in eine Holzkiste gesteckt und lebendig begraben wurden. 1988 erschien der niederländisch-französische Thriller „Spurlos verschwunden“, und gerade mal fünf Jahre später das amerikanische Remake „Spurlos“ mit Kiefer Sutherland und Sandra Bullock in den Hauptrollen. „Buried“ hingegen wurde in Spanien von Regieneuling Rodrigo Cortès verfilmt und erzählt eine eigene Geschichte. Und schon das Setting dürfte nichts für klaustrophobische Menschen sein, wenn man einzig Ryan Reynolds im Sarg begleiten muss.
Kritik
Gefesselt erwacht der amerikanische Truckfahrer Paul Conroy in einem Holzsarg. Als Angestellter im Dienste des Wiederaufbaus des befreiten Iraks, wurde er zuvor von Aufständischen angegriffen und anschließend vergraben. Nach ersten Panikattacken klingt jedoch ein Handy, das man zusammen mit Leuchtmitteln im Sarg hinterlassen hatte. Paul wurde auf diese Weise als Geisel gehalten und soll für die Irakis ein Lösegeld einfordern. Er telefoniert nach Hilfe, und bald geht der Sauerstoffvorrat zur Neige…
Man könnte wortwörtlich schon in der ersten Minuten den Film wieder abstellen, denn es passiert nichts. Aber auch nur, weil in den ersten Sekunden erstmal eben nur ein schwarzer Bildschirm zu sehen ist. Dann setzen die ersten Geräusche ein, und man ist froh, dass der DVD-/BD-Player keinen Schaden genommen hat. Was jetzt so leicht flacksig anmutet, ist nur der etwas ungewöhnliche Beginn eines sehr ungewöhnlichen Filmes. Der Drehort beschränkt sich bis auf wenige Ausnahmen auf ca. 1,50 Meter Breite auf 2,50 Meter Länge, und Ryan Reynolds ist der einzige sichtbare Schauspieler im kompletten Werk. Wie soll man also ein derart gewagtes Experiment mit Leben füllen? Um Missverständnisse zu vermeiden: Die wichtigen Utensilien und Hintergrundinformationen werden nur langsam preisgegeben. Anfangs wirkt das alles noch ein wenig wirr und zusammenhanglos, und schon in der ersten halben Stunde könnte sich die ein oder andere Länge einschleichen, wenn man nicht am Ball bleibt oder Pauls verzweifelte Aktionen wenig nachvollziehbar findet. Doch sollte man die ersten 45 Minuten durchaus über sich ergehen lassen, bis endlich alle Drehbuchschnipsel beginnen, einen Sinn zu ergeben. Ab dann wird es nämlich mordsspannend, abstoßend und moralisch fragwürdig.
Man könnte Cortès schon den Vogel zeigen, dass er sich bei seinem Werk einzig auf die wenigen Meter Drehort beschränkt. Zum einen ist das schon berechtigt, weil er visuell eben zu schnell das Pulver verschießt, zum anderen begünstigt diese Entscheidung aber auch den Inhalt sowie das klaustrophobische Gefühl, in das der Zuschauer gezwungen werden soll. Wenn der Protagonist zu Beginn schon die ersten Panikattacken zu bestehen hat, werden sich später auch die ersten Zuschauer unruhig im Sessel hin- und herwälzen dürfen. Da unterstützen die wenigen Lichtquellen die Stimmung noch mehr, wenn im Wechsel die Knicklichter, Feuerzeuge oder Taschenlampen für Atmosphäre sorgen.
Wie schon erwähnt hat das Drehbuch mit einigen Längen zu kämpfen. Der persönliche Kampf von Paul geht gar etwas unter, wenn die Zufälle und Kniffe später endlich greifen. Dabei wurde säuberlich darauf geachtet, dass wir nur in Wortform sowie Handybildern über die Umstände aufgeklärt werden. Das lässt noch Freiraum für Interpretationen offen, sind aber – um es vorweg zu nehmen – allgemeingültig. Spannung wird aber seltsamerweise nicht durch den Ort und die Umstände erzeugt, sondern durch die Konsequenzen, die die Taten der Hauptfigur nach sich ziehen. So kann Paul seine Frau auf dem Handy nicht erreichen, was bis zuletzt auch so bleibt und für nervöse Momente sorgen kann. Auch das Lösegeldvideo sorgt für etlichen Zündstoff, was für so manch abstoßende Szenen sorgen kann.
Die ca. 3 Quadratmeter bieten selbstredend keinen Platz für mehrere Schauspieler, also trägt Ryan Reynolds den Film zum größten Teil selbst. Bis auf dunkle Phasen ist der aufstrebende Kanadier in jeder Szene sichtbar und tut auch viel dafür, dieser Ehre gerecht zu werden. Zwar wirkt er an manchen Stellen etwas unglaubwürdig sowie fast ein wenig gefühlslahm, doch kann man seine Performance als gelungen durchgehen lassen – vor allem gegen Schluss wird dieser Aspekt immer besser. Abseits dessen haben nicht unbekannte Stars wie Stephen Tobolowsky oder Samantha Mathis Sprechrollen, die man ausschließlich am Handy beurteilen kann.
Gefühlsmäßig ist „Buried“ schon ein kleines Phänomen. Normalerweise steigen bei solchen Werken schon anfangs aufgrund der Parabeln ungute Gefühle auf, hier jedoch bezieht der Zuschauer Herzschlagmomente erst viel später. Das Verhalten seines Personalchefs sowie einer Bekannten sorgen eher dafür, dass man schreiend davonlaufen möchte – die Klaustrophobie hat also mehr gesellschaftliche Ursachen, als dass sie durch das Setting begünstigt würde. Im Gesamtbild macht das aber einen erschreckenden Sinn, so dass das Finale schon tatsächlich wie eine faustdicke Überraschung daherkommt.
Fazit
Es ist schon eine sehr coole Idee, einen Menschen in einen Sarg zu sperren und auch bei seinem Schicksal Zeuge zu bleiben. Aber schon bald zeigt sich, dass diese Umstände nicht diejenigen sind, die für die Spannung sorgen können. Man wird anfängliche Unzulänglichkeiten über sich ergehen lassen müssen, um die gelungene zweite Spielhälfte genießen zu können, was dann doch noch etliche menschliche Abgründe preisgibt und den Schauspielern den Freiraum, sich richtig zu entfalten.
Autor: Sascha Wuttke