Inhalt
Der junge Palästinenser Rafiq hat sich in seinem Job in einem Restaurant in Deutschland eigentlich ganz gut eingerichtet, weit weg von seinem herrschsüchtigen Vater in Ost-Jerusalem. Der Einladung zur Hochzeit seines Bruders Jamal in der alten Heimat folgt er daher nur sehr zögerlich. Und tatsächlich, kaum ist die Familie wieder vereint, brechen alte Konflikte wieder auf, die explosive Stimmung eskaliert schließlich so weit, dass sein Vater im Streit eine tödliche Herzattacke erleidet. Nun müssen die Brüder gemeinsam den letzten Wunsch des verstorbenen Vaters erfüllen: in Ramallah, auf palästinensischem Territorium beerdigt zu werden! Also begeben sich Rafiq und Jamal auf die gefährliche Mission: mit der Leiche des Vaters - versteckt im Kofferraum ihres Wagens - haben sie nicht nur schnell die israelischen Sicherheitskräfte, sondern durch diverse Missgeschicke auch noch palästinensische Terroristen und die russische Mafia im Nacken - und eine attraktive Blondine an ihrer Seite...
Kritik
Der Name Ali Samadi Ahadi ist spätestens mit der beeindruckenden Dokumentation "Lost Children", welche 2006 mit dem Deutschen Filmpreis in der Kategorie Bester Dokumentarfilm ausgezeichnet wurde, eine feste Größe im deutschen Kino. Denn immerhin konnte auch die Culture-Clash-Komödie "Salami Aleikum" rund drei Jahre später durch seine frische lebendige wie kritische Art und auch die wichtige Dokumentation "The Green Wave" im Jahre 2011, über die Proteste nach der iranischen Präsidentschaftswahlen 2009, Kritiker wie Publikum gleichermaßen überzeugen. Bei seinem neuem Film "45 Minuten bis Ramallah", gelingt dies dem Querkopf und politisierten Denker Ahadi allerdings nicht ganz. Denn trotz eines recht humorvollen Blickes auf den Nahostkonflikt und den Vorurteilen zwischen Palästinensern und Israelis, bleibt letztlich ein kleiner fader Beigeschmack zurück. Zu lange dauert die Pointe, zu viele Geschichten trüben den Gesamtblick und auch die beiden ungleichen Brüder Rafiq sowie Jamal, könnten als Duo noch um einiges schärfer sein. Was bleibt ist aber dennoch ein recht sympathischer Road-Movie mit einer gelungenen Botschaft, die Bilder im Kopf durchbrechen möchte.
"45 Minuten bis Ramallah" setzt hierbei vornehmlich auf Humor: So werden nicht nur die Figuren vollkommen überzeichnet dargestellt, sondern auch Schnitte, Ton und Kulissen passen sich dem chaotischen Spaß in perfekter Weise an. Zwar erinnert vieles an das alte französische, aber auch eben das neue, Kino der 60er Jahre, doch durch den wirklich gut eingefangenen Konflikt zwischen Palästinensern und Israelis, wirkt es dennoch wie aus einem Guss. Dies gilt allerdings nicht für die Geschichte an sich. Denn während gerade zu Beginn viel Klamauk sowie einige Gags ins Leere laufen, sind es vor allem die vielen Nebenschauplätze, die den Film aufweichen. Entweder hätte hier Regisseur Ahadi auf eine schärfere Zeichnung der Figuren setzen müssen, oder aber auf eine weniger lächerliche Inszenierung. Denn gerade wenn sich im Finale in einer rituellen Videobotschaft die Heldenpose unter Zwang in eine regelrecht trashige Heultriade verwandelt, ist leider etwas über das Ziel hinausgeschossen worden.
"Es ist mein Irrenhaus und ich gehöre hierher!"
Das letztlich "45 Minuten bis Ramallah" dennoch aber gut funktioniert, liegt einfach an der recht gewagten Parodie an sich. Denn sich einem solchen Konflikt auf einer humorvollen Ebene zu nähern, verdient schon an sich Respekt. Und auch die beiden äußerst charmanten Hauptdarsteller Karim Saleh und Navíd Akhavan versuchen ihr bestes, die Situationskomik sowie Action passend in das Geschehen einzubauen. Zwar täuscht dies nicht über kleine Drehbuchschwächen und die äußerst wagen Figuren hinweg, doch gerade zum Ende hin, schafft es "45 Minuten bis Ramallah" noch einmal ordentlich Fahrt aufzunehmen. Schwarzhumorig (dank Badasar Colbiyik als durchgeknallter Freiheitskämpfer), mit einer teils gelungenen Botschaft sowie einem entspannten Ende, geht es dann doch noch nach Ramallah.
Fazit
"45 Minuten bis Ramallah" will im Kern eine treffsichere Satire sein, scheitert aber an vielen Stellen an seinen eigenen Stolpersteinen. Regisseur Ahadi schafft es aber dennoch gerade im letzten Drittel eine spannende Satire über den Nahostkonflik zu servieren, die als sympathisches Road-Movie besonders bei Fans einen guten Eindruck hinterlassen wird. Der Weg nach Ramallah war wohl noch niemals so schwer und actionreich wie hier…
Autor: Thomas Repenning