Inhalt
Eine Gruppe von Studentinnen und ihre Dozentin Nora campieren in einem Bombenbunker, um für ihre Abschlussarbeiten zu recherchieren. In Begleitung eines unheimlich aussehenden Hausmeisters bereiten sich die Mädchen darauf vor, vierundzwanzig Stunden in dem Bunker eingeschlossen zu verbringen. Mitten in der Nacht verschwinden zwei von ihnen spurlos. Nora koordiniert die Suche, doch schon bald finden sich die Überlebenden in einem Strudel der Gewalt durch einen Menschenfresser gefangen.
Kritik
So paradox es klingen mag, aber manchmal kann eine Beschlagnahmung für einen Film mehr Segen als Fluch sein. Auch wenn damit eigentlich genau das Gegenteil erreicht werden sollte, war die bundesweite Beschlagnahmung für Man-Eater – Der Menschenfresser aus dem Jahr 1980 die beste Werbung überhaupt und trug enorm zu der Begehrtheit wie des Kultstatus des Films vom berüchtigten Schundfilmer Joe D’Amato (Porno Holocaust) bei. Lange galt eine Sichtung oder gar der Besitz der ungeschnittenen Fassung wie der heilige Gral unter Gore-Hounds und D’Amato wie sein damaliger Hauptdarsteller und Co-Autor George Eastman (Metropolis 2000) wurden zu Stars in der Szene. Erst im letzten Jahr wurde hierzulande die bundesweite Beschlagnahmung endlich aufgehoben. Ohne diese unfreiwillig herbeigeführte Legendbildung würde aber heute vermutlich kaum noch jemand über den Streifen sprechen, denn eines ist und war Man-Eater – Der Menschenfresser schon immer: ein verdammt schlechter Film. Sagenhaft öde (was D’Amato später selbst eingestand), dilettantisch inszeniert und die berüchtigten Gore-Szenen waren zwar sehr explizit, sahen aber genau so furchtbar aus wie der gesamte Rest. Dennoch scharrt sich immer noch eine beinharte Fanbase um diesen Film und mehr als vierzig Jahre später gibt es tatsächlich ein Wiedersehen mit dem garstigen Nimmersatt. Mehr oder weniger.
Um eventuellen Irritationen gleich zu entkräften: ja, laut internationalem Titel gab es schon mal einen Antropophagus II, der ebenfalls von D’Amato inszenierte Film Absurd - Ausgeburt der Hölle aus dem Jahr 1981. Das war aber nur eine der üblichen Mogelpackungen, um von dem Hype um den Vorgänger zu profitieren, inhaltlich hatten die nichts gemeinsam. Bei Man-Eater – Der Menschenfresser ist zurück handelt es sich nun wirklich um ein Sequel, obwohl man darüber streiten kann, ob es nicht mehr ein Remake oder Reboot ist. Statt auf einer griechischen Insel spielt die Handlung nun in seinem Entstehungsland Italien. Genau genommen in einer verlassenen Bunkeranlage, in die es eine Gruppe von Studentinnen und ihre Dozentin verschlägt. Warum? Nun, so richtig wird das nicht erklärt, bzw. nur extrem rudimentär. Die sollen dort halt ein Wochenende verbringen – natürlich ohne Handys und niemand soll was davon erfahren, warum auch nicht -, weil das wichtig für ihr Examen ist. Logisch, oder? Was genau die studieren erfahren wir auch nicht, in einem Nebensatz wird so was wie Literatur angedeutet, was aber genauso wenig Sinn machen würde wie alles andere, also spart man sich das eben gleich. Dort lassen sie sich von einem sympathisch aussehenden, wortkargen Eigenbrötler einschließen, damit das Ganze gleich noch etwas nachvollziehbarer wird. Das erfreut doch den titelgebenden Frischfleischfanatiker, der sich dort unten ein muckeliges Heim inmitten von Fleischerhaken und Folterwerkzeugen errichtet hat und sicher froh ist, dass endlich Nachschub im Anmarsch ist.
