Nicht viele Filme sind es, die Brandon Lee (Rapid Fire) zu Lebzeiten drehen konnte. Ein tragischer Unfall, der sich während den Dreharbeiten zu The Crow ereignete, riss den Schauspieler mit gerade einmal 28 Jahren viel zu früh aus dem Leben. Ein trauriges Schicksal, welches bereits seinen Vater Bruce Lee (Enter the Dragon) ereilte, der ebenfalls in jungen Jahren völlig unvermittelt aus dem Leben schied. Mit dem Actiondrama Legacy of Rage, auch als Born Hero bekannt, war Brandon Lee im Jahr 1986 das erste Mal auf der Kinoleinwand zu sehen. Regie führte Ronny Yu, der Jahre später auch im Westen erfolgreich sein sollte und dort unter anderem Werke wie The 51st State oder Freddy vs. Jason inszenierte. Für Legacy of Rage greift Yu die beliebten Themen Verrat, Rache sowie Freunde, die zu erbitterten Feinden werden auf.
Doch bevor es so weit ist, bekommt man als ZuschauerIn die drei wichtigsten ProtagonistInnen vorgestellt. Da wäre zum einen der von Brandon Lee verkörperte Brandon. Ein durch und durch guter Kerl, der zwei Jobs gleichzeitig nachgeht, nichts mit krummen Geschäften zu tun haben möchte und auch mal mit einem Kind auf dem Arm einem Bus hinterherrennt, weil die Familie selbiges beim Einsteigen vergessen hat. Sein (vermeintlich) guter Freund Michael, der von Michael Wong (Knock Off) verkörpert wird, tickt da ganz anders. Denn dieser ist, genauso wie sein Vater, im Drogengeschäft tätig, auf seinen eigenen Vorteil bedacht und hat offenkundig ein Auge auf Brandons Freundin May (Regina Kent aus A Better Tomorrow II) geworfen. Diese hat jedoch nur Augen für ihren Brandon. Von Michaels Art ist sie nicht sonderlich angetan. Die Einführung der Figuren fällt angenehm kurzweilig aus, wobei es sogar zu einem kurzen, aber handfesten Aufeinandertreffen mit Kampfmaschine Bolo Yeung kommt, den viele unter anderem als Bösewicht aus Actiongranaten wie Bloodsport oder Double Impact kennen dürften.
Nachdem Brandon aufgrund einer List Michaels unschuldig im Gefängnis landet, drosselt Yu das Tempo und obwohl es für den kampferprobten Protagonisten (natürlich) die ein oder andere Knastschlägerei gibt, ist Action zu diesem Zeitpunkt rar gesät. Etwas, dass sich auch erst in der letzten Viertelstunde wieder ändern soll. Wer daher ein fulminantes Actionspektakel sucht, ist bei Legacy of Rage nicht wirklich an der richtigen Adresse. Stattdessen versucht Yu im Mittelteil verstärkt auf Dramatik zu setzen und die emotionalen Grundsteine für ein bleihaltiges Finale zu legen. Was allerdings nur bedingt gelingen will. Stattdessen bremst sich Legacy of Rage selbst aus, indem das anfänglich hohe Tempo gedrosselt wird und der Film dabei in einigen wenigen Moment fast schon am Leerlauf vorbeischrammt… ohne jedoch tatsächlich darin zu landen. Yus Werk fällt nämlich nicht ganz so emotional mitreißend aus, wie es vermutlich die Intension war. Einen richtig spürbar intensiven „Impact“ hat die Zeit im Gefängnis nämlich weder auf die Hauptfigur noch auf die ZuschauerInnen. Dafür wurde die Geschichte zum einen bereits zu oft erzählt und ist reichlich vorhersehbar, zum anderen fallen die Herausforderungen, mit denen sich Brandon innerhalb des Gefängnisses konfrontiert sieht, nicht drastisch genug aus. Auch ist allgemein nur bedingt nachzuvollziehen, dass Brandon über lange Zeit hinweg fast schon treudoof an seinem „Freund“ festhält und nicht Lunte riecht. Ungeachtet dessen vermögen es Yu und die physische Präsenz Lees dafür zu sorgen, dass man als ZuschauerIn letztendlich aber eben doch am Ball bleibt.
Was die Figurenzeichnung angeht, so hat man es hier mit sehr eindimensional angelegten Charakteren zu tun, die überdeutlich in die Kategorien gut und böse unterteilt sind. Ein tiefgehendes Interesse für die Figuren will sich daher nur schwerlich einstellen. Erfreulich ist indes, dass das oft bei asiatischen Filmen vorkommende, für westliche Sehgewohnheiten aber meist befremdlich wirkende „Overacting“ gänzlich außen vor bleibt. Lees Schauspiel fällt dabei, wie bereits angedeutet, durchaus überzeugend aus. Etwas, dass man von Michael Wongs Performance nur bedingt behaupten kann. Dieser bleibt für einen derart fiesen Kerl doch etwas blass und weit weniger überzeugend, als man es sich gewünscht hätte. Allerdings ist dies durchaus auch dem Drehbuch geschuldet. Was Regina Kents Rolle als May angeht, so bleibt diese Figur gänzlich unterentwickelt. Sie ist letztlich dazu verdammt, nur ein Mittel zum Zweck zu sein, um die Geschichte auf ein bleihaltiges Finale zusteuern zu lassen.
Zum Ende hin findet der Film schließlich wieder zu dem flotten Erzählfluss der Anfangsminuten zurück und die Geschehnisse überschlagen sich. In den letzten fünfzehn Minuten ist es dann auch endlich soweit, dass die Action in den Vordergrund tritt. Brandon macht sich schwer bewaffnet auf den Weg zu Michaels Anwesen, was mit verbeultem Blech, explodierenden Autos und reichlich Blei in der Luft einhergeht. Der Kampf gegen eine zahlenmäßig weit überlegene Schar an Gegnern weist dabei deutliche Züge des „Heroic Bloodshed“ auf, was u. a. mit Sprüngen, Hechtrollen, dem beidhändigen Abfeuern von Schusswaffen und zahlreichen blutigen Einschüssen einhergeht. All jenen, die derartig akrobatischer Schusswaffengebrauch gerne sehen und denen die furiosen fünfzehn Minuten zum Ende hin nicht ausreichen, seien insbesondere John Woos Filme The Killer sowie Hard Boiled ans Herz gelegt. Diese sind nicht nur temporeicher sowie inhaltlich vielseitiger, sondern präsentieren sich darüber hinaus über die Laufzeit hinweg sowohl actiongeladener als auch deutlich schießwütiger.