6.3

MB-Kritik

Das Ende – Assault on Precinct 13 2005

Action, Drama, Crime, Thriller – USA, France

6.3

Ethan Hawke
Laurence Fishburne
Gabriel Byrne
Maria Bello
Drea de Matteo
John Leguizamo
Brian Dennehy
Ja Rule
Currie Graham
Aisha Hinds
Matt Craven
Fulvio Cecere
Peter Bryant
Kim Coates
Hugh Dillon
Tig Fong

Inhalt

Sylvesterabend in Detroit, grauenhafte Wetterverhältnisse und das 13.Revier, bisher Heimat von Sergeant Jake Roenick (Ethan Hawke) steht vor der ordnungsgemäßen Schließung. Doch während die letzte Schicht auf das Aus wartet, trifft plötzlich aufgrund der Straßenverhältnisse ein Gefangenentransport bei ihnen ein. Star der Überführungstour ist der Gangster Marion Bishop (Lawrence Fishbourne). Obwohl man nur warten will, bis sich das Wetter gebessert hat, wird die Lage bald kritisch, denn außerhalb des Reviers sammeln sich Kräfte, die Bishops Kopf wollen - und es ist ihnen egal, über wessen Leiche sie zu diesem Ziel gelangen. Das Revier wird zum Fort, die Angriffe rollen...

Kritik

Das ist ein Film, der es allein von seiner Ausgangslange nicht einfach hat. Aber gut, das hat er sich selbst ausgesucht. Hierbei handelt es sich nämlich nicht nur um das Remake eines, sondern gleich zwei waschechter Genreklassiker. Hauptsächlich beruht der Film des Franzosen Jean-François Richet (Plane) natürlich auf dem Namensvetter Assault – Anschlag bei Nacht (1976), dem erst zweiten Spielfilm von Altmeister John Carpenter (Das Ding aus einer anderen Welt). Dieser ließ sich bei seinem nur rund 100.000 $ teuren Low-Budget-Film von Howard Hawks' Westernklassiker Rio Bravo (1959) inspirieren. Die Idee ist bei allen Filmen grundsätzlich identisch, nur die Rahmenbedingungen werden angepasst. Gott sei Dank auch hier, denn ein direktes Remake von Carpenter’s Geniestreich würde diesem Remake ad hoc das Genick brechen. Carpenter machte aus einem klassischen Western einen nihilistischen Belagerungsfilm im aufgeheizten Großstadtdschungel Los Angeles, das unmittelbare Remake transportiert das Geschehen ins verschneite Detroit in der Silvesternacht. Wäre das die einzige Änderung, kaum die Erwähnung wert. Was diese Neuverfilmung goldrichtig macht, ist sich bewusst der starken Grundidee zu bedienen, um sie durch diverse Variationen eigenständig zu gestalten und dadurch nicht zwingend in unmittelbare Konkurrenz zu stellen.

Zum Jahreswechsel soll das 13. Revier in Detroit stillgelegt werden. Die Stellung halten nur noch der zuständige Sergeant Roenick (Ethan Hawke, The Northman) – ein ehemaliger Undercover-Cop, der nach einem traumatischen Vorfall nun hier die ruhige Kugel schieben will –, sein kurz vor der Pension stehender Kollege Jasper (Brian Dennehy, Rambo) und die Sekretärin Iris (Drea de Matteo, Sons of Anarchy). Wegen eines akuten Unwetters wird kurz vor Feierabend ein Gefangenentransport dorthin umgeleitet. An Bord: zwei Wachen und vier Inhaftierte, unter ihnen der hochrangige Gangster Bishop (Laurence Fishburne, John Wick: Kapitel 4). Dieser soll als Kronzeuge in einem Korruptionsprozess aussagen und ist offenbar heiß begehrt. Schon kurz nach seiner Ankunft wird das Revier von maskierten und gut bewaffneten Schergen angegriffen, der Funkverkehr ist gekappt. Notgedrungen befreit und bewaffnet Roenick die Gefangenen, denn ihm ist klar: wenn überhaupt, kommen sie hier nur gemeinsam lebend heraus.

Rio Bravo hatte eine tolle Idee, die John Carpenter mit seinen minimalistischen Mitteln erst zum unsterblichen Genre-Meisterwerk werden ließ. Damals flüchtete sich ein verzweifelter Vater in ein sich unmittelbar vor der Stilllegung befindendes Polizeirevier, nachdem Gangmitglieder grundlos seine Tochter erschossen. Er tötet im Affekt den Schützen, was wiederum zu einer beispiellosen Belagerung führte. Während bei Carpenter eine mehr oder weniger anonyme, gesichtslose Masse von skrupellosen Psychopathen eine Angriffswelle nach der nächsten starteten, gibt es bei dieser Neuauflage ein ganz konkretes Ziel und Motiv. Die Angreifer bekommen einen Grund, der über wahnsinnigen Blutdurst hinausgeht und es sorgt gleichzeitig für zusätzliches Misstrauen, da auch Verrat aus den eigenen Reihen allgegenwärtig ist. Dies ist tatsächlich ein Pluspunkt für das Remake, da es sich damit absolut bewusst ist, nicht als reine Kopie des Originals von 1976 funktionieren zu können. Dieses generierte seine Qualität fast ausschließlich über seine fantastische, beinah schon apokalyptische Stimmung und seine ungemein stimmungsvolle Inszenierung. Die eben bewusst den Tätern keine tiefergehenden Bewegründe erlaubte, sondern sie rein auf eine viehische, zahlenlose Bedrohung reduzierte, fast wie in einem Horrorfilm. Die Version von Jean-François Richet gibt dem Ganzen mehr Hintergründe, mehr Motive, was aber der einzig richtige Weg ist, um ein solches Remake überhaupt zu rechtfertigen.

Als reine Kopie des Carpenter-Films wäre eine Bruchlandung vorprogrammiert. Es erscheint schlichtweg unmöglich, dessen einmalige, beklemmende Atmosphäre gewollt nachzustellen. Darum sollte man diesen Film auch gar nicht erst den Versuch unterstellen oder gar daran messen. Sehr bewusst macht er eben genau das nicht und bleibt zwar dem Szenario treu, bastelt sich aber darum eine Handlung, die auf ihre Art deutlich besser funktioniert, als es jedes akribische Remake jemals schaffen würde. Das ist dann eben auch längst nicht so erdrückend und schweißtreibend wie damals, aber als eigenständiger Genre-Beitrag alle Male sehr unterhaltsam, knackig und kompetent inszeniert. Nicht mehr, aber auch nicht weniger als ein gut besetztes, zackiges B+-Movie, dass sich in Anbetracht der gewaltigen Bürde der Vorgänger erstaunlich beachtlich aus der Affäre zieht.

Fazit

In Anbetracht so vieler sinnloser oder sogar furchtbarer Remakes bildet „Das Ende – Assault On Precinct 13“ eine erfreuliche Ausnahme. Gerade da er nicht versucht, den großen Klassiker von John Carpenter krampfhaft zu kopieren, sondern der Prämisse eine eigene Interpretation abzugewinnen. Die ist natürlich kein Vergleich zum Original, aber das war ja auch irgendwo das Ziel. Als eigenständiges Werk sehr kurzweilig und vorzeigbar. Wenn das bei jedem Remake der Fall wäre, es gäbe weitaus weniger zu beklagen.

Autor: Jacko Kunze
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