Inhalt
Hinter Anna Poliatovas atemberaubender Schönheit steckt ein Geheimnis: Sie ist nicht nur eines der gefragtesten Models in Paris, sondern die junge Russin besitzt auch einzigartige Fähigkeiten, die sie zu einer der weltweit gefürchtetsten Killerinnen im Auftrag des KGB macht. Als schließlich die CIA sie ins Visier nimmt, verstrickt sie sich zunehmend in einem Netz aus Lügen und Intrigen und ein Ausweg scheint immer aussichtsloser…
Kritik
Anna (Sasha Luss, Valerian) ist eine unscheinbare Frau, die auf dem Moskauer Markt Matroschkas verkauft. Ein Scout wird auf sie aufmerksam und bietet ihr einen Modeljob in Paris an. Nach anfänglichem Zögern willigt sie ein und beginnt einen Neustart in der Stadt der Liebe, doch es soll nicht ihr letzter bleiben, denn Luc Besson (Léon - Der Profi) hat Großes mit ihr vor. Er führt seine Protagonistin in einem Setting der späten 80er-Jahre ein, in dem sich der Kalte Krieg langsam seinem offiziellen Ende nähert, der sowjetische Geheimdienst KGB und die CIA jedoch weiterhin in Konkurrenz stehen. In vielen Rückblenden, die diskontinuierlich und teils unübersichtlich daherkommen, berichtet er uns von Annas Geschichte und wie sie in das Kreuzfeuer der Geheimdienste geriet.
Sasha Luss gelingt dabei eine intendiert dünne Performance, die uns Anna eher als lebendigen Spielball präsentiert, der nur in wenigen Glanzmomenten aus seiner Passivität auszubrechen versucht, um sich das letzte Stück Freiheit zu greifen, das ihr noch geblieben ist. Denn Anna hat sich noch nie frei gefühlt und das soll sich auch nicht ändern, sobald sie mit den Geheimdiensten in Verbindung tritt. Sie selbst fasst es passend zusammen, wenn sie davon spricht, dass sie in ihrem Leben stets nur den Käfig wechselt, jedoch nie den Weg in die Freiheit findet und damit auch nicht zur Entfaltung ihrer Persönlichkeit. Vor dem historischen Kontext mag man bei dem so umrissenen Thema vermuten, Besson strebe eine Thematisierung der Siegesgeschichte des westlichen Kapitalismus und der USA an, die es geschafft haben, sich gegen den Kommunismus als konkurrierendes Wirtschafts- und Gesellschaftssystem durchzusetzen. Gerade die Annäherung an das Jahr 1989 impliziert Derartiges.
Stattdessen ist er nicht daran interessiert, die Freiheit in der Ideologie der USA zu suchen, er blendet das Thema der Ideologie nahezu komplett aus. Die Worte "Kommunismus" und "Kapitalismus" fallen kaum, politische Zusammenhänge und Strategien werden nicht erklärt. Ihre einzigen Aushängeschilder sind die beiden konkurrierenden Geheimdienste. In beiden soll Anna während des Filmes Vertraute finden, die ihr im Rahmen ihrer Möglichkeiten Beistand leisten. Dadurch gelingt es, die beiden Geheimdienste in ihrer Gleichförmigkeit zu erkennen und ein ambivalentes Bild ihrer Träger zu zeichnen, das Zwischentöne zulässt. Und dennoch schafft es Anna nie sein gesamtes Potential zu entfalten, weil er kaum einen interessanten Gedanken fassen kann, der über die Ablehnung einer Affirmation mit einer der Ideologien hinausreicht.
Allzu bekannt sind die Bilder von der harten Ausbildung durch den KGB, von Machtintrigen und Strategien innerhalb der Geheimdienste. Hinzu kommt, dass die Stimmung des Kalten Krieges bereits unzählige Male eindrucksvoller eingefangen wurde. Gerade zum Ende hin werden auch die erzählerischen und Schwierigkeiten deutlicher: Anna erscheint zeitweise unstimmig, wenn beispielsweise plötzlich mehr komödiantische Elemente auftauchen. Aber auch die diskontinuierliche Erzählweise, die neue Facetten der Handlung aufzudecken versucht, passt zur wechselhaften Identität der Protagonistin, tut dem Gesamtwerk jedoch nur bedingt gut. Der Zuschauer wird immer wieder aus der Erzählung gerissen, wodurch diese keine Sogkraft entwickelt. Dabei beweist Besson wieder sein Talent als Regisseur, wenn man einen Blick auf die gelungenen Action-Szenen, leidenschaftlichen Liebesszenen und melancholische Einzelmomente wirft, die sich aber leider nicht zu einem vollends stimmigen Gesamtwerk zusammensetzen wollen.
Fazit
Luc Besson inszeniert mit "Anna" einen Film, der für den Regisseur altbekannte Leitmotive im Setting des Kalten Kriegs verankert. Entstanden ist dabei eine unstimmige Erzählung mit eindrucksvollen Einzelmomenten, die es verweigert, sich für eine Seite zu entscheiden, womit sie Raum gewinnt, die Gleichförmigkeit von Geheimdiensten darzustellen. Dabei kann der Film jedoch kaum einen interessanten Gedanken fassen und langfristig verfolgen.
Autor: Maximilian Knade