6.0

MB-Kritik

Borsalino 1970

Drama, Crime – Italy, France

6.0

Jean-Paul Belmondo
Alain Delon
Catherine Rouvel
Françoise Christophe
Corinne Marchand
Laura Adani
Nicole Calfan
Hélène Rémy
Odette Piquet
Mario David
Lionel Vitrant
Dennis Berry
Jean Aron
André Bollet
Pierre Koulak
Yvan Chiffre

Inhalt

Beim Streit um eine Frau lernen sich im Marseille des Jahres 1930 die beiden Kleinganoven François Capella und Roch Siffredi kennen und schätzen. Sie werden Partner, mit einem klaren Ziel: Die Karriereleiter möglichst steil hinauf steigen. Verschobene Pferderennen und Boxkämpfe sind nur der Anfang. Bald schon legen sie sich mit den mächtigsten Männern der Unterwelt an, um ihrem Anspruch auf den Thron Ausdruck zu verleihen. Zunächst unterschätzen sie die Gefahr, sind dann allerdings bereit, mit voller Feuerkraft zurück zuschlagen.

Kritik

Jacques Darey’s (Der Swimmingpool) Gangsterfilm Borsalino ist hierzulande stark in Vergessenheit geraten (damals unter dem schrecklichen und irreführenden Titel Die Losleger veröffentlicht), hat bis heute nicht einmal eine Auswertung auf DVD erhalten. Auch wenn der Film nüchtern betrachtet sicher nicht zur aller ersten Garnitur seines Genres zählt, allein wegen seiner beiden Zugpferde Jean-Paul Belmondo (Der Profi) und Alain Delon (Nur die Sonne war Zeuge) verwundert dieser Fakt schon etwas. Ein Release für den heimischen Markt hätte er verdient, vielleicht wird das in nächster Zeit mal was. Dann würde sicher auch die alte 18er-Freigabe der Vergangenheit angehören, denn trotz einiger Schusswechsel und von Kugeln perforierte Körper, inzwischen ist das nichts mehr nur für Erwachsene (aber wer versteht schon das Würfelspiel der FSK?).

Darey verlässt sich bei seiner Romanverfilmung auf einen ganz klassischen Handlungsverlauf, die reizvolle Kulisse seiner Küstenmetropole mit dessen ganz eigenen Flair und natürlich auf seine Alphamännchen, Prinz Cool und den eiskalten Engel. Beide bedienen genau ihr typisches Image: Ober-Gockel Belmondo läuft sein Mojo bald aus den Ohren, Delon ist cooler als jeder Eiswürfel. Eine interessante, öfter erprobte Kombination, dieser Präsenz lässt es sich kaum entziehen. Neue Wege werden hier somit niemals beschritten: Borsalino ist exakt das, was sich vermuten lässt. Der rasante Aufstieg zweier Machos der alten Schule von kleinen, ambitionierten Gaunern zu den Platzhirschen der Mittelmeerküste. Mit allem Drum und Dran: Manipulierte Wettkämpfe, Auftragssabotagen, Spielautomaten: Irgendwann wird scharf geschossen. Anfangs gestaltet sich das noch sehr leichtfüßig, leicht humorvoll, vielleicht sogar etwas zu beschwingt-locker, bis der Film in der zweiten Hälfte eine deutlich härtere Gangart fährt. Wer ganz nach oben kommen will, muss sich irgendwann mit den ganz rücksichtslosen Jungs anlegen, dann gehören die holde Weiblichkeit anbaggern und entspanntes Planschen im Badesee der Vergangenheit an. Mit dem „Barbecue“ im Fleischlager (hervorragend inszeniert, vielleicht die beste Szene im Film, rein optisch) wird es ernst, was dem Werk eindeutig gut tut, der entspannte Grundton schien langsam unpassend.

Flott und unterhaltsam ist es jederzeit. Darey gönnt seinem zweistündigen Schwanzvergleich keine einzige Länge, treibt das Ganze sogar etwas zu strikt voran. Diverse Szenenwechsel erscheinen fast gehetzt, Zeitsprünge inklusive, eine etwas ausführlichere Schilderung mancher Entwicklungen hätten bestimmt nicht geschadet. Als Folge dessen – sowie der ungeteilten Aufmerksamkeit auf das Hauptdarsteller-Duo – kommen die Nebenfiguren sehr kurz, verkommen trotz Relevanz für die Handlung bald zu Statisten, was nicht unbedingt vorteilhaft ist. Gangsterfilm dieser Art müssen nicht zwangsläufig zu Überlänge-Epen werden, wenn es die Story jedoch bietet, warum nicht nutzen? Hier wird Größe und Tiefe zu Gunsten einer straffen Handlung verschenkt, dabei sind die Voraussetzungen absolut gegeben. Ein klarer Makel, besonders da die Inszenierung grundsätzlich stimmt ist. Mit einer detaillierteren und im Ablauf kreativeren Handlung wäre da eindeutig mehr drin gewesen. Mal unabhängig davon: Das sich ewig wiederholende Main-Theme ist schon nach 90 Minuten dezent nervig, so nett es anfangs noch klingt.

Fazit

Der Lack ist leicht abgeblättert und im Vergleich zu den zeitlosen Klassikern des Genres ist „Borsalino“ eigentlich nur zweite Wahl. Trotzdem noch ein unterhaltsamer, gut ausgestatteter und vor allem enorm charismatisch gespielter Streifen, der es mit Interesse an der Materie wert ist ausgegraben zu werden.

Autor: Jacko Kunze
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