Die vorher selbst fein gesetzten Nadelstiche, die unterschwellig implizierten Schuldgefühle und Minderwertigkeitskomplexe schlagen mit aller aufgestauten Wut zurück. Tränenreich (nicht zu verwechseln mit rührselig) zerfällt die jahrelang krampfhaft aufrechterhaltene Charade in den Scherbenhaufen, der nie etwas anderes war. Der Showdown zwischen Ingrid Bergman und Liv Ullmann – von Sven Nykvist abermals in bestechender Präzision und in jedem Detail fast voyeuristisch ausdrucksstark eingefangen – ist selbstaufopfernde Schauspielkunst auf höchstem Niveau und spannender, mitreißender als jeder Thriller, beeindruckender als jedes Blockbuster-CGI-Gewitter, abgründiger als jeder Horrorfilm. Bergman beherrscht das menschliche Kino wie kein Zweiter und seine „Herbstsonate“ ist selbst für seine Verhältnisse ein herausragender Brocken, den man erstmal schlucken muss, aber – und das ist die wahre Kunst – den man trotzdem in jedem Moment genießt. Unheimlich, wie einem das gelingen kann.
Dieser Auszug entstammt der Kritik von JackoXL, der dem Film 9 von 10 Punkten gab.