Es benötigt keine Quantenphysik, um zu erkennen, dass A Quiet Place bei einem weltweiten Einspielergebnis von über 340 Millionen US-Dollar, bei einem Budget von 17 Millionen US-Dollar, eine überaus lukrative Produktion für Paramount war. Gerade in der aktuellen Zeit, in dem das Studio meist hinter den Platzhirschen Universal und vor allem Walt Disney agiert, war solch ein Resultat für einen Film, der auf keinem Bestseller, Franchise oder bekannten Film basiert, eine überaus positive Überraschung und um weiter Kapital daraus zu schlagen, musste eine Fortsetzung her. Warum auch nicht? Das Ende von A Quiet Place war gleichsam emotional wie befriedigend und ließ viel Raum für ein Sequel.
In den ersten Minuten von A Quiet Place 2 wird gezeigt, wie die Invasion der gut gepanzerten wie überaus geräuschempfindlichen Monster einst begann. Der Prolog vertraut auf wesentlich mehr Action und Schauwerte, was verständlich ist, denn der intime Beginn des ersten Teils zog seine Spannung zu großen Teilen aus der Ungewissheit. Genau diese fehlt dem Publikum bei der Fortsetzung natürlich, weswegen der anfängliche Fokus auf eine Idylle, die quasi aus dem Nichts in ein Inferno aus Panik, Überforderung und Destruktion verwandelt wird, überaus passend ist. Es dürfen nur dadurch keine falschen Schlüsse zum Verlauf der restlichen Handlung des Sequels gezogen werden. Im direkten Vergleich mit A Quiet Place bietet der Nachfolger zwar mehr Action, den Eindruck der Trailer, dass der Horrorfilm eine ähnliche tonale Wandlung vollzieht, wie Alien - Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt zu Aliens - Die Rückkehr ist aber falsch.
Was die Fortsetzung stattdessen erweitert, sind zwei essenzielle Kernelemente von A Quiet Place: Stille und Familie. Teil zwei bietet noch mehr Geräuschlosigkeit, was vor allem auch daran liegt, dass die Macher auf einen Kritikpunkt des Vorgängers eingegangen sind. So wird der Score von Komponist Marco Beltrami jetzt wesentlich reduzierter und konzentrierter eingesetzt. Es gibt nun mehr ruhige Szenen, die komplett ohne musikalische Untermalung daher kommen. Das macht diese Momente intensiver und manchmal sogar persönlicher. Da fällt es auch nicht so sehr ins Gewicht, dass Regisseur John Krasinski (Die Hollars - Eine Wahnsinnsfamilie), der diesmal auch für das Drehbuch verantwortlich war, wenig subtil zu Werke geht, wenn es um Emotionen geht und dabei oftmals auch vergisst, welch ein gutes Werkzeug die Bildsprache sein kann.
Beim Element der Familie übernimmt Cast-Neuzugang Cillian Murphy (Peaky Blinders - Gangs of Birmingham) eine überaus wichtige Position. Es geht um Trauer und die Bewältigung von dieser, aber auch um tief sitzende Traumata, die noch einmal durchlebt und durchstanden werden müssen, um in dieser gefährlichen Welt zurechtzukommen. Murphy macht seine Sache gut, auch wenn das Drehbuch gerne zu dick aufträgt und beim Seelenleben seiner Figuren nur wenig Volumen für eigene Erkenntnisse lässt. Der größte Makel des Scripts ist aber eine narrative Entscheidung, die den Film unschön zerfasert:
Im späteren Verlauf der Handlung werden im Grunde drei verschiedene Episoden präsentiert, die zur gleichen Zeit stattfinden. Zwischen denen springt Kransinski munter hin und her. Dabei gelingt ihm kein wirklicher narrativer Rhythmus, auch wenn der Schnitt immer wieder versucht diese drei Storylines miteinander zu verbinden und dabei ab und an auch eine parallel verlaufende Progression zustande kommt. Dieses Problem hatte Teil eins nicht. Dort blieb die Familie zusammen und konnte durchaus als ein großer Organismus wahrgenommen werden, der gelernt hatte, sich mit der lebensgefährlichen Umwelt zu arrangieren. So gesehen ist es durchaus frischer, erzählerischer Wind, der durch den zweiten Teil weht, aber diese Handlungssprünge wirken meist einfach zu grob. Krasinski hantiert einfach mit zu vielen Fixpunkten und errichtet damit Barrikaden, die dafür sorgen, dass das world building nie so richtig funktionieren will.
Fans des ersten Teils werden aber trotz allem gut bedient, aber auch bei A Quiet Place 2 gilt folgende Regel: Nicht genauer drüber nachdenken, was im Film passiert. Wer schon beim Vorgänger des Öfteren mit den Augen rollte, wird auch hier wieder ordentlich Augengymnastik betreiben. In der Fortsetzung gibt es immer wieder Momente und Szenen, die seltsam erscheinen, wenn man sich klarmacht, dass die Figuren auf der Leinwand doch eigentlich mittlerweile wissen sollten, in welcher erbarmungslosen Welt sie sich bewegen und wo die Gefahren liegen. A Quiet Place 2 benutzt Verletzungen der inneren Logik, um Spannungsmomente zu erzeugen und vor allem die Geschichte voranzutreiben. Schade, dass genau dadurch die eben genannte Episodenstrukur generiert wird.
Diese Verfehlung wird hoffentlich im dritten Teil, zu dem Krasinski schon Ideen hat, nicht noch einmal gemacht. Beim Einsatz der Filmmusik bewies der Filmemacher beim Sequel bereits, dass der es durchaus versteht Fehler zu beheben. Vielleicht gelingt ihm bei A Quiet Place 3 dann auch ein passendes Ende zu inszenieren, denn das von A Quiet Place 2 wirkt leider zu abrupt. Wenn der Abspann über die Leinwand flimmert (nein, es gibt keine After-Credit-Scene – zumindest während der Pressevorführungen wurde keine gezeigt) stellt sich kein wirklich zufriedenstellendes Gefühl ein.
Das Ende erinnert mehr an einen Schluss einer Serienfolge, bei der klar ist, dass es dort, wo wir die Charaktere zuletzt gesehen haben, nächste Woche weiter geht. Dass Teil 3 uns so schnell erreicht ist selbstverständlich ausgeschlossen. Dies muss aber nichts an der Vorfreude schmälern, denn ans Herz gewachsen sind einem die Figuren definitiv, auch weil Emily Blunt (Edge of Tomorrow), Noah Jupe (Le Mans 66: Gegen jede Chance) und vor allem Millicent Simmonds (Wonderstruck) als Darsteller durchweg überzeugen.