Bildnachweis: © Nintendo

Videospiel "Pokémon Purpur" im Test

von Thomas Repenning

Derzeit legt Nintendo zusammen mit der The Pokémon Company / Game Freak regelrecht einen Sprint hin: Innerhalb eines Jahres erreichten uns im kultigen Franchise Pokémon Strahlender Diamant und Leuchtende Perle, Pokémon-Legenden: Arceus im Januar und mit Pokémon Karmesin & Purpur nun sogar die 9. Generation. Doch schafft es Nintendo dabei auch die Qualität bzw. die Erwartungen der Fans zu erfüllen? Immerhin war bereits Arceus ein Schritt in die richtige Richtung, in eine offenere Welt mit mehr dynamischen Pokémon und Kämpfen. Nun, die Antwort dürfte offensichtlich sein: Während das Gameplay durchaus weiterhin in die richtige Richtung geht – immerhin dieses Mal mit einer richtig offenen Welt – hängt die Technik dem weit hinterher. Schlimmer noch: Karmesin & Purpur wirken unfertig, mit schlechter Grafik (die nicht auf die Switch zu reduzieren ist) und Performanceproblemen. Dabei steckt hinter dem schnell zusammengebauten Gerüst weiterhin ein gutes und gut süchtig machendes (im positiven Sinne) Spiel. Wir haben uns einmal in die Region Paldea gestürzt und dabei auch die neuen Terakristallisierungen ausprobiert.

Kritik

Die Vorfreude auf Paldea – und gerade die neue Generation von Pokémon (abseits wohl der Fahrzeug Pokémon) – war indes groß: Offene Welt, viele neue unbekannte Pokémon und ein neues Kampfsystem, welches noch schneller von statten gehen sollte. Zudem gibt es dieses Mal drei mögliche Weg die Welt zu erkunden und die Geschichte zu erleben: Der Weg des Champs, Der Pfad der Legenden und Die Straße der Sterne. Ein absolutes Novum im Franchise und angesichts der vielen letzten Games eigentlich die erhoffte Erlösung. Und ja, das Grundprinzip macht jede Menge Spaß und auch die drei möglichen Weg – auch wenn manches recht einfach ist – laden zum Entdecken und Erkunden ein. Doch so sehr Pokémon Karmesin & Purpur voran schreiten, so sehr gehen sie auch wieder zurück. Dabei hat gerade diese Version einige absolute Highlights: Gerade die Möglichkeit mit insgesamt drei weiteren Freunden die Welt zusammen zu erkunden, ist eine schöne Veränderung, die zu gefallen weiß. Doch im Gesamten wirken alle Puzzleteile dann doch recht unfertig und nicht ineinander schlüssig. Gerade weil die offene Welt mit der Grafik zusammen eine kleine Mogelpackung darstellt.

Dies liegt unter anderem daran, dass sich die offene Welt mit der zu geringen Sichtweite und den aufpoppenden Elementen (auch Pokémon) selbst ein Bein stellt: Blickt man in die Ferne, wirkt alles trist und leer und lädt wenig zum Erkunden ein. Dabei ist dies eigentlich eines der Kernstücke des Spiels: Denn wo schon Arceus das Prinzip der offenen Pokémon etabliert hatte, wird dieses hier nun fortgeführt. Mit einer Änderung: Dieses Mal ist es nicht mehr möglich, die kleinen Monster mit dem Pokéball direkt zu fangen. Stattdessen schicken wir dieses Mal unsere Pokémon – sogar selbstständig teilweise – in den Kampf, die dieses dann für uns erledigen. Eine Designentscheidung, die zumindest dem Spielfluss nicht im Wege steht. Wir sammeln so schneller Ressourcen und jede Menge Erfahrungspunkte. Allerdings kann es dabei auch passieren, dass wir auf ein zu starkes Monster treffen, welches unser Liebling dann im Kampf automatisch besiegt. Die Handkämpfe können dies aber weiterhin gut regeln (diese müssen wir auch starten um die Monster weiterhin zu fangen), wobei durch die offene Welt es immer mal passieren kann, dass wir auf zu starke (und später zu schwache) Pokémon treffen. Die Spirale aus sammeln und fangen, geht dabei aber gut von der Hand ist auch hier zum Glück sehr befriedigend und spaßig.

