Bildnachweis: © Nintendo

Videospiel "The Legend of Zelda: Tears of the Kingdom" im Test

von Sebastian Stumbek

Story

Gestalte dein Abenteuer in einer Welt, in der deiner Fantasie keine Grenzen gesetzt sind. Begib dich als Link auf eine gefährliche Mission, um die Wahrheit hinter einem katastrophalen Ereignis zu ergründen, das das Königreich nach den Ereignissen von "Breath of the Wild" ins Chaos gestürzt hat. 

Kritik

Ein neues "Zelda"-Game ist immer ein Großereignis im Videospielbereich. Kommt schließlich nicht alle Tage vor und wenn, dann schlägt es in der Regel mächtig Wellen. So auch zuletzt bei Breath of the Wild vor sechs Jahren, das zum Start der Nintento Switch zum echten Systemseller für die Konsole wurde und überall Traumwertungen einheimste. Auch war das Action-Adventure ein Paradebeispiel dafür, wie frei man eine Open World gestalten kann, ohne den Spieler stets an die Hand zu nehmen und ihn mit zig Icons auf der Map und vorgesetzten Aufgaben förmlich zu erschlagen. Breath of the Wild bedeutete Freiheit zu tun und lassen, was man möchte und dabei selbst zum Entdecker zu werden. Etwas, das seitdem nur noch Elden Ring meisterhaft gelungen ist, welches im letzten Jahr zur neuen Referenz für die Gestaltung offener Spielwelten wurde. Nun gibt es für Nintendo-Fans nach langer Wartezeit wieder Grund zur Freude, denn The Legend of Zelda: Tears of the Kingdom ist endlich erschienen. 

Die Handlung knüpft direkt an den Ereignissen des Vorgängers an: Zelda und Link erkunden nach dem Sieg über Ganon das Gewölbe unter dem Schloss und stoßen dort auf eine finstere Mumie, die zum Leben erwacht, das Land mit einer gefährlichen Substanz namens Miasma infiziert, Link seiner Kräfte beraubt und Zelda in einen tiefen Abgrund stürzen lässt. Einmal mehr gilt es also, die Welt von einer bösen Macht zu befreien. Auch wenn die Erzählung beider Games nahtlos ineinander übergeht, ist Tears of the Kingdom dennoch ein möglicher Einstiegspunkt für Neulinge. Komplex ist die Geschichte nämlich nicht und auch ohne Vorwissen schnell zu verstehen. Sowieso liegt die Stärke der Spiele an anderer Stelle, die simpel gehaltene Story ist ganz nett, dürfte aber kaum der treibende Motor dahinter sein. Schade eigentlich, denn Titel wie God of War Ragnarök oder Horizon: Forbidden West zeigen, was mit einem guten Script zusätzlich noch alles möglich ist, wenn man emotional gepackt wird.

Faszination weckt dafür die große offene Spielwelt, in der man für mehrere Wochen versinken kann. Doch bevor es in diese hinausgeht, steht erst einmal ein umfangreiches Tutorial im neuen Wolkenreich an, das bereits einige Stunden Zeit für sich beansprucht. Hier lernt Link, ohne groß geführt zu werden, den Umgang mit den wichtigsten Tools kennen, um auf das anstehende Abenteuer bestens vorbereitet zu sein. Die Runen-Fähigkeiten aus Breath of the Wild (Bombe, Stasis, Magnet und Eis) wurden gestrichen, dafür finden vier neue Einzug. Und das macht spielerisch einen gewaltigen Unterschied, da die Interaktion mit der Spielwelt nun auf völlig andere Weise geschieht: Per Deckensprung bohrt sich Link nun in darüberliegende Bereiche, Zeitumkehr lässt bewegliche Objekte rückwärts laufen, per Synthese können neue Waffen erschaffen werden und Ultrahand ist eine jederzeit einsetzbare Telekinese, mit der Objekte nach Belieben miteinander verklebt und positioniert werden können. 

Gerade die beiden letztgenannten Fähigkeiten erlauben unheimlich viel Spielraum bei der Gestaltung des Abenteuers, denn es lassen sich die verrücktesten Waffen (von funktional bis Blödsinn ist alles erlaubt) erstellen. Auch kann jeder Gegenstand aus dem Inventar mit Pfeilen kombiniert werden, sodass durch Hinzufügen einer Feuerfrucht beispielsweise ein Brandpfeil entsteht oder diese durch herangeheftete Flügel noch weiter fliegen. Und wer mag, baut sich mit Rädern, Brettern und Steuerpult einfach mal ein Auto oder mit Raketen und Ventilatoren gleich ein kleines Flugzeug (mit der später erhältlichen fünften Runen-Fähigkeit Bautomatik lassen sich die Schöpfungen als Blaupause abspeichern und jederzeit schnell zusammenfügen). Durch die enorme Vielfalt an Möglichkeiten lässt sich auf die Welt auf kreative Art und Weise Einfluss nehmen und jedes Problem auf unterschiedliche Weise lösen. Tears of the Kingdom ist ein riesiger Spielplatz, auf dem man sich reichlich austoben kann, mehr noch, als es Breath of the Wild schon gewesen ist. 