Eines muss man Regisseur Dario Germani (Emanuelle – Sinnliche Rache) lassen: dieser Film macht bei seiner Gewaltdarstellung absolut keine Kompromisse. Beim Wettkampf um den sadistischsten und brutalsten Streifen des Jahres dürfte der ganz weit vorne sein. Als Einstand wird einer Frau bei lebendigem Leibe ein Neugeborenes (wenn man das unter diesen Umständen überhaupt als solches bezeichnen kann) aus dem Bauch geschnitten und anschließend genüsslich verspeist. Mahlzeit, wem da nicht der Appetit vergeht, dem ist auch nicht mehr zu helfen. Und so geht es munter weiter. Da werden – den natürlich immer noch lebendigen und winselnden Opfern – ausgeweidet, die Augäpfel rausgepuhlt, Körperteile abgefressen oder die Haut abgezogen. Da wird skalpiert, auf- und abgeschnitten, aufgeknackt und zerstückelt, dass sich die Balken biegen. Die Kamera hält immer voll drauf, für Gore-Bauern wird hier ordentlich aufgetischt. Und das sieht für so eine Produktion richtig gut aus, die Make-Up- und Effektabteilung liefert voll ab. Wer sich ausschließlich an so was ergötzen kann, der kommt vermutlich auf seine Kosten. Wer mit extrem sadistischer, ungebremst expliziter Gewaltdarstellung ein Problem hat, der sollte einen weiten Bogen um diesen Film machen und leider trifft das auch auf jeden zu, der sich noch andere Qualitäten erhofft.
Das die Ausgangslage völlig absurd ist, da nie auch nur ansatzweise erklärt, mag man noch am ehesten verzeihen. Letztlich ist es auch schnurz, warum die Damen dort sind und jedwede Begründung wäre ohnehin fragwürdig. Leider sind die Darstellerinnen (hier muss mal nicht gegendert werden) genauso furchtbar wie ihre Figuren uninteressant. Die ersten sind bereits tot, bevor man sich nur ihre Namen merken konnte. In den wenigstens schlanken, 80 Minuten läuft das dann immer nach dem billigsten Schema F ab. Nach und nach wird wieder eine von ihnen massakriert und aufgefuttert, da die Ladys einfach zu blöd sind. Der obligatorische „wir sollten uns aufteilen“-Spruch kommt natürlich auch, aber wenigstens raffen die relativ schnell, dass das in so einem Fall gar keine gute Idee ist. Und trotzdem schaffen die es immer wieder, dass doch wieder jemand plötzlich isoliert und natürlich prompt weggeschnappt wird. Spannend wird das dabei nie, da der Film weder unheimlich noch düster ist und sich einzig darauf konzentriert, alle paar Minuten ein weiteres Fräulein Scheißegal zu Hackfleisch zu verarbeiten. Das Setting könnte stimmungsvoll sein, ist aber nur unglaublich monoton und natürlich hervorragend dafür geeignet, ohne Locationwechsel schnell und günstig abzudrehen.
Eine Sache an dieser repetitiven und stumpfen Schlachteplatte kann man dann doch noch leicht positiv hervorheben: der Score ist teilweise gar nicht mal schlecht. Den, gepaart mit den saftigen Effekten, könnte man sich auch in einem guten Slasher vorstellen. Der Rest ist leider maximal zweckdienlich, langweilig und nicht mal ansatzweise daran interessiert, mehr als eine ekelhafte Sauerei aufzutischen. Der Höhepunkt des Schwachsinns ist übrigens „die Falle“, die sich die letzten beiden Damen für den gammeligen Vielfraß im Showdown überlegt haben. Wirklich selten so eine dumme Aktion gesehen, selbst in einem Horrorfilm. Applaus dafür.
Fazit
Baby, es gibt Fleisch. Masken, Effekte und im Ansatz auch die Musik müssen ausdrücklich gelobt werden, der Rest ist leider hundsmiserabel. Wer richtig Bock auf rohe, drastische Gewaltexzesse und Geschmacklosigkeiten hat, der könnte aber mit „Man-Eater – Der Menschenfresser ist zurück“ trotzdem eine gute Zeit haben, denn davon wird reichlich aufgetischt. Wer exklusiv damit nicht glücklich zu machen ist, findet leider rein gar nichts, was das Ansehen auch nur im Entferntesten rechtfertigt. Immerhin: besser als das Original/der Vorgänger ist er. Der kann und konnte nämlich nie irgendwas.
Autor: Jacko Kunze