6.4

MB-Kritik

Finch 2020

Sci-Fi, Drama

6.4

Tom Hanks
Caleb Landry Jones
Marie Wagenman
Lora Martinez-Cunningham
Oscar Avila
Emily Jones
Seamus

Inhalt

Tom Hanks spielt Finch, einen Roboter-Ingenieur, der einer der wenigen Überlebenden einer verheerenden Naturkatastrophe ist, die die Erde in eine Einöde verwandelt hat. Finch, der 10 Jahre in einem Bunker unter der Erde gelebt hat, hat sich seine eigene Welt geschaffen, die er sich mit seinem Hund Goodyear teilt. Er baut einen Roboter, der sich um Goodyear kümmern soll, wenn er selbst nicht mehr dazu in der Lage ist. Die drei brechen zusammen zu einer gefährlichen Reise in den Westen der USA auf. Finch möchte seiner Kreation, die sich selbst den Namen Jeff gegeben hat, zeigen, wie wundervoll es ist, lebendig zu sein. Auf ihrem Roadtrip stellen sie sich spannenden und unterhaltsamen Herausforderungen, denn es ist für Finch genauso schwierig, Jeff und Goodyear dazu zu bringen, sich zu verstehen, wie mit den Gefahren dieser neuen Welt umzugehen.

Kritik

"I know you was born yesterday, but it's time for you to grow up."

Post-Apokalypse und Künstliche Intelligenz. Beides Themen, die sich für unterschiedliche Genre anbieten. Vor allem, wenn es darum geht, Angst vor der Zukunft und der modernen Technik zu schüren, werden sie gerne genutzt. Bricht man die Handlung von Finch (der früher noch Bios hieß) grob herunter, könnte der Eindruck entstehen, es handet um einen einsamen Wissenschaftler, der sich mit seinem Hund und einem Roboter durch eine lebensfeindliche Welt kämpft. I am Legend oder The Book of Eli könnten einem da einfallen, wenn man sich außenstehend mit dem Film von Game of Thrones-Regisseur (er inszenierte u. a. die Episode Battle of the Bastards) beschäftigt. Von diesen beiden Beispielen ist Finch aber weit entfernt. Besser könnte das Überlebensdrama beschrieben werden als eine Mischung aus Pixars Wall-E und einer familienfreundlichen Version von The Rover.

Um eines klarzustellen, wer von Finch erwartet, dass es hier um einen intensiven Überlebenskampf geht, hat sich sehr deutlich für den falschen Film entschieden. Auch wird hier nicht über das Für und Wider künstlicher Intelligenz verhandelt. Im Groben lässt sich sagen, dass wir es hier mit einem Road Movie durch eine verwüstete Welt zu tun haben, in der Stürme und eine brennende Sonne ein Überleben für die meisten unmöglich gemacht haben. Altbekannte Elemente aus postapokalyptischen Thrillern wie Kannibalen oder Mutanten gibt es hier nicht. Zwar geht von anderen Menschen hin und wieder eine Bedrohung aus, aber Finch ist dieser Aspekt der Geschichte relativ egal. Dem Film geht es um Menschlichkeit. Eine Thematik, für die nur ein einziger Mensch benötigt wird: Oscar-Preisträger Tom Hanks.

Als Titelfigur manövriert er sich in typischer Erstklassigkeit durch die einfache, aber effektive Geschichte. Der todkranke Finch baut einen Roboter, der sich um seinen Hund Goodyear kümmern soll. Was klingt wie eine zuckersüße Rührseligkeit, die in ein konträres Setting geflanscht wurde, erweist sich als durchaus bewegende Abhandlung über Menschlichkeit, die nicht nur an unsere Spezies gekoppelt ist. Der Roboter (in der US-Sprachfassung toll vertont von Get Out-Bösewicht ) muss nicht nur lernen was gut für Finch und Goodyear ist, er muss auch seine eigene Existenz erkennen. Besonders tiefsinnig wird das zwar selten, aber es reicht aus, um viele kleinere und größere Geistesblitze zu evozieren, die in unseren Köpfen dann hoffentlich interessante Fragen und Gedanken erschaffen. Finch ist kein Werk, das mit einer Komplexität prahlt, diese kommt erst dann zum Vorschein, wenn man sich selbst mit dem Geschehen im Film beschäftigt.

Es mag sein, dass Regisseur Miguel Sapochnik zu dick bei den Emotionen aufträgt, dem Film schadet es nicht. Solche Auswuchtungen gleicht Hanks mit seinem Spiel problemlos aus. Schön ist es dazu, dass Finch im Verlauf immer wieder Momente einbringen hätte können, die wir mit einem Endzeit-Film in Verbindung bringen. Doch wie bereits gesagt, hier geht es im Grund nicht so sehr um ein Abenteuer oder einen Überlebenskampf, sondern mehr um ein überaus unterhaltsames Elaborat über die Seiten des Menschseins, die auch eine Maschine erlernen kann und das müssen nicht immer die schlechten sein. Trotz allem Unglück und der Ausweglosigkeit des Lebensendes, die Finch fraglos innehat, ist es doch ein zutiefst optimistischer Film.

Fazit

Statt Zukunfts- und Technikangst bietet "Finch" eine rührende Abhandlung zum Thema Menschlichkeit. Sonderlich komplex ist die Ausführung nicht. Muss sie aber auch gar nicht sein. Denn wer die Titelfigur mitsamt Hund und Roboter nicht nur in sein Herz, sondern auch in seine Gedanken lässt, wird mehr bekommen, als nur zwei Stunden nette Unterhaltung.

Autor: Sebastian Groß
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