Story
Der Spieler wacht gestrandet auf, nachdem sein Schiff scheinbar auf dem Sarkophag abgestürzt ist – einem riesigen, im Weltraum treibenden, kosmischen Uterus, in dem ein uraltes dämonisches Wesen namens ULTROS gefangen ist. Eingeschlossen in der ewigen Schleife eines schwarzen Lochs, gilt es nun den Sarkophag zu erforschen und seine Bewohner zu treffen, um die eigene Rolle zu verstehen. Wird man zum grausamen Vernichter dieses Kreislaufs, oder kann man ein Bindeglied zwischen Zerstörung und Wiedergeburt werden?
Kritik
Fans von Metrovania-Spielen können sich wirklich nicht beschweren, gab es in den letzten Jahren in dem Bereich immerhin massig Vertreter und darunter tatsächlich auch viele ziemlich gute. Gerade erst begeisterte Prince of Persia: The Lost Crown von Ubisoft als solches, nun legt das schwedische Indie-Studio Hadoque einen weiteren Titel nach. Und mit ihrem Ultros gelingt ihnen von vornherein etwas, das gar nicht einfach im Genre ist, nämlich aufzufallen. Denn der psychedelisch-kosmische Look ist schon ziemlich einzigartig. Als wäre H. P. Lovecraft auf LSD.
Es beginnt geheimnisvoll und bleibt es im Grunde auch über die gesamte Spieldauer: In der Rolle der Protagonistin Ouiji erwacht man an einem fremdartigen Ort und bahnt sich fortan seinen Weg durch diesen. Erst nach und nach erfährt man Einzelheiten über die Geschehnisse um eine anstehende Wiedergeburt eines mächtigen Wesens und über die seltsame Umgebung, alles jedoch äußerst kryptisch gehalten und nie eindeutig erklärt. Auch die wenigen Charaktere, denen man auf seiner Reise begegnet, schaffen in den wirren Dialogen kaum Abhilfe. Solch ein Erzählstil ist natürlich nicht jedermanns Sache, dürfte aber alle ansprechen, die gern ein wenig Interpretationsspielraum bevorzugen und Freude an Environmental Storytelling haben. So oder so, atmosphärisch ist der Trip allemal.
Durch eine labyrinthartig aufgebaute 2D-Welt hüpft und kämpft man sich nach und nach hindurch, um Geheimnisse aufzudecken und neue Fähigkeiten freizuschalten. Mit diesen eröffnen sich schließlich neue Wege, die zuvor verschlossen blieben. So weit ist das Prinzip eines Metrovanias bekannt. Ultros bringt jedoch noch einige interessante Ideen ein, die für ordentlich Abwechslung sorgen und ganz neue Möglichkeiten bei der Erkundung ermöglichen. Eine davon ist das Gärtner-System, mit welchem man Einfluss auf die exotische Pflanzenwelt nimmt. Auf der Reise findet man immer wieder sonderbare Samen, die an verschiedenen Orten gepflanzt werden können. Daraus entspringen Bäume und anderes Gestrüpp, welche einem auf ihre Weise neue Wege ermöglichen.
Keine Sorge, Ultros ist kein Pflanzensimulator, nutzt das Feature aber auf clevere Weise, um beim Vorankommen etwas kreativ zu werden. Denn die Pflanzen können im späteren Verlauf auch miteinander gekreuzt und per Duftstoffe manipuliert werden. So türmen wir beispielsweise Pilzköpfe an einen Baumstamm, um sie als Plattform zu nutzen oder locken eine Schlingpflanze per Pheromone an einen Generator heran, um davon angetriebene Kreissägen lahmzulegen. Wer gern durch Tüfteleien Einfluss auf seine Umgebung nimmt, kommt hier voll auf seine Kosten. Im Prinzip ein cooles Feature, nur gestaltet sich das Ganze hin und wieder auch etwas fummelig und mühselig, wenn die Steuerung nicht wie gewünscht mitmacht.
Ein weiterer origineller Einfall ist die Zeitschleife, in der man sich befindet: Jedes Mal, wenn wir eins unserer Zwischenziele abgehakt haben, beginnt ein neuer Loop, bei dem wir wieder an unserer Ausgangsposition erwachen und all unsere Ausrüstung, Fähigeiten und Waffen verloren haben. Auch erinnern sich viele Charaktere nicht mehr an uns und alle Gegner sind wieder zum Leben erwacht. Doch nicht alles wird dabei zurückgesetzt: Die Pflanzen, die wir zuvor gepflanzt haben, sind weiterhin an Ort und Stelle und nun noch weiter ausgewachsen. Die Macher haben sich zudem ein paar nette Überraschungen einfallen lassen, einzelnen Schleifen zusätzlich noch ein besonderes Element zu verpassen, das den nächsten Durchlauf durchaus spannend macht. Einzelheiten sollen an dieser Stelle aber nicht verraten werden.
Per Loop von Neuem zu starten mag vielleicht für einige ein wenig abschreckend klingen, da es zunächst danach aussieht, immer wieder dasselbe zu machen und bei Null zu beginnen, doch dem ist nicht so. Unsere erreichten Zwischenziele bleiben natürlich erhalten und unsere Ausrüstung bekommen wir nach wenigen Minuten wieder zurück. Und selbst einen Großteil der freigeschalteten Fähigkeiten aus dem Skilltree (mehr Schaden, mehr Lebensenergie, Gegner vergiften, Walljumps uvm.) können wir mit der Zeit behalten, wenn wir entsprechende Items zum Festsetzen dieser finden. Apropos freischalten, das geht in Ultros folgendermaßen: Je stilvoller wir einen Gegner erledigen, desto hochwertiger fällt die Beute aus. Diese können wir im Anschluss essen, um damit nicht nur Lebensenergie wieder herzustellen, sondern auch die Anforderungen für die Knotenpunkte im Skilltree zu erfüllen, um diese zu aktivieren.
Das Kampfsystem fällt eher mäßig aus, die Eleganz und Komplexität des bereits angesprochenen Prince of Persia oder anderer vergleichbarer Titel wie Dead Cells oder Blasphemous 2 erreicht Ultros bei Weitem nicht. Angreifen, Ausweichen und Parieren sind möglich sowie einige wenige Spezialattacken. Das alles ist durchaus funktional und ordentlich umgesetzt, aber auch nicht mehr als das. Erinnerungswürdig bleiben dann doch eher die anderen Dinge.
Wer bereits Metrovanias gespielt hat, weiß, dass auch Backtracking immer ein Teil davon ist. Das kann mal mehr oder mal weniger nervig ausfallen, je nachdem, wie gut das Leveldesign ist. Im Falle von Ultros kommt es ein wenig drauf an, wie viel Freude man mit dem Experimentieren der Pflanzenwelt hat, da das System für viele schwer zu erreichende Winkel der Welt unumgänglich ist. Schade ist, dass sich keine Markierungen auf der Karte setzen lassen, wodurch es im späteren Verlauf sehr unübersichtlich werden kann. Hier hat der persische Prinz ebenfalls klar die Nase vorn und prima vorgemacht, was im Genre zum Standard werden sollte. Je nachdem, wie gut man sich zurechtfindet und wieviel man an zusätzlichen Geheimnissen mitnehmen möchte, dürfte ein Durchgang etwa 10-20 Stunden dauern.
Zu guter Letzt noch ein paar Worte zur Präsentation: Der Look ist wie bereits erwähnt nicht nur sehr ausgefallen, sondern auch wirklich kreativ und schön. Verantwortlich dafür ist unter anderem der Künstler El Huevo, der bereits für seine Arbeit an der Hotline-Miami-Reihe positiv aufgefallen ist. Und auch die Musik von Oscar “Ratvader” Rydelius fällt klasse aus und schafft die passende Atmosphäre für außergewöhnliche Werk.
Fazit
Wer meint, im Metrovania-Genre schon alles gesehen zu haben, sollte unbedingt mal "Ultros" ausprobieren. Ein psychedelisch-kosmisches Kunstwerk mit einigen wirklich kreativen Ideen im Gameplay. Platforming und Kampf hat es anderswo zwar schon besser gegeben, dafür hat man aber ganz andere Stärken aufzuweisen.