Dabei kommt auch das hervorragende Physiksystem zum Tragen, das glaubhaft simuliert, wie Objekte miteinander und mit der Umgebung reagieren. Das macht sich Tears of the Kingdom nicht nur bei der Erkundung der Welt und beim Erfüllen von Aufgaben zunutze, sondern auch zum Lösen der vielen Puzzles, welche unter anderem in den wiederkehrenden Schreinen (quasi kleine Mini-Dungeons) zu finden sind. Hier warten oftmals richtig gute Kopfnüsse auf den Spieler, die enorm zum Tüfteln motivieren und immer wieder für Aha-Momente sorgen, wenn wieder einmal klar wird, was denn alles machbar ist. Hin und wieder kommt es bei den Schreinen zu Lückenfüllern, die qualitativ abfallen (war auch schon beim Vorgänger so), doch das ist verschmerzbar, da die positiven Erlebnisse glücklicherweise überwiegen. Einen guten Eindruck hinterlassen auch die vier großen Tempel mit ihren unterschiedlichen Herausforderungen und unterhaltsamen Bossfights, die es innerhalb der Hauptquest zu betreiten gilt. Und apropros Bossfight: Der Endkampf in Tears of the Kingdom ist ziemlich cool inszeniert. 

Die Welt, in der Link sein neues Abenteuer bestreitet, ist geografisch gesehen übrigens die gleiche wie aus Breath of the Wild. Bedeutet, dass Dörfer, Gebirge, Flüsse etc. eben genau da sind, wo man sie vor sechs Jahren schon gesehen hat. Kleine Änderungen sind durch umschlagende Wetterereignisse, herabgefallene Gesteinsbrocken, tiefe Krater und neu aufgekommene Probleme zwar durchaus vorhanden, die bei Kennern für einige Überraschungen sorgen dürften (beispielsweise ist das ehemals grüne Tal der Orni nun komplett verschneit und wird von einem Wirbelsturm bedroht, während das Volk der Zoras mit herabregnendem Schlamm zu kämpfen hat), doch im Großen und Ganzen fühlt sich Hyrule doch recht bekannt an. Ob man das nun gut oder schlecht findet muss jeder für sich selbst entscheiden. Entweder erfreut man sich am Wiedersehen einer einst liebgewonnenen Welt, in die man endlich wieder zurückkehren kann, oder aber man vermisst dabei etwas richtig Neues, das ähnliches Staunen wie der Vorgänger damals erzeugt.

Doch Tears of the Kingdom hat in dieser Hinsicht glücklicherweise noch einen Joker auszuspielen, der eventuell aufkommende Enttäuschungen wiedergutmacht, da die Welt nicht nur aus dem mehr oder weniger bekannten Hyrule besteht, sondern um ein ganzes Himmelreich und einen düsteren Untergrund erweitert wurde. Hoch oben in den Wolken sind zahlreichen schwebenden Inseln, die mit der richtigen Herangehensweise nach und nach bereist werden können. Hier kommt das Freiheitsgefühl so richtig zur Geltung, wenn man aus enormer Höher nahtlos in das darunterliegende Hyrule hinabgleitet und über die gesamte weite Landschaft blickt. Und wenn sich Link in einen der tiefen Krater stürzt, landet er in einem düsteren Reich weit unter der Erde, in welchem sich ohne leuchtende Hilfsmittel gar nichts erkennen lässt. Hier lauern ganz neue Gefahren auf den Helden, aber auch wertvolle Beute und weitere Geheimnisse, die gefunden bzw. gelüftet werden wollen. 

In Tears of the Kingdom gibt es also definitiv reichlich zu sehen und zu tun. Neben der Hauptquest sind zahlreiche optionale Nebenaufgaben, Secrets, versteckte Bosse, Aktivitäten oder Erkundungsmöglichkeiten vorhanden, um Spieler locker 50 bis weit über 100 Stunden zu beschäftigen. Wie viel man davon macht, bleibt einem selbst überlassen, denn ein großer Teil der Tasks ist recht simpel gestaltet und beschränkt sich auf das Beschaffen von Gegenständen oder Töten von Monstern. Die sind zwar gerne mal charmant verpackt, am Ende aber eben doch häufig Fetch-Quests. Wer sich allerdings gern in der Welt verliert und gar nicht mehr aus ihr herauswill (und das wird bestimmt auf viele zutreffen, da man sich auf so unterschiedliche Weise darin austoben kann), wird auch daran reichlich Freude finden. Und erinnerungswürdige Ausnahmen gibt es dabei natürlich auch genug.