Zum Glück, denn ohne diesen Spaß- und Suchtfaktor – immerhin wollen wir alles fangen – wäre die Paldea Region eine kleine Folter. Es gibt wenig zu entdecken, Häuser lassen sich kaum betreten, die Städte wirken trist, große optische Highlights fehlen und auch Trainerkämpfe sucht man meist vergebens. Zudem ist auch die Performance ein Problem, was immer wieder zu starken Einbrüchen der FPS Zahl führt. Von verwaschenen und schwammigen Texturen, den karten Animationen, der weiterhin fehlenden Sprachausgabe ganz zu schweigen. Doch kommen wir einmal zur Story und den Pokémon. Letztere sind – wie schon in den Generationen zuvor – eher etwas für den Geschmack. Einige von den Monstern sind süß, andere kleine Highlights, die Masse aber wirkt eher so lala interessant. Zumindest die Start Pokémon können wir aber klar empfehlen. Hier hat Game Freak eine gute Auswahl getroffen, sodass uns der Start dann doch durchaus schwer gefallen ist. Über die Orangen-Akademie entdecken wir dann das Spiel und die Welt. Wie gehabt bekommen wir hier unsere Missionen und können natürlich auch jede Menge entdecken. Die dann zu wählenden Pfade schwanken aber etwas in ihrer Qualität: Während Weg des Champions an alte Traditionen anknüpft und vor allem Veteranen anspricht, ist Pfad der Legenden wohl das eigentliche Highlight und schön auserzählt. Straße der Sterne flacht hier etwas ab und ist leider auch mit seinen Kämpfen etwas zu leicht. Zumindest aber die Bosskämpfe bieten hier kleine Highlights.

Neu im Spiel sind indes die Terakristallisierung: Wie schon bei Dynamax oder Z Attacken aus vergangenen Episoden, zählt hier die Verwandlung, die es dieses Mal dem Pokémon ermöglicht einen anderen Typ anzunehmen. Zudem ist diese Entwicklung nur einmal anwendbar – danach muss sie wieder aufgeladen werden – sodass doch etwas taktische Tiefe Einzug hält. Die KI der Kämpfe selbst ist auf dem Niveau der Vorgänger. Sprich manche Kämpfe sind recht gut ausbalanciert, durch das Anzeigen von effektiven und sehr effektiven Attacken, aber oftmals auch zu leicht. Die Level Sperre (dann gehorcht ein Pokémon einen nicht mehr) sowie das verteilte hohe Level der Pokémon in der Welt, machen dies aber durchaus wett. Schön sind auch die kleinen Quality of Live Verbesserungen: Hier z.B. die TM Maschine, wo man mit Materialien TMs herstellen kann. Oder aber das Pokémon-Center, wo es recht einfach ist seine Pokémon zu heilen. Der Rest ist dann eher klassisch: Essen gehen, Gegenstände herstellen, Klamotten shoppen, Materialien sammeln und natürlich Belohnungen für Sammelobjekte abstauben.


Fazit

Pokémon Karmesin & Purpur sind ein zweischneidiges Schwert: Während die offene Welt endlich eine Offenbarung darstellt, die neuen Pokémon von knuffig bis okay durchaus ansprechend das Deck erweitern, die drei Wege für einige Stunden Unterhaltung sorgen und das Spielprinzip einmal mehr in eine erfreuliche spaßige Spirale verläuft, ist doch der Zustand des Spiels ein Ärgernis: Viele Elemente sind nicht zu Ende gedacht und gerade matschige Texturen, Performance-Einbrüche sowie die geringe Sichtweite mit aufpoppenden Elementen ein richtiges Ärgernis. Bleibt zu hoffen, dass Game Freak und Nintendo mal etwas auf die Bremse gehen und sich mehr Zeit für ihre Spiele nehmen. Mechaniken auswerten, an der Grafik arbeiten und mal wieder ein richtiges Juwel abliefern. Denn dieses Mal ist Pokémon Karmesin & Purpur leider nur in Ordnung.

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