Inhalt
Ein militärisches Bergungsteam wird nach Piedmont, New Mexico beordert, um eine Weltallsonde zu bergen. Doch ist der Ort völlig ausgestorben, Leichen säumen zu Dutzenden die Straßen. Als auch die Männer auf mysteriöse Weise umkommen, wird ein ausgesuchtes Wissenschaftlerteam mit der Aufklärung der Umstände betraut. In einer streng geheimen Laboranlage findet die Gruppe um Dr. Stone (Arthur Hill) in der Kapsel einen im All eingefangenen Virus, der zur Bedrohung für die ganze Welt werden könnte...
Kritik
Basierend auf dem ersten Roman von "Jurassic Park"-Schreiber Michael Crichton, markierte "Andromeda" eine Geschichte, die zu ungewöhnlich für reine SciFi-Stoffe war und doch wieder zu authentisch, als sie in einem spacigen Ammenmärchen zu verbraten. Als Student von einer Debatte über kristallines Leben beeinflusst, kreierte Crichton kurzerhand einen Alienvirus, der offenkundig wissenschaftlich fundierten Ursprungs ist und damit das Herzrasen ordentlich in die Höhe trieb. Dabei ist "Andromeda" nicht mal ansatzweise ein Katastrophenfilmchen für´s RTL II-Nachmittagsprogramm - eher ein thrilliger Politbolzen mit ordentlicher SciFi-Schlagseite unter dem Mantel sachverständiger Fachsimpelei.
Würde man modernere Filme ähnlicher Couleur darüber legen (beispielsweise "Outbreak - Lautlose Killer" oder ferner "Contagion"), lässt sich einzig im dynamischen Bereich der Storyentwicklung Vergleiche ziehen, somit gibt das Werk (mit einigen wenigen lästigen Ausnahmen) ein ordentliches Erzähltempo vor. Ansonsten ist "Andromeda" der beste Beweis dafür, wie Science Fiction mit Killervirenthema gediegenermaßen zu funktionieren hat. Für einen Blockbuster ist die Storygestaltung zu wissenschaftlich und speziell ausgelegt, und wird der Film nicht müde, jede noch so kleine Lehrstunde aus der Mikrobiologie- oder Chemieecke in die Geschichte einzufügen. Man muss glatt froh sein, dass der Plot nicht noch mehr ins Detail gegangen ist, sonst würde der Film nur noch für Fachkongresse taugen. Im Umkehrschluss ist gerade dies als Element für den Spannungsaufbau sowie die erzählerische Substanz von grundlegender Wichtigkeit. Durch das Verweben von Ereignissen, die theoretisch möglich erscheinen, wird der Film zu einem Angst einflößenden Krisenszenario mit realitätsnahem "Was wäre wenn"-Charakter, selbst wenn man dem Film gerne mal das Attribut der Langatmigkeit nachsagen möchte.
Vielleicht etwas verwirrend, aber durchaus von narrativem Belang sind die Zeitsprünge, die nicht selten einsetzen, wenn Erklärungsbedarf besteht. Dann, wenn Hintergründe zu beleuchten sind und sie eventuell den Zuschauer die Logikpeitsche aus dem Rucksack zücken ließen, wird eine solche Zwischenszene angesetzt, um etwaige Lücken im Konstrukt zu schließen - etwa bei der Einführung des Labors, das dann bei einem Brainstorming sowie einer nichtöffentlichen Senatsanhörung zur Sprache kommt. Hier entfaltet sich eine nichtlineare Struktur, die vielleicht für das ein oder andere Stirnrunzeln sorgt, aber nie zu ausschweifig wird, um sich völlig aus der Bahn zu schleudern. Es werden dann eben mal klammheimlich weitere Nebengeschichtchen eingeflochten - Stichwort Verschwörungsplot. Man sollte deswegen den Film als Gesamtwerk sehen, da sich viele Fäden überkreuzen und auch erst später einen kompletten Sinn ergeben mögen.
Bei den Figuren wird zwar nicht geklotzt, aber immerhin großflächig gekleckert, und neben den Hauptcharakteren werden allerlei Nebenpersonen platziert, die ihren Teil zum Gesamteindruck beitragen. So wird neben dem Laborpersonal über das Militär bis hin zum unbedarften Dorfbewohner alles abgedeckt, um die Illusion so realistisch wie möglich zu gestalten. Letztlich handelt das Werk in terrestrischem Maßstab alle relevanten Stationen ab. Die Protagonisten betreffend wird hier eindeutig politisch Stellung bezogen, dass sich ein Team zusammenfindet, das sich in ihren Überzeugungen nicht einig ist. Dies sorgt mitunter für einen Plotabschluss, der fast typisch die Mühlen von Politik und Forschung durchläuft - ein Happy End kann man sich hier schenken und wäre auch höchst unglaubwürdig geworden.
Einer genaueren Betrachtung sollte man der Inszenierung widmen, denn die haben Robert Wise und sein Stab so intensiv gestaltet, dass sie die Spannung um etliche Packen potenziert. Die Idee des Splitscreen-Verfahrens wurde hier großzügig eingesetzt und sorgt in den Momenten, in denen die Story zu stocken drohte, für den nötigen Schubser. Anstatt sich in hektische Schnitte zu verrennen, packte man einfach mehrere Standorte für eine Szene zusammen und setzte teils mehrere Bilder über-, neben- oder ineinander, was gar einen leicht dokumentarischen Charakter einbringt. Auch in Kulissen sowie Farb- und Lichtgebung wurde eine Menge investiert, so dass etwa der Eindruck einer erdrückenden, hochmodernen Laboranlage durchgängig beibehalten werden konnte. Dem titelgebenden "Star" und zellgroßen Antagonisten des Films wurde gar dem Effektveteranen Douglas Trumbull ("2001", "Blade Runner") ein damals beachtliches Budget von 300.000 $ zugesprochen - und das nutzte Trumbull, um den für Fans schon ikonischen Virus zu kreieren, der kantig und eindeutig koloriert auf dem Bildschirm prangt.
Das i-Tüpfchelchen ist jedoch die Musik von Gil Mellé, der mit seinem Synthesizer das Maximum am Grotesken herauskitzelt. Die schrägen, hässlichen und leiernden Sounds sind für jeden geneigten Radiohörer eine Qual, passen aber sehr gut in das Szenario und steigern die Spannung gleich nochmals um einige Faktoren - der Bedrohungsgrad wird für den Zuschauer dadurch geradezu greifbar. Das klingt zwar manches Mal, als ob ein 6-jähriger ein bisschen auf einer Orgel herumklimpert, aber der dem Jazzgenre gewogene Mellé wusste hier genau, was er tat und durfte sich eine Golden Globe-Nominierung für die beste Filmmusik einholen.
Schließlich sorgt auch der Cast für einen durchgehend authentischen Eindruck. Mit Arthur Hill als treibende Kraft und "Anführer" der Labortruppe konnte kein besserer gewählt werden, sprechen vor allem seine Augen Bände, wenn er etwa im Verlaufe seiner Zusammenarbeit mit Dr. Leavitt alias Kate Reid langsam seine Geduld mit ihrer Aufmüpfigkeit verliert. Vordergründig sind diese und weitere Figuren im Skript so nachvollziehbar erschaffen worden, dass ein höchstens mittelmäßiger Schauspieler da nichts hätte falsch machen können. Mit James Olson oder David Wayne hatte man indes Profis am Werk, die ihren Parts einen farbgenauen Anstrich verpassten. Das lässt sich mühelos bis in die kleinen Nebenrollen fortführen, um den Eindruck nicht gefährden zu müssen.
Fazit
"Andromeda" ist ein sehr ungewöhnlicher SciFi-Film, der es wagte, wissenschaftliche Korrektheit in ein Panikszenario zu verpacken. Durch seine ungewöhnliche Inszenierung, die bis heute fast einmalig ist, schaffte Robert Wise einen Krisenherd, der trotz der fiktiven Substanz ordentlich an den Nerven zerrt. Wer sich also nicht von lehrerhaften bzw. klinisch-pedantischen Elementen abschrecken lässt, sollte hier unbedingt einen Blick riskieren. Die Realität würde sich wohl kaum anders darstellen, so dass die Grenze zum Unterhaltungsmedium gefährlich verblasst.
Autor: Sascha Wuttke