Durch die vielen Funktionen ist die Steuerung in Tears of the Kingdom leider etwas überfrachtet. Selbst nach etlichen Stunden dürfte es vorkommen, dass man noch auf die falschen Tasten kommt, weil nicht alles unbedingt intuitiv belegt ist und sich davon leider auch nichts umstellen lässt (die Optionsmöglichkeiten im Allgemeinen sind für einen AAA-Titel erschreckend mager, da auch an Sound und Grafik absolut gar nichts verstellt werden kann). Irgendwann gewöhnt man sich daran, doch hätte Nintendo hieran auf jeden Fall noch feilen können. Auch das überladene Inventar, durch das man mühsam navigiert, fällt nicht gerade ideal aus. 

Dadurch ist auch das Kampfgeschehen etwas fummelig. Klar, durch die enorme Experimentiervielfalt mit Waffen und Items lassen sich dabei abgefahrene Dinge tun, was reichlich Laune macht, doch wer auf eine präzise Steuerung wie die eines Dark Souls oder Elden Ring hofft, wird ganz schnell auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Das größte Ärgernis dabei ist das Fehlen einer echten Möglichkeit zum Ausweichen. Allein mit Blocken, Parieren oder Springen (letzteres ist leider eine schlechte Alternative um feindlichen Hieben zu entgehen) ist der Handlungsspielraum dabei etwas beschränkt. Hier wäre also sicherlich noch mehr drin gewesen. Doch wer sich daran schon bei früheren Zelda-Titeln nicht störte, wird damit auch hier kein Problem haben.

Was einen aber wirklich zur Weißglut bringen kann: Links Waffen sind erneut Wegwerfware, die nach wenigen Schlägen schon kaputt gehen. Über spannende Funde braucht sich daher niemand lange freuen, denn nach 1-2 Kämpfen ist die Waffe in der Regel bereits zerbröselt. Und bei (anfangs) sehr wenigen Inventarplätzen kann man auch nicht besonders viele Alternativen mit sich führen. Das System fand schon im Vorgänger wenig Begeisterung und wird es sicherlich auch diesmal nicht. Durch die Synthese lassen sich Waffen zwar minimal verstärken, was den Prozess verlangsamt, jedoch in so minimaler Weise, dass es kaum der Rede wert ist.

Technisch muss man Tears of the Kingdom ein wenig kritisch betrachten, zumindest wenn man das Game an modernen Standards misst. Natürlich ist es eindrucksvoll, was das Spiel aus der veralteten Switch-Hardware noch alles rausholt, so gesehen vollbringt das Entwicklerteam ein echtes Kunststück, eine so riesige Welt mit so viel Inhalt darauf ordentlich darzustellen. Und der zeitlose Cel Shading-Artstyle versprüht auch heute seinen Charme und kaschiert diverse Defizite ziemlich gut.. Dennoch muss man anmerken, dass das Spiel regelmäßig ruckelt, dass die Auflösung erschreckend gering ist (ruhig mal beim Fernseher von Nahem betrachten), dass die Texturen matschig ausfallen und dass Kanten und Schatten extrem flimmern. Das wird auf der Switch auch nicht mehr anders zu machen sein, sondern wäre nur mit einer neuen Konsole in den Griff zu kriegen, die allerdings noch in weiter Ferne liegt. Insofern liegt die Schuld nicht unbedingt beim Spiel selbst, sondern an den gegebenen Grenzen, in welchen es sich bewegt. Ist nicht toll, sollte Fans aber keinesfalls vom Spielen abhalten sollten. Die weitestgehend fehlende Synchronisierung hätte jedoch nicht sein müssen. Gesprochen werden nämlich nur selten einzelne Sätze, der überwiegende Rest muss in Form von Text gelesen werden und wird nur von grunzenden "Oh", "Ah" und "Huh"-Lauten begleitet. Das kennt man noch aus N64-Zeiten und es ist schade, dass man sich hier noch immer der Weiterentwicklung verwehrt.    


Fazit

Eine liebevoll gestaltete offene Spielwelt, die Gamern ein großartiges Freiheitsgefühl vermittelt und mit der auf vielfältige und kreative Weise interagiert werden kann. Wer Spaß am Erkunden und Herumtüfteln hat, kann sich in "The Legend of Zelda: Tears of the Kingdom" lange Zeit regelrecht verlieren. In Sachen Größe, Rätseldesign und Handlungsmöglichkeiten ein toller Fortschritt gegenüber dem bereits gefeierten "Breath of the Wild". Schwächen bestehen beim Action-Adventure dafür weiterhin aufseiten der Story (nicht sonderlich aufregend), der Steuerung (überfrachtet und nicht konfigurierbar) und der technischen Präsentation (für Switch-Maßstäbe zwar durchaus gut, aber eben doch sehr altbacken mit unschönen Ruckeln und hässlichem Flimmern bei niedriger Auflösung). 